Nach einer einjährigen Pause wagt die Schwyzer Eishockey-Spielerin Vanessa Bolinger den Wiedereinstieg

Die ehemalige Nati-Torhüterin Vanessa Bolinger kehrt ins Eishockey zurück.

Daniel Monin
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Vanessa Bolinger letzten Sommer in Nizza.

Vanessa Bolinger letzten Sommer in Nizza.

PD

Eigentlich war ihr Karriereweg vorgespurt, doch nach ihren erfolgreichen Jahren in Seewens Nachwuchs und in der Frauen-U18-Nati geriet die 21-Jährige, akzentuiert durch zahlreiche schwere Verletzungen, in eine Negativspirale. Vielleicht, sagte sie vor einem Jahr, sei sie das Ganze etwas zu verbissen angegangen, habe ihrem Körper die nötige Zeit zur vollständigen Genesung verwehrt.

Vor allem nach ihrer erfolgreichen Zeit mit den Churer Junioren, als sie einen Vertrag im Churer MSL-Team unterschrieb und voller Zuversicht in die Zukunft schaute. Erneut rissen die Bänder am Knie, erneut kam sie zurück, viel zu früh, wie sie später erkennen musste. Der Traum von der MSL hatte sich zerschlagen, die Motivation war gesunken. Und so kam die Ankündigung, dass sie ein Jahr Pause einlegen und verreisen werde, nicht überraschend.

Das war vor über einem Jahr, nun ist Vanessa Bolinger nach ihrer neunmonatigen «Weltreise» zurück in der Schweiz. «Ich fühle mich entschieden besser, bin gelassener geworden,» sagt sie. Es tönt wie eine Art Befreiung, die sie in den neun Monaten in Frankreich, Australien und Asien vorangetrieben hat. Die Gedanken an einen Rücktritt seien mit zunehmender Reisedauer verflogen, «nur wusste ich lange nicht genau, in welcher Form ich ins Eishockey zurückkommen will, als Feldspielerin oder eben doch wieder als Torhüterin auf möglichst hohem Niveau.»

Das heilsame Gegenmittel

Nur eine «Weltreise» zu machen und die Seele baumeln zu lassen, sei ihr zu wenig gewesen. Schon früh spielte deshalb das Vorhaben, ihre Fremdsprachenkenntnisse zu perfektionieren, in ihren Ausstiegsgedanken eine wichtige Rolle. Mit dem Erreichten ist sie zufrieden. Sie sagt: «Vor allem das Französisch hat mich extrem gefordert.» Englisch sei ihr entschieden leichter gefallen. In beiden Sprachen ist sie nun Besitzerin eines Diploms für Fortgeschrittene. Die Mischung aus «Studium», Training in verschiedenen Formen und dem Kennenlernen von Land und Leuten sei die richtige Mischung für ihr Sabbatical gewesen, sagt Bolinger. «Ich war immer beschäftigt, in Frankreich, in Australien oder auch in Thailand und Malaysia. Das hat mich – bei aller neugewonnenen Gelassenheit – immer auf Trab gehalten.» Sie habe viele beeindruckende Orte besucht, Leute kennen gelernt und andere Lebensweisen erlebt. Das sei ein «heilsames Mittel» gegen die negativen Gedanken.

Der Auslöser im Flugzeug

Den Flug von Australien nach Thailand bezeichnet sie als «Auslöser zum Comeback. Ich habe meinem ehemaligen Sebener Goalietrainer Fabian Balmer geschrieben und ihn gebeten, mal zu schauen, ob in der Region ein Goalieposten frei sei. Seine Antwort hat mich verblüfft: Er meinte, dass Engiadina einen Goalie suche.» Sie habe – vorerst – dankend abgelehnt, «denn ich wohne und arbeite ja in der Zentralschweiz, ab dem 1. Mai in der Pharmabranche in Baar.» Erst nach einem Gespräch mit Engiadina-Trainer Benjamin Wunderer, habe sie sich ernsthaft mit dem Gedanken befasst, in der kommenden Saison für den Bündner Zweitligisten zu spielen. «Ich brauche jetzt Spielpraxis. Nachdem mir zugesichert wurde, dass ich auch in Seewen trainieren kann und nicht jede Woche drei- oder viermal ins Bündnerland fahren muss, habe ich den Vertrag unterschrieben.»

Den Wiedereinstieg in die 2. Liga nach dem MSL-Vertrag in Chur seht sie nicht als Zurückstufung. «Im Gegenteil, ich sehe die Möglichkeit, die mir Engiadina gewährt, als Chance und hoffe, wieder zu meinen alten Leistungen zurückzufinden.» An der Motivation wird es ihr nicht mangeln.