Turner Simon Lindemann (20) holt sich am Heimwettkampf in Büron seine erste Goldmedaille in der neuen Saison.
Leistungstechnisch und emotional waren die zurückliegenden zwei Jahre für den Turnsport ein regelrechtes Auf und Ab. Am vergangenen Wochenende fand endlich wieder ein Kräftemessen statt. Für den K6-Turner Simon Lindemann vom organisierenden STV Büron war es ein Abend zum Geniessen und Feiern. Mit einem breiten Lachen im Gesicht betrat er den Wettkampfplatz – und mit einem noch grösseren Strahlen und der Goldmedaille um den Hals verliess er die Bühne. Stolz, erleichtert und vor allem bis in die Haarspitzen motiviert.
2018 und 2019 hatte Lindemann erstmals an nationalen Titelkämpfen teilgenommen. Die Topathleten imponierten ihm. Der damalige K5-Turner fing an, sie zu beobachten und sich davon zu überzeugen, all das auch mal zu können. Er studierte und visualisierte die Bewegungsabläufe genau und tastete sich langsam an die schwierigeren Elemente heran. Am Gerätemeeting in Büron präsentierte sich der 20-Jährige nun in hervorragender Verfassung – das Resultat aus Fleiss und Ehrgeiz der letzten zwei Jahre.
Nervosität wandelt der Jus-Student gekonnt in Adrenalin um. Der sonst sehr strukturierte und durchdachte Turner vertraut im Wettkampf auf sein Gefühl und seine Intuition. «Ich bin am Wettkampf voll bei der Sache und versuche gerade beim Einturnen, an die wichtigen Inputs der Leiter zu denken», sagt er.
«Wenn ich mich im Wettkampf selbst aber zu sehr auf eine Sache konzentriere, geht alles andere vergessen. Deshalb verlasse ich mich auf mein Gefühl und die Trainingsroutine.»
Lindemann liebt die Herausforderung, die ihm das Turnen bietet, und der Adrenalinkick beim Erlernen neuer Elemente. Er verlässt bewusst seine Komfortzone, um sich selber auf den Prüfstand zu stellen. «Wenn ich ein neues Element sehe, will ich herausfinden, wo meine Grenzen sind. Wie nahe komme ich an die Perfektion heran? Das ist meine Motivation», erzählt er. «Für mich ist es ein grosses Erfolgserlebnis, wenn ich ein Element lerne, von dem ich nie erwartet hätte, dass ich es einmal beherrschen würde.» Die Erfolge sucht Lindemann aber nicht nur bei sich selbst, sondern auch in seiner Funktion als Leiter auch bei anderen Athletinnen und Athleten. «Ich freue mich, wenn ich anderen zum Erfolg verhelfen kann.»
Lindemann verlässt sich auf seine Stärken, kennt aber auch seine Schwächen. «Ich hatte lange Zeit Mühe mit Längsachsendrehungen. So langsam aber kann ich mich orientieren und habe Spass daran, weiter zu üben und mich noch mehr zu verbessern.» Gerade am Sprung hat er deshalb wortwörtlich noch viel Luft nach oben.
«Es ist momentan mein Lieblingsgerät. Auch deswegen, weil ich noch so viele neue Sprünge, unter anderem mit Schraubbewegungen, lernen kann.»
Obwohl die Saison noch jung ist, liebäugelt Lindemann schon mit den nationalen Titelkämpfen im November. Er will sich für die Schweizer Meisterschaften qualifizieren und,wennmöglich, auch im Team mitturnen. «Doch wir stehen erst am Anfang der Saison, ich nehme Wettkampf für Wettkampf.» Geht sein Weg weiter steil bergauf, steht spätestens in zwei Jahren der Wechsel in die Königskategorie 7 an. Schon heute turnt er im Training K7-Übungen – weil er es sich zutraut, es ihm Spass macht und er seine Grenzen ausloten will.