Spitzen Leichtathletik Luzern
Galante Botschafterinnen und Ehammer – so war das Leichtathletik-Meeting auf der Allmend

Das Meeting Spitzen-Leichtathletik Luzern leidet unter misslichen Bedingungen und freut sich mit drei Schweizer Aushängeschildern.

Rainer Sommerhalder
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Simon Ehammer macht es spannend und fliegt im allerletzten Versuch zum Sieg und auf 8,00 Meter.

Simon Ehammer macht es spannend und fliegt im allerletzten Versuch zum Sieg und auf 8,00 Meter.

Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone (Luzern, 30. August 2022)

Kennen Sie Darcy Roper? Der 24-jährige Australier war einer der elf Teilnehmer beim hochklassig besetzten Weitsprung-Wettkampf am internationalen Meeting von Luzern. Roper flog bereits mit 17 Jahren über acht Meter. Auch von seinem ersten Sprung im Stadion Allmend wird er dereinst seinen Enkelkindern berichten. Nicht unbedingt von der Weite. Diese war mit 6,92 m unterirdisch. Aber davon, wie es sich in der Luft anfühlte, als ihm ein Gegenwind von 4 Metern pro Sekunde entgegen blies. Als würde man frontal in eine Mauer springen.

Diese Szenerie beschreibt den grossen Luzerner Leichtathletik-Abend leider ziemlich passend. So stark besetzt wie noch nie mit einem Feuerwerk an Weltklasse, spielte das Wetter zum zweiten Mal in Folge Spielverderber für die 4000 erwartungsvollen Zuschauer.

Fluchtreflexe auf der Luzerner Allmend

Böiger Wind von der falschen Seite, peitschender Regen und ein Temperatursturz sorgten vor allem bei den hoch dekorierten internationalen Sprintstars für wahre Fluchtreflexe nach absolviertem Einsatz. Ab ins Trockene! An schnelle Zeiten war bei diesen Voraussetzungen nicht zu denken. Selbst Olympiasiegerin Elaine Thompson-Herah benötigte über 100 m 11,30 Sekunden. Eine Zeit, welche die Jamaikanerin sonst nur vom Hörensagen kennt.

Ähnlich ging es den EM-Heldinnen Mujinga und Ditaji Kambundji. Die Europameisterin legte bei ihrem Doppelstart die 100 m als Sechste in 11,54 und die 200 m als Vierte in 22,89 zurück. Auch die jüngere Schwester konnte über die Hürden weder mit der Zeit (13,35) noch mit dem Platz (8.) brillieren. Gerade der Auftritt der Kambundjis bewies, welchen Wert die zwei Sprinterinnen als Aushängeschilder der Schweizer Leichtathletik inzwischen haben. Kein Sommergewitter hält die Schwestern davon ab, das schönste Lachen auszupacken.

Mujinga Kambundji wird im 200-Meter-Sprint Vierte.

Mujinga Kambundji wird im 200-Meter-Sprint Vierte.

Bild: Urs Flüeler / Keystone (Luzern, 30. August 2022)

Und als perfekte Botschafterinnen ihres Sports finden sie auch die richtigen Worte. Ditaji beantworte die Frage, ob sie bei diesem Wetter nicht lieber zuhause geblieben wäre, mit einem klaren Statement.

«Ich wäre heute Abend nirgends lieber als in Luzern.»

Und Mujinga sagte nach dem Rennen regennass ins Mikrofon des Stadionspeakers: «Die Stimmung des Publikums ist unglaublich. Ich geniesse diesen Abend.»

Kugel-Werni sorgt für den Spannungsbogen

Weil die Magie der schnellen Zeiten für einmal nicht spielte, lag der Spannungsbogen bei zwei Duellen in den technischen Bewerben. Zum einen ein Fernduell zwischen Star und Legende. Ryan Crouser, der beste Kugelstösser der Gegenwart, wollte den Stadionrekord des besten Kugelstössers aus der Vergangenheit an sich reissen. Doch Werner Günthörs Name wird mit seiner Weite von 22,12 m aus dem Jahr 1987 auch beim nächsten Luzerner Meeting wieder in Erinnerung gerufen. Der Olympiasieger blieb vier Zentimeter hinter Kugel-Werni zurück.

Zum andern ein reales Duell: WM-Silbermedaillengewinner Simon Ehammer wollte im Weitsprung endlich einmal den griechischen Olympiasieger, Weltmeister und Europameister Miltiadis Tentoglou schlagen. Der Alleskönner aus dem Appenzellerland machte es enorm spannend. Mit seinem letzten Versuch setzte sich Ehammer nicht nur vor Tentoglou, sondern knackte mit einer Punktlandung als Einziger auch die 8-Meter-Marke.

Simon Ehammer freut sich über seine Leistung.

Simon Ehammer freut sich über seine Leistung.

Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone (Luzern, 30. August 2022)

Bei diesem perfekten Meeting-Abschluss wurde es so manchem Zuschauer doch noch richtig warm ums Herz. Selbst Ehammers Freundin Tatjana Meklau konnte da ihren übergezogenen Wintermantel des österreichischen Skicrossteams rechtzeitig wieder ausziehen.

Zentralschweizer Leistungen vermitteln Zuversicht

Trotz Höhepunktplanung auf WM und EM präsentierte sich die 400-m-Spezialistin Silke Lemmens (Baar) hungrig. Und die 23-Jährige sah sich bestätigt. Mit 23,72 Sekunden glückte ihr eine Saisonbestmarke – allerdings über die von ihr mittlerweile nicht mehr bevorzugten 200m. «Gewiss ein Aufsteller», sagte sie. Ebenfalls über 200m bewies sich auch die U18-EM-Teilnehmerin Michelle Liem von der LA Nidwalden. Mit 24,72 Sekunden blieb sie im Vorprogramm 29 Hundertstel über ihrer eigenen Bestmarke.

Und ebenfalls zu Beginn des Meetings fehlte wenig zu einem Innerschweizer Disziplinen-Sieg: Die Luzerner Hochspringerin Livia Odermatt scheiterte auf 1,83m im dritten Versuch knapp und landete deshalb wegen mehr Fehlversuchen auf 1,80m auf Rang 3. Sie war zufrieden. «Wenigstens wieder eine acht in der Höhe.» Ebenfalls mit 1,80m war sie in Willisau Anfang Mai in die Saison eingestiegen. Sodann aber lief es nicht mehr wunschgemäss. Jetzt aber hat die 27-Jährige neues Selbstvertrauen getankt.

Zu «einer coolen Erfahrung und einer Premiere» kam Lauftalent Fiona von Flüh vom TV Cham. Die U16-Doppelmeisterin vom Wochenende gewann bei ihrem ersten Start bei Spitzenleichtathletik Luzern über 1000m. Und sie gewann mit einer neuen, ungewohnten Taktik: von Flüh überliess die Initiative den Widersacherinnen und lief im Feld mit. In der Schlussrunde änderte sie dies und beschleunigte imposant. In schnellen 62,5 Sekunden legte sie diese zurück – und gewann. Als «Auftakt für einige guten Wochen» bezeichnete Géraldine Ruckstuhl ihren Wettkampf im Speerwerfen und im Hauptprogramm. Die Siebenkämpferin war durch eine Corona-Infektion zurückgeworfen worden. Jetzt fühlt sie sich wieder im Aufwind. Obwohl die Weite für sie keine Rolle spielte: die 44,49 m und Rang 10 vermittelten ihr keine Sicherheit. Zum Vergleich: Ihre Bestmarke steht bei 58,31m. (gg)

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