Tomas Piroch möchte mit dem HC Kriens-Luzern heute (20.00) im letzten Heimspiel des Jahres gegen Wacker Thun die makellose Bilanz wahren.
Sieben Spiele, sieben Siege – darunter jene gegen die Hochkaräter Kadetten Schaffhausen und Pfadi Winterthur. Kein NLA-Team tritt in der eigenen Halle so erfolgreich auf wie Kriens-Luzern. In krassem Gegensatz dazu steht die Zuschauertabelle, dort stehen die Zentralschweizer mit durchschnittlich 505 Schaulustigen lediglich auf Platz sieben. So richtig angekommen ist die Handball-Euphorie in Kriens also noch nicht. Um für das eigene Schaffen zu werben, erhalten heute, im letzten Heimspiel des Jahres gegen Wacker Thun (20 Uhr, Krauerhalle), nun alle Stehplatzbesucher einen Gratiseintritt.
Beste Werbung in eigener Sache machte in den letzten Wochen der Tscheche Tomas Piroch. Anfang November stiess der 19-jährige Linkshänder aus Melsungen zu den Kriensern, weil sich der rechte Aufbauer Jernej Papez eine Bänderverletzung zugezogen hatte. Geplant war vorerst ein Engagement bis Ende Jahr, vorgestern ist der Vertrag von Piroch bis Ende Saison verlängert worden. «Tomas hat von Beginn Verantwortung übernommen und uns in einer schwierigen Situation weitergeholfen», freut sich Trainer Goran Perkovac.
Das freut auch Piroch selber, denn auf einen weiteren Wechsel in dieser Saison hätte er «keinen Bock» gehabt, wie er in gutem Deutsch festhält. Auf den ersten Blick vermag es zu erstaunen, dass ein Talent, das über zwei Jahre im Nachwuchs eines Bundesligisten ausgebildet wurde und über einen Perspektivvertrag bis 2022 verfügte, in die Schweiz geflüchtet ist. Bei genauerem Hinsehen sind die Vorgänge aber durchaus nachvollziehbar. «In Melsungen», sagt der 1,89 Meter grosse Rotschopf, «war die Situation unangenehm geworden.» Eigentlich glaubte er, im Bundesliga-Team von Ex-Kriens-Chefcoach Heiko Grimm trainieren zu können und als dritter Mann im rechten Rückraum auf Abruf zu stehen. Auch ein Leihgeschäft mit Emsdetten in der 2. Bundesliga wäre eine gute Option gewesen. Doch dann sollte er mit der 2. Mannschaft trainieren und ihr zum Aufstieg in die 3. Liga verhelfen. Darauf hatte Piroch keine Lust, «das wäre ein Schritt zurück gewesen». Mit Kriens habe er eine ideale Plattform gefunden, um sich als junger Spieler für das Fernziel Bundesliga weiterzuentwickeln.
Auf die Welt kam Tomas Piroch in Pilsen, zum Handball stiess er aber im französischen Mulhouse, weil sein Vater Jiri dort in der zweithöchsten Liga Profi war. Später liess sich Tomas in Pilsen ausbilden, ehe er im Februar 2017 in die Nachwuchsabteilung von Melsungen stiess.
In der A-Jugend avancierte er zum Leistungsträger, im Dezember 2018 kam er zu seinem bisher einzigen Bundesligaspiel und im Januar 2019 debütierte er sogar in der tschechischen A-Nationalmannschaft. Aktuell steht er im 28-Mann-Kader für die EM 2020 im kommenden Januar – ob er den finalen Cut überstehen wird, weiss er nicht. Doch das spiele auch keine grosse Rolle, «wichtig ist nun, dass ich im Männer-Handball Fuss fasse», betont er.
Für Kriens-Luzern hat er in der Meisterschaft mittlerweile acht Spiele absolviert und obwohl er noch nicht die Wurfkraft eines klassischen Shooters hat, war seine Trefferquote mit 4,5 Toren pro Spiel sogar besser als jene des Slowenen Papez (3,6), den er vertritt. «Ich bin sehr gut aufgenommen worden, keiner gab mir das Gefühl, dass sie Probleme mit einem neuen Spieler haben», erzählt Piroch, der in der Pilatus-Akademie in Luzern ein Einzelzimmer bezogen hat und aktuell per Fernstudium das Gymnasium zu Ende bringt.
Piroch gefällt mit Explosivität und starken 1:1-Situationen, mit Technik und Kampfkraft. Dass die Krienser die vielen Absenzen zu kompensieren vermögen, ist zu grossen Teilen auch ihm zu verdanken. Am Samstag gegen Wacker Thun kehrt Papez zwar zurück, auch Topskorer Hleb Harbuz ist wieder fit. Tomas Pirochs Wert soll dies indes nicht mindern. So sagt Trainer Perkovac, dass «spätestens im Playoff auf jeder Position zwei Topakteure nötig sein werden».
Stephan Santschi