Andreas Schuler will unter die Top 20 im Weltcup-Skispringen. In Engelberg kämpft der 21-jährige Einsiedler beim Continental-Cup um einen Startplatz für die Vierschanzentournee.
Daniel Gerber
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Wenn Worte zum Schweizer Kulturerbe gehören, dann findet sich «... und jetzt flieg, Simi, flieg» prachtvoll strahlend im Register. Mit diesen aufwindmachenden Worten des TV-Kommentators schwebte Simon Ammann zu seinem ersten Olympiasieg. Unvergessen bleibt, wie er Sekunden später im Zielraum Beni Thurnheer umarmte und mit ihm auf und ab hüpfte.
Begeistert verfolgte Andreas Schuler 2002 diese Szenen live vor dem Fernseher mit. Und da am Ende der Übertragung aus Salt Lake City (USA) niemand sagte: «Bitte nicht zu Hause nachmachen!», war für den damals Sechsjährigen klar, dass er ebenfalls Skispringen will.
Eine frühe Bilderbuchkarriere begann ihren Lauf zu nehmen. Bereits im Folgejahr, anno 2003, erfolgten die ersten Sprünge des jungen Innerschweizers. «Am Anfang waren es fünf Meter», erinnert er sich. «Das wurde gesteigert, es folgten die 15-Meter-Schanze, dann die 20er, die 30er und so weiter.» Bis in diesem Jahr nun die Flugschanze dazugekommen ist.
Für die Eltern sei es fast schon normal gewesen, denn neben der Schlüsselinspiration durch Simon Ammann sah er zu einem familieninternen Vorbild auf: «Mein Bruder war drei Jahre älter als ich, und er sprang ebenfalls.» Wenn jeweils der «Umzug» auf die nächstgrössere Schanze erfolgte, habe er bei den ersten Sprüngen zwar keine Angst verspürt, aber Respekt – und auch etwas Vorfreude. «Als Bub konnte ich es kaum erwarten, bis ich auf die nächstgrössere Schanze gehen konnte. Zwar war ich jeweils noch etwas nervös, aber das macht es aus: der ständige Reiz, sich weiterzuentwickeln», erklärt Andreas Schuler.
In der laufenden Saison ist der junge Springer erstmals im Weltcup dabei. «Noch ist es mir nicht gelungen, das abzurufen, was ich in den offiziellen Trainings zeigen konnte.» In den Trainings flog Schuler bereits in die Top 25, die bisher beste Klassierung ist ein 22. Platz.
Über die aktuelle Saison hinausgesehen sei sein Ziel, sich nicht nur für die Weltcups zu qualifizieren, sondern dort auch Punkte zu holen und den zweiten Durchgang zu erreichen. Langfristig und mit harter Arbeit wolle er immer näher an die Spitze kommen. Im Continental-Cup in Engelberg will Andreas Schuler heute und morgen die bisherige Saison bestätigen und sich für die Vierschanzentournee qualifizieren. Die Schweiz hat vier Startplätze, zwei sind bereits vergeben; an Simon Ammann und den Horwer Gregor Deschwanden. Die beiden anderen Plätze werden nun ausgesprungen, einer davon soll ihm gehören.
Noch bis Ende Januar wäre sogar eine Qualifikation für die Olympischen Spiele in Südkorea möglich. Dies wäre für Andreas Schuler erfreulich, aber nicht ein Saisonziel. Nötig wären dazu zwei Top-20-Resultate im Weltcup; dies bei noch etwas mehr als einer Handvoll Gelegenheiten. «Die Weltspitze liegt nahe beisammen, und ich muss noch Erfahrungen sammeln.»
Gemessen an den bisherigen Resultaten würden noch etwa fünf Meter bis zum Einzug unter die besten 20 fehlen; und natürlich müssen dabei auch Wind und Haltungsnoten stimmen. «Mein Hauptziel ist, die Trainingsresultate in den Wettkampf hinüberzunehmen.» Die Winterspiele 2022 in Peking dürften dann ein realistisches Ziel sein.
Schuler, der in Einsiedeln im Architekturbüro WPP Architektur Raum Umwelt AG Teilzeit arbeitet, geht im Sommer gern noch anderen Sportarten nach wie Beachvolleyball und Biken und früher im Winter auch Eishockey und Skifahren – daneben kocht er gerne.
Bei seinem bisherigen Rekordsprung landete er im deutschen Oberstdorf nach sagenhaften 213 Metern. Noch kurz vor der Jahrtausendwende wäre dies sogar ein Weltrekord gewesen. 213 Meter: Das ist weiter als zwei Fussballplätze hintereinander.
Skispringen in Engelberg
Continental-Cup. Heute: Ab 15.30 Probedurchgang; Ab 17.00 1. Durchgang; anschliessend Finaldurchgang.
Donnerstag: Ab 12.00 Probedurchgang; ab 13.00 1. Durchgang; anschliessend Finaldurchgang.
Infos: www.weltcup-engelberg.ch