Steinhauser Beachvolleyballerin Nina Betschart ist auf der Suche nach dem Flow

An der WM hat die Steinhauserin Nina Betschart mit ihrer Partnerin Tanja Hüberli durch das Erreichen der K.-o.-Runde das erste Zwischenziel geschafft. Am Mittwoch um 14 Uhr tritt das Duo im Sechzehntelfinal an.

Andreas Eisenring, Hamburg
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Kreativ im Angriff: die Zugerin Nina Betschart (am Ball). (Bild: Pim Waslander/Freshfocus, Hamburg, 2. Juli 2019)

Kreativ im Angriff: die Zugerin Nina Betschart (am Ball). (Bild: Pim Waslander/Freshfocus, Hamburg, 2. Juli 2019)

Für Nina Betschart ist es nach Wien 2017, wo bei der Premiere gleich ein 9. Rang herausschaute, die zweite WM bei der Elite. Die mehrfache Welt-und Europameisterin im Juniorenbereich (unter anderem U-21-Weltmeisterin 2011 und 2012) hat damit die Chance, ihr Ergebnis von Wien zumindest zu egalisieren.

Rund um das Gelände am Hamburger Rothenbaum ist nicht zu übersehen, dass hier etwas Besonderes stattfindet: Blaue Schriftrollen, auf denen goldene Beachvolleyballer einem Ball nachhechten, sind omipräsent. Sogar die U-Bahn-Treppen sind damit überklebt worden. Über dem Eingangsportal prangt der Schriftzug «Moin Moin» – die klassische norddeutsche Begrüssungsformel. Dem altehrwürdigen Tennisstadion, wo Roger Federer schon viermal das ATP-Turnier gewonnen hat, wurde für die Beach-WM ein Facelifting verpasst. Und schon vom ersten Vorrundenspiel an herrscht darin eine tolle Stimmung, auch wenn noch nicht alle der 12'000 Centercourt-Plätze belegt sind.

Auf dem Eventgelände gibt es viele Geschicklichkeitsspiele mit Beachvolleybällen (Schlagen, Treffen, Zielen), welche die Zuschauer sportlich aktivieren sollen. Sogar eine nigerianische WM-Spielerin stellt sich in die Schlange und lässt es sich nicht entgehen, dank treffsicherer Annahme ein T-Shirt zu ergattern.

«Es ist megacool hier», meint auch Nina Betschart, «das deutsche Publikum ist sehr begeisterungsfähig und sorgt für eine tolle Atmosphäre. Die zwei olympischen Goldmedaillen haben da halt schon etwas ausgelöst.»

Ein Wohlfühlfaktor für die Zugerin Betschart ist auch, dass Angehörige für eine familiäre Atmosphäre sorgen. So ist diesmal nicht nur die Mutter, sondern auch die Grossmutter mit dabei. Und auch Ninas Freund, der Eishockeyspieler Damien Brunner (EHC Biel), der eigentlich im Sommertraining steckt. Und so versuchen die beiden das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden – ein gemeinsamer Besuch im Kraftraum etwa, wobei sie ein leichtes Aktivierungstraining macht und er die grösseren Gewichte auflegt.

Die 23-jährige Betschart steht im vierten Profijahr und hat seit der letzten WM viel internatio­nale Erfahrung dazugewonnen. Zusammen mit der Schwyzerin Tanja Hüberli hat sie sich mit aller Konsequenz dem Ziel Olympische Spiele Tokio 2020 verschrieben.

«Dieser Sport macht mir noch immer sehr grosse Freude, und ich trainiere auch nach wie vor sehr gerne», meint Betschart. In letzter Zeit ist die Trainingsgestaltung individueller geworden, da die beiden völlig unterschiedlichen Spielertypen andere Schwerpunkte bedingen. «Ich mit meinen 175 cm muss im Angriff ganz andere Lösungen finden als Tanja», erklärt die schnellkräftige Verteidigungsspezialistin, bei der die Förderung der Angriffskreativität im Vordergrund steht. Bei der 190 cm grossen Blockspezialistin Hüberli hingegen wird an der Schlaghärte gefeilt.

Olympische Spiele immer im Hinterkopf

Mit dem Erreichen der Sechzehntelfinals ist die erste Hürde geschafft. «Normalerweise geht es an einer WM ja nur um die Medaillen. Platz fünf interessiert nicht mehr. Aber in Hamburg kann nicht nur eine Medaille, sondern auch ein anderer Rang ein wertvolles Resultat sein.»

Damit spricht Betschart das Thema Olympische Spiele Tokio 2020 an, für die es in Hamburg auch überdurchschnittlich viele Olympia-Qualifikationspunkte zu holen gibt. Bis zum 14. Juni 2020 werden die 12 besten Resultate in die Wertung genommen, wobei Hüberli/Betschart mit vier 9. und einem 5. Rang eine gute Basis gelegt haben. Angesichts der gestiegenen Leistungsverdichtung ein Jahr vor Tokio meint Betschart: «Es gibt so viele Topteams, die auf ähnlichem Niveau spielen. Um in einem Turnier ganz nach vorne zu kommen, muss man mehrere Spiele hintereinander sehr gut spielen, braucht es einen Flow.»