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1978 fand der Stadtlauf in Luzern zum ersten Mal statt. Für das Jubiläum vom kommenden 29. April haben sich die Organisatoren etwas ganz Spezielles einfallen lassen.
Turi Bucher
arthur.bucher@luzernerzeitung.ch
Wie bitte? Keine Eliterennen mehr am Luzerner Stadtlauf 2017? Keine Stars mehr, die durch die Luzerner Altstadtgassen sausen? Ja geht denn das?
Das geht sehr wohl, sind die Organisatoren um Stadtlauf-Geschäftsleiter Andreas Grüter (33) der Meinung. Denn für den diesjährigen Jubiläumsakt mit dem 40. Luzerner Stadtlauf wird’s so richtig nostalgisch. «Vor vierzig Jahren, als der Stadtlauf noch Musegglauf hiess, führte die Laufstrecke rund um die Museggtürme», erklärt Grüter und realisiert beim Erzählen: «Da war ich ja noch gar nicht auf der Welt!» Nun gut, Grüter und sein Stadtlauf-Team haben sich gesagt: zurück zu den Wurzeln. Deshalb gibt es 2017 die zusätzliche Laufkategorie «Musegg Classic» mit einer Schlaufe ... eben hinauf von der Altstadt zu den Museggtürmen.
Weil der Zeitplan am Stadtlauf-Samstagnachmittag jeweils drängt und mit «Musegg Classic» eine weitere Kategorie hinzukommt, habe man, so Grüter, beschlossen, auf die Eliteläufe der Frauen und Männer zu verzichten. Für immer oder nur für dieses Jahr? «Mal schauen, wie es bei den Leuten ankommt», sagt Grüter, «mal schauen, wie gross das Teilnehmerfeld sein wird.» Zur Erinnerung: 2016 gab es insgesamt rund 14500 Anmeldungen, wobei schliesslich 13800 Läufer tatsächlich am Start beziehungsweise im Ziel waren. Auch dieses Jahr erwartet Grüter bis zu 15000 Anmeldungen. Gewisse Kategorien sind sowieso limitiert und auch dieses Jahr wohl schnell wieder «ausverkauft», so zum Beispiel die Familienläufe oder der City-Runners-Firmenlauf.
Der Verzicht auf die Elitefelder hat noch einen Vorteil: Es müssen an diesem 29. April keine Startgagen und keine Preisgelder bezahlt werden. Grüter: «Natürlich gibt es auch in diesem Jahr Preise für die Sieger. Aber diesbezüglich sparen wir schon einen Betrag im fünfstelligen Bereich.» Und Grüter ergänzt: «Dieses Geld wird selbstverständlich in die Zukunft des Stadtlaufs investiert.» Noch etwas: Der Athletenverpflichter muss sich vor dem diesjährigen Jubiläumslauf keine Sorgen machen, ob im Läuferfeld ein Dopingverdächtiger mitrennt. Wir erinnern uns: 2016 entschieden die Stadtlauf-Macher, auf attraktive Namen aus Kenia zu verzichten, weil die kenianischen Dopingkontrolleure insbesondere im Zusammenhang mit der Leichtathletik von der Welt-Anti-Doping-Agentur stark kritisiert und auch sanktioniert worden waren.
Statt Hektik um Doping, Bestzeiten und Startgagen nun also zurück zu den Wurzeln. Die Zusatzschlaufe rauf zu den Museggtürmen wird innerhalb der 7,2-km-Strecke zweimal gerannt. «Für Volksläufer war die Strecke bisher eher etwas zu kurz», erzählt Grüter, «mit der Steigung in Richtung Musegg geht es jetzt auch diesbezüglich besser auf.» Und Geschäftsleiter Andreas Grüter hat noch ein Argument für möglichst viele Starter: Wer sich in diesem Jahr für den Stadtlauf anmeldet, reist am 29. April innerhalb der Schweiz mit dem öffentlichen Verkehr gratis nach Luzern.
JubiläumWer hat’s erfunden? Oder besser gefragt: Wer hat ihn erfunden, den Luzerner Stadtlauf? Edwin Rudolf (76), einer der Wegbereiter des «Musegg-laufs» von 1978 und damals Verlagsleiter der Zeitung LNN, klärt auf: «Der Luzerner Leichtathlet und Orientierungsläufer Roman Bussmann kam zu mir und wollte Geld für einen sogenannten Stadtlauf. Der Lauf sollte auf der Allmend stattfinden. Da sagte ich ihm: Auf der Allmend? Das bringt nichts. Wenn du einen Stadtlauf willst, dann muss er auch in der Stadt stattfinden.» Rudolf und Bussmann wurden beim städtischen Polizeikommandanten vorstellig und mussten sich zuerst einmal dies anhören: «Kommt nicht in Frage, keine Chance.» In diesem Moment erblickte Edwin Rudolf an der Wand hinter dem Polizeikommandanten einen Luzerner Stadtplan und fragte: «Wie wär’s mit dem Museggquartier?» So kam sozusagen der Tatort Musegg zu Stande, genauer gesagt: Für Start und Ziel beim Museggschulhaus gab’s die polizeiliche Bewilligung, «und ein Jahr später», so erinnert sich Rudolf, «durften wir inklusive Musegg auch schon zum Löwengraben in Richtung Altstadt runter».
Rudolf betont nochmals, er habe vor vierzig Jahren der Lancierung des Luzerner Stadtlaufes «zwar die Tür aufgehalten, der eigentliche Anstoss aber kam von Roman Bussmann.» Dass der Stadtlauf in Luzern in der Folge zu einem traditionellen jährlichen Grossanlass jeweils Ende April wurde, dazu trug auch die enthusiastische und aufwendige Arbeit sowie die treibende Kraft eines Hansruedi Schorno, eines Urs Grüter oder eines Erwin Bachmann bei.
Der damalige «Türöffner» Edwin Rudolf sieht heute kein Problem darin, dass es beim Jubiläumslauf in rund sechs Wochen keine Eliterennen geben wird. Rudolf, am letzten Samstag im April regelmässiger Zaungast am Stadtlauf, sagt dazu: «Dieser Lauf gehört den Familien, den Kindern, dem Breitensport.»
Zurück ins Jahr 1978. Gründervater Roman Bussmann (Bild), inzwischen 89-jährig, erzählt: «Wir hatten damals nie und nimmer mit so viel Laufwilligen gerechnet und deshalb nicht genügend Startnummern zur Verfügung. Also improvisierten wir und stellten hoch erfreut mit handbeschriebenen Zetteln weitere Startnummern her.» Es heisst, dass vor vierzig Jahren statt der zirka 100 bis 200 erwarteten Läufer plötzlich über 1000 vor dem Museggschulhaus standen und auf den Startschuss warteten. Ottavio Bovo (74), der damals zuständige Sportredaktor der LNN, erinnert sich: «Es herrschte ein Riesenchaos bei der Startnummernausgabe.» Die Organisatoren wurden derart überrascht, sinngemäss müsste man sagen ... überrannt, dass die LNN dies in einer nächsten Ausgabe sogar mit einer Karikatur illustrierte. «Und weil es zu wenig Startnummern gab, hatte es am Schluss auch zu wenig Medaillen», so Rudolf. (tbu.)