Wie keinem anderen Sportler gelingt Schwingerkönig Kilian Wenger die Verkörperung der alten und der modernen Schweiz.
In Frauenfeld ist er vor drei Jahren König der Schweiz geworden, in einer Woche will er in Burgdorf seinen Titel verteidigen. Kilian Wenger (23) ist der erste König, der nicht aussieht wie ein Schwingerkönig. Ihm fehlt die charismatisch-vaterländische Behäbigkeit eines Ruedi Hundsperger oder Silvio Rüfenacht. Und er wirkt weltoffener, moderner und cooler als Harry Knüsel oder Jörg Abderhalden.
Der Modellathlet könnte auch ein Zehnkämpfer, Tennisspieler mit gewaltigem Aufschlag, Surfer oder Hockeyspieler sein. Der Berner ist der erste König, der nahtlos in die Sport-Popkultur des 21. Jahrhunderts passt und wie keiner vor ihm die alte und neue Schweiz, vaterländische Gesinnung und Weltoffenheit, Ländler und Pop, Disco und Festhütte verkörpert. Und er ist kein Kannibale, der verbissen bei jedem Fest den Sieg anstrebt und die Fans mit einer verknorzt-defensiven Schwingweise nervt wie einst Ernst Schläpfer, der König von 1980 und 1983. Kilian Wenger schwingt beschwingt offensiv, sucht zwar den Sieg und riskiert dabei aber die Niederlage.
Ob er seinen Titel verteidigen kann, ist für den weiteren Verlauf seiner Karriere und seinen Werbewert mit Sicherheit unerheblich. Er ist erst 23 und bleibt auf Jahre hinaus bei jedem Eidgenössischen ein Titelkandidat.