Der FC Zürich entthront die Young Boys. Mit dem Erfolg beim Erzrivalen Basel ist er vier Runden vor Schluss definitiv Meister. Es ist der 13. Meistertitel der Vereinsgeschichte.
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Es ist kurz vor 18:30 Uhr an diesem Sonntagabend, als der FC Zürich Gewissheit hat: Er ist Schweizer Meister, zum 13. Mal in seiner Vereinsgeschichte. Der 2:0-Sieg in Basel ist der letzte souveräne Schritt dazu. Damit beträgt der Vorsprung in der Tabelle vier Runden vor Schluss uneinholbare 16 Punkte auf den FCB, gar 19 auf Titelverteidiger YB – es sind Dimensionen, die zu Beginn der Saison niemand für möglich gehalten hätte.
«Es ist ganz einfach eine kitschige Geschichte», sagt Blerim Dzemaili. Die FCZ-Identifikationsfigur hat als Spieler bereits jenen legendären Meistertitel der Zürcher am 13. Mai 2006 erlebt. Nun krönt er 16 Jahre danach seine Karriere. «Der Kreis schliesst sich, nun werden wir uns auch den 1. Mai 2022 einrahmen», sagt er. Und fügt an: «Die Genugtuung ist riesig. Es gibt genügend Leute im Verein, die vor nicht allzu langer Zeit einen Abstieg erleben mussten.» 2016 war das.
Allzu viele Vergleiche mit dem Titel 2006 will Dzemaili allerdings nicht ziehen. Logisch, schliesslich sind die Erinnerungen daran nicht nur gut. Im Anschluss an jene «Finalissima» zwischen FCB und FCZ kam es zu wüsten Ausschreitungen im Stadion. Die Befürchtungen, dass sich die Fan-Randale wiederholen könnten, war gross.
Es kommt zum Glück nicht dazu. Nach dem Schlusspfiff gelingt es zwar ziemlich vielen FCZ-Fans, auf den Rasen vorzudringen. Doch die Polizei ist vorbereitet. Und so gelingt es, die Feierlichkeiten einigermassen unter Kontrolle zu halten. Ohne dass es zu unnötigen Provokationen kommt.
Via Stadionspeaker werden die Mannschaft des FCZ und namentlich auch Präsident Ancillo Canepa immer wieder aufgefordert, sich «aus Sicherheitsgründen» in die Innenräume des Stadions zu begeben. Das tut der FCZ-Tross dann nach einigen Minuten auch. Allerdings nicht, bevor er mit den Fans die ersten Meisterlieder angestimmt hat.
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Besonders emotional ist der Meistertitel für Präsident Canepa. Er, der mit seiner Frau Heliane den FCZ seit Jahren am Leben erhält, musste in den letzten, sportlich schwierigen Jahren einiges erdulden. Umso grösser ist nun die Freude, mit dem FCZ erstmals seit 2009 auf den Meister-Thron zurückzukehren. Canepa stand einige Momente ganz für sich auf dem Rasen – es schien, als könnte er noch gar nicht realisieren, was sein FCZ gerade geschafft hat. Später sagt er: «Unmittelbar nach dem Abpfiff musste ich die Tränen zurückhalten, es war sehr emotional.»
Einer, der die Auf- und Abs der letzten Jahre hautnah miterlebt hat, ist Torhüter Yanick Brecher. Am 1. Juni 2013 gab er sein Debüt in der ersten Mannschaft der Zürcher. Längst ist er Captain. Jetzt sagt er: «Das ist der schönste Tag in meinem Fussballer-Leben.»
Schon vor ein paar Wochen hätten sich die Spieler in der FCZ-Garderobe ausgemalt, wie toll das Spiel in Basel für die Meisterfeier wäre. «Nun ist es genauso gekommen, das ist genial. Und wem nach diesem Fussball-Nachmittag nicht das Herz aufgeht, der ist Fehl am Platz.» Zumindest als Zürcher. Brecher sprach auch den Basler Fans ein grosses Lob aus. «Es ist toll, wie sich alle auf den Rängen verhalten haben.»
Der FCZ darf sich nun im Sommer in der Qualifikation zur Champions League versuchen. Es wird eine grosse Aufgabe. Um die Königsklasse zu erreichen, müssten die Zürcher vier Qualifikationsrunden siegreich überstehen. «Dafür bräuchte es sicher vier bis fünf international erfahrene Spieler», rechnet Blerim Dzemaili schon einmal vor. Als konkreten Auftrag an Präsident Canepa und Sportchef Marinko Jurendic will er seine Aussage aber nicht verstanden haben.
Mit Ousmane Doumbia und Assan Ceesay haben zwei der wichtigsten FCZ-Spieler dieser Saison weiterhin keinen neuen Vertrag unterschrieben. Ein Abgang der beiden würde den FCZ empfindlich treffen. Wobei Torhüter Brecher sagt: «Ich mache mir überhaupt keine Sorgen um die Zukunft. Glauben Sie mir, es gibt genügend Spieler, die sehr gerne mit dem FCZ auf diese Reise Richtung Champions League kommen.»
Auch gestern ist es FCZ-Topskorer Ceesay, der mit seinem Tor nach 40 Minuten die Meisterparty lanciert. Den Zürchern hätte bereits ein Remis zum Titel gereicht, doch spätestens nach dem zweiten Tor durch Boranijasevic kurz vor der Pause ist die Partie entschieden.
Der Basler Widerstand ist nach diesen beiden Rückschlägen gebrochen. Der FCB verpasste es, in der Startphase in Führung zu gehen. Doch sowohl Stocker wie auch Millar scheitern an Brecher. Dass mit Lang, Stocker und später auch noch Millar gleich drei wichtige FCB-Spieler verletzt raus mussten, half auch nicht. Doch in der Summe war es ein weiterer enttäuschender Auftritt der Basler in dieser Saison. Allzu viele gute Argumente hat Trainer Abascal jedenfalls nicht gesammelt für eine Zukunft im Verein.
Auch beim FCZ ist die Trainerfrage interessant. Nicht, weil man mit André Breitenreiter unzufrieden wäre. Doch der Deutsche hat sich in dieser Saison mit Sicherheit auf den Wunschzettel von einigen Bundesligisten gespielt. Doch daran will beim FCZ vorerst niemand denken.