Das Luzerner Meeting vermochte nicht so viele Fans anzulocken wie zuletzt. Trotzdem: «Die Leistungen waren spektakulär, das Publikum fantastisch», sagt OK-Präsident Max Plüss (68).
Interview Turi Bucher
Max Plüss, sprechen wir gleich den Vorfall beim 100-m-Rennen der Männer an. Drei Sprinter hörten das Fehlstart-Signal nicht und liefen 100 m durch. Zum Vergnügen des Publikums erklärte sich Topstar Jimmy Vicaut bereit, nochmals zu starten. Was ist eigentlich schiefgelaufen?
Max Plüss: Das Besondere an diesem Vorfall ist, dass es gar keinen Fehlstart gab. Ein leichtes Zucken eines Athleten hat den Alarm ausgelöst. Aber es war definitiv kein Fehlstart, sondern ein technisches Problem.
Es war aber zu hören, dass für den zweiten Lauf eine Bahn frei blieb, und zwar jene des ausgeschlossenen Fehlstarters.
Plüss: Falsch. Es war die Bahn eines der drei Läufer, die das Signal offenbar nicht gehört hatten und durchsprinteten. Dieser Läufer verzichtete lediglich auf den zweiten Lauf, weil er später noch am 200-m-Lauf teilnehmen wollte. Drei Sprints wären dann doch zu viel für ihn gewesen.
War denn der Fehlstart-Alarm zu leise eingestellt, dass gleich drei Läufer das Signal nicht hörten?
Plüss: Das ist schwierig zu beantworten. Immerhin haben die übrigen fünf Läufer das Signal gehört. Vielleicht war das Trio viel stärker konzentriert, vielleicht hat die Lautstärke des Publikums eine Rolle gespielt.
Europarekordhalter Jimmy Vicaut hat den lukrativen Jackpot verpasst, nur weil seine erste Zeit nicht gewertet wurde. Das heisst, Stabhochspringerin Nicole Büchler, die als Einzige den erforderlichen Jackpot-Wert erreichte, kassiert die 20 000 Dollar für sich allein.
Plüss: Vicaut hat es mit seiner aussergewöhnlichen Charakterstärke und mit seiner ungeheuren Leistungskraft verdient, den Jackpot-Anteil von 10 000 Dollar zu erhalten. Seine Zeit war ja lupenrein, nur wurde sie nicht gewertet.
Dafür ist dann Nicole Büchler weniger glücklich, weil sie ja aufgrund der inoffiziellen 100-m-Zeit Anrecht auf den ganzen Jackpot hätte.
Plüss: Ich kann Ihnen versichern, dass wir eine vernünftige Lösung gefunden haben. Büchler demonstriert Fairplay und verzichtet aus Respekt vor Vicauts Leistung auf einen Teil des ihr zustehenden Betrags. Wir wiederum runden den Betrag für Vicaut auf 10 000 Dollar auf. Jimmy Vicaut reist glücklich heim, Nicole Büchler reist glücklich heim, und hoffentlich kommen sie nächstes Jahr beide wieder nach Luzern (Büchler soll zu Gunsten von Vicaut auf 5000 Franken verzichtet haben; Anm. d. Red.).
Und Sie? Sind Sie auch glücklich? Wie sieht Ihr generelles Meeting-Fazit aus?
Plüss: Im Wesentlichen ist das Meeting nur durch den besprochenen Vorfall gestört worden. Das Publikum war fantastisch, die gezeigten Leistungen spektakulär. Das Meeting 2016 war ein Wechselspiel zwischen Athleten und Publikum. Die Athleten haben einerseits das Publikum begeistert, und andererseits waren die Athleten vom Publikum begeistert.
Aber das Leichtathletik-Stadion war bei früheren Meetings auch schon besser gefüllt.
Plüss: So ist es. Mit den 5500 Zuschauern kamen deutlich weniger als in den Vorjahren. Das mag am Wetter liegen, auch an der Fussball-EM, letztendlich sogar an unserer eigenen TV-Präsenz via TV 24 und Eurosport.
Sie haben das Spektakel erwähnt. Aber abgesehen von den beiden erwähnten Jackpot-Knackern blieben die Topzeiten und Topwerte aus.
Plüss: Das ist für mich völlig logisch. In der Leichtathletik ist es ein grosser Unterschied, ob die Temperatur 12 Grad oder 22 Grad beträgt, ob Gegenwind oder Rückenwind herrscht. Bei dem Wetter, das wir am Dienstagabend hatten, geht es für die Athleten vor allem um die Rangierung und weniger um die Zeit.
Welches war diesmal Ihr persönliches sportliches Highlight?
Plüss: Der Schlussspurt unseres Schweizer 400-m-Hürdenstars Kariem Hussein sowie der grossartige Auftritt von Jimmy Vicaut.
Letztes Jahr betrug das Meeting-Budget noch 750 000 Franken, wovon rund 300 000 Franken für die Athleten bereit gestellt wurden. Wie viel hat es dieses Jahr gekostet?
Plüss: Die Zahlen sind in etwa gleich wie 2015. Die Verpflichtung der Athleten kostete rund 270 000 Franken, inklusive Startgagen, Flüge und Hotel.
Dafür spült es eine schöne Summe an TV-Geldern in die Kasse, oder?
Plüss: Lassen Sie mich es so sagen: Es ist nicht das ganz grosse Geld, aber es tut uns gut.
Das war das 30. Luzerner Leichtathletik-Meeting. Vor einem Jahr haben Sie angekündigt, das 31. im Jahr 2017 werde Ihr letztes als OK-Präsident sein. Keine Lust, noch, ein, zwei, drei Jährchen anzuhängen?
Plüss: An meinem Entscheid gibts nichts zu rütteln. Jetzt soll eine jüngere Kraft nachrücken.