Nach einer starken Aufholjagd holt Jolanda Neff im französischen Les Gets Silber. In einer anderen Liga fährt die neue Weltmeisterin Pauline Ferrand-Prévot.
Eigentlich ist für Jolanda Neff an jedem Grossanlass nur der Titel gut genug. Auch vor der Weltmeisterschaft im französischen Les Gets hat sich die Ausnahmekönnerin wieder den obersten Platz auf dem Podium zum Ziel gesetzt. Doch als Neff mit einer Verspätung von eineinhalb Minuten auf die Französin Pauline Ferrand-Prévot überquerte, riss sie ihre Arme in die Luft und jubelte. «Ich bin unglaublich glücklich. Ich bin ein super Rennen gefahren», sagte sie gegenüber SRF.
Tatsächlich hat die Olympiasiegerin an diesem Tag Silber gewonnen und nicht Gold verloren. Das ganze Rennen über gab es keinen Kampf um den Weltmeistertitel, weil Ferrand-Prévot schlicht in einer anderen Liga fuhr. Mit einem überragenden Start-Ziel-Sieg holte sie sich bei ihrem Heimrennen in Les Gets das Regenbogentrikot. Die neue Weltmeisterin meinte: «Ich wollte von Beginn weg Vollgas geben und eine Lücke herausfahren. Das war zwar riskant, aber es ist schliesslich perfekt aufgegangen.» Für die 30-Jährige ist es nach 2015, 2019 und 2020 bereits der vierte Weltmeistertitel im Cross Country.
Nur in der Anfangsphase versuchte sich Neff an der schwierigen Aufgabe, Ferrand-Prévots Hinterrad zu folgen. «Das Tempo war mir aber einen Zacken zu hoch, deshalb hat es mich in der Folge nach hinten gespült», bilanzierte Neff. Nachdem sie abreissen lassen musste, fand sich die Ostschweizerin trotz gutem Start plötzlich nur an sechster Position wieder. Dort kam sie wieder zu Kräften. «Ich bin immer besser in den Rhythmus gekommen», so die 29-Jährige, die als technisch vielleicht stärkste Fahrerin des Feldes insbesondere dank den Abfahrten Boden gut machen konnte.
Neff suchte anders als ihre Konkurrentinnen stets die schwersten Sprünge. «Das hat grossen Spass gemacht», meinte Neff. «Ich habe mich dabei sehr gut gefühlt. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich eine Fahrerin nacheinander wieder überholen kann.» Die Aufholjagd krönte sie schliesslich, als sie das Verfolgerduo rasch hinter sich liess und alleine zu Silber fuhr.
Über den Rennausgang habe sie sich auch in der schwierigsten Phase des Rennens wenig Gedanken gemacht. «Ich wusste einfach, dass ich mich nicht aufgeben darf und einfach immer versuchen soll, so gut zu fahren, wie es möglich ist.»
Lange sah es sogar danach aus, als könne die Schweiz im besten Fall gleich zwei Medaillen gewinnen. Alessandra Keller zeigte sich erneut in einer guten Verfassung. Die Silber-Gewinnerin vom Freitag im Short-Track lieferte sich lange einen ausgeglichenen Bronze-Kampf mit der Amerikanerin Haley Batten. Als diese in der Vorschlussrunde enteilen konnte, gingen jedoch Keller die Kräfte aus. Sie wurde auch noch vom französischen Toptalent Loana Lecomte überholt. Schliesslich klassierte sich die 26-jährige Nidwaldnerin als Fünfte.
Weniger gut lief es für die weiteren Schweizerinnen am Start. Sina Frei hatte sich in der Nacht vor dem Rennen unwohl gefühlt und sich übergeben müssen, war dennoch angetreten, blieb jedoch komplett chancenlos. In der 5. Runde stieg sie aus. Auffällig wurde Frei jedoch, als sie einer Konkurrentin sehr fair half, deren Radkette wieder einzuspannen. Die Urnerin Linda Indergand hatte derweil Pech mit einem platten Hinterreifen und wurde 17. Steffi Häberli und Ramona Forchini verpassten mit den Rängen 21 und 22 die Top 20 nur knapp.