HANDBALL: Nottwils verlorene Dominanz

Niederlagen und Verletzungspech – die Spono Eagles befinden sich im Sinkflug. Der Meister droht nun sogar den Playoff-Final zu verpassen.

Stephan Santschi
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Lisa Frey von den Spono Eagles (links) wird von der Stanserin Barbara Schiffmann unsanft gestoppt. (Bild Philipp Schmidli)

Lisa Frey von den Spono Eagles (links) wird von der Stanserin Barbara Schiffmann unsanft gestoppt. (Bild Philipp Schmidli)

Stephan Santschi

stephan.santschi@luzernerzeitung.ch

Die Zahlen machen den Wandel deutlich: Zwischen März 2016 und Januar 2017 waren die Spono Eagles während 10 Monaten ungeschlagen. Sie gewannen die Meisterschaft und den Super Cup, richteten sich auf eine längere Dominanz ein. In den vergangenen zwei Monaten allerdings schlug die Realität auf wuchtige Weise zurück. Fünf Niederlagen resultierten aus den letzten neun Spielen, darüber hinaus werden zwei Leistungsträgerinnen bis Ende Saison ausfallen – Lisa Frey erlitt im Dezember einen Kreuzbandriss, und Ivana Ljubas zog sich im letzten Meisterschaftsspiel in Thun eine Jochbeinfraktur zu. «Wir wussten, dass der Moment kommen wird, in dem wir auch wieder verlieren werden. Das gehört zum Sport», meint Präsident Urs Wey.

Sein Team ist mittlerweile hinter den LC Brühl auf Platz zwei gerutscht. Von hinten macht der mittlerweile punktgleiche LK Zug mächtig Druck, sodass in Nottwil nun sogar die Qualifikation für den Playoff-Final arg in Frage gestellt ist. Acht Spieltage stehen in der Qualifikations- und der anschliessenden Finalrunde insgesamt noch aus. Für Wey ist klar: «Wir sind nicht mehr der Kronfavorit. Eine Qualifikation für den Final käme einer kleinen Sensation gleich.»

Team kann Ausfälle nicht kompensieren

Woran liegt es, dass die Nottwilerinnen ihre eben erst errungene Vormachtstellung bereits wieder abgeben mussten? Zu grossen Teilen gewiss am personellen Ungemach, die Ausfälle von Frey und Ljubas wiegen schwer. Umso mehr, als dass das Kader nicht mehr so breit ist wie in der vergangenen Saison – die Abgänge von Furrer, Huber und Willimann sind nicht ersetzt worden. «Uns war bewusst, dass wir im Fall von Verletzungen Probleme bekommen würden. Jetzt hat es uns erwischt», konstatiert Wey.

Die Ausfälle allein vermögen aber gerade den desolaten Auftritt im Cup-Halbfinal gegen Thun nicht zu erklären. Auffällig war, dass andere Spielerinnen nicht in die Bresche springen konnten. Pascale Wyder nicht, auch Judith Matter nicht. Und Toptalent Xenia Hodel, nun in der Pflicht, macht erstmals in ihrer Karriere der Druck zu schaffen. «Es ist möglich, dass unser Konzept etwas zu stark auf die Leistungsträgerinnen Frey und Ljubas abgestützt war», mutmasst Wey. Und er stellt fest: «Auch die Goalies bringen im Moment nicht mehr die starken Leistungen wie zu Saisonbeginn, die ganze Mannschaft konnte in den letzten Spielen ihre Bestform nicht abrufen.»

Anders formuliert: Nun zeigt sich, dass die Entwicklung der Mannschaft in Nottwil auch nach dem souveränen Meistertitel der letzten Saison noch nicht zu jener Stabilität geführt hat, wie es die Zuger seit Jahren vorleben. Dort verliessen im letzten Sommer drei Leistungsträgerinnen den Verein, auch in der Vergangenheit hatte der LKZ immer wieder mit personellen Rückschlägen zu kämpfen, kompensierte diese aber meistens rasch. In dieser Saison ist man erstaunlich schnell vom entzauberten Meister wieder zum Titelfavoriten avanciert. Möglich macht dies das nachhaltige Schaffen mit Toptalenten, die kontinuierlich reifen; mit Trainer Damian Gwerder, der auch Lockerheit und Gelassenheit ausstrahlt.

Ist Trainer Urs Mühlethaler zu verbissen?

Womit wir bei seinem Antipoden, Urs Mühlethaler, wären. Mangelt es dem manchmal verbissen wirkenden Nottwiler Meistertrainer in der kritischen Phase an positiven Emotionen? «Wir reden viel miteinander, Urs ist einer, der auf Ideen eingeht und diese in sein Trainingskonzept integriert», sagt Wey. So habe man beispielsweise die Time-outs während der Spiele angesprochen, die zu viel Kritik und zu wenig konkrete Anweisungen beinhaltet hätten. «Nun macht er das hervorragend.» Und im Training? «Klar ist der Ton wieder akzentuierter geworden. Und die spontanen, trainingsfreien Tage aus der erfolgreichen Zeit gibt es logischerweise nicht mehr. Urs kann aber auch Lockerheit reinbringen.»

Der Präsident stellt deshalb klar: Der Trainer steht nicht zur Diskussion, dessen Verhältnis zu den Spielerinnen ist intakt und die Situation nicht so dramatisch, wie es der eine oder andere empfinden mag. Auch die Sponsoren stünden zu 100 Prozent hinter der Arbeit der Vereinsprotagonisten. «Ich will Kontinuität. Wir sollten nun nicht zu viel diskutieren, nicht die Nerven verlieren, sondern weiterarbeiten. Vielleicht setzt der Verlust der Favoritenrolle ja neue Kräfte frei.»