TENNIS: Der ewige Unruhestifter flüchtet

Die Schlagzeilen an den US Open gehören dem Skandalspieler Fabio Fognini. Als Folge eines verbalen Ausrasters ist der Italiener vom Grand-Slam-Turnier in New York ausgeschlossen worden.

Jörg Allmeroth, New York
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Der italienische Skandal-Profi Fabio Fognini sorgt schon seit einigen Jahren für rote Köpfe auf der Tour. (Bild: EPA/Mark Lyons (Mason, 15. August 2017))

Der italienische Skandal-Profi Fabio Fognini sorgt schon seit einigen Jahren für rote Köpfe auf der Tour. (Bild: EPA/Mark Lyons (Mason, 15. August 2017))

Jörg Allmeroth, New York

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Er verschwand wie ein Dieb von den US Open, in aller Heimlichkeit, in aller Stille. Und nur noch einmal wurde Fabio Fognini (ATP 26) buchstäblich flüchtig gesichtet, auf dem Flughafen John F. Kennedy am Ende des ersten Grand-Slam-Wochenendes. Ein Passagier schoss ein verwackeltes Bild von ihm, mitten unter den Reisenden in Richtung Italien. Es war das unrühmliche Ende einer Dienstreise für den ewigen Unruhestifter, der wegen einer gruseligen, sexistischen Tirade in seinem verlorenen Erstrundenmatch beim letzten Grand-Slam-Turnier der Saison ausgeschlossen wurde.

Sexistische Beleidigung der Schiedsrichterin

«Hässliches Eichhörnchen» und «Schlampe» hatte der 30-jährige Fognini wieder einmal in einem zornigen «Black-out» der Schiedsrichterin Louise Engzell zugerufen, man kann es hören und sehen auf Videos, die im Internet kursieren. Nichts Neues bei Fognini, nur die Qualität der Beleidigungen war noch ein wenig schlimmer als sonst. Und die Bühne prominenter, auf der er sich erneut vergass, herumrandalierte und noch ein paar Flüche ausstiess, die nicht zitierfähig sind. Eine halb relativierende Entschuldigung («Ich habe falsch gehandelt, aber am Ende ist es nur ein Tennisspiel») schickte Fognini später hinterher, übers Internet, nicht etwa persönlich gegenüber seinem Opfer, der Schwedin Engzell.

Der Fall Fognini, die Skandalakte des grössten Tennisrüpels dieser Epoche – seit Jahren dokumentiert sich hier auch schon ein Versagen der Autoritäten im Wanderzirkus, ob nun der Spielervereinigung ATP oder des Tennis-Weltverbandes ITF. Viel zu oft kam der labile Italiener mit Ermahnungen oder geringen Geldbussen davon, wenn er sich heftige Wortgefechte mit Unparteiischen lieferte oder auch Konkurrenten verbal attackierte. Ganz zu schweigen von Schlägerwürfen, kaputt getretenen Rackets, in die Zuschauermenge gejagten Bällen – das Standard­repertoire des Unverbesserlichen und Übererregten. Symptomatisch war das Verhalten der Bosse auch in New York, erst drei Tage nach dem Vorfall wurde die Sperre für den Doppelwettbewerb ausgesprochen – angeblich, weil es länger dauerte, die Schimpfkaskaden Fogninis zu übersetzen. «Drei Tage. Sorry, das ist ein Witz», befand Rafael Nadal dazu. Auch, da Fognini zwischendurch zwei Doppelmatches bestritt.

Fognini ist ein Nervenbündel, eine tickende Zeitbombe auf den Courts rund um die Welt. Unter den Schiedsrichtern gilt eine Ansetzung mit Fognini als Garantie für den «heissen Stuhl», es kostet viel psychische Substanz, die Eskapaden des Dauersünders zu ertragen. Aber umso verwunderlicher erscheint, wie moderat die Disziplinierungsmassnahmen wieder und wieder verliefen. Die Strafen, die gegen ihn ausgesprochen wurden, taten ihm nie weh. Der Mann ist mehrfacher Millionär, wie konnte ihn da beispielsweise die «höchste» jemals in Wimbledon ausgeteilte Busse von rund 27000 Dollar kratzen, damals hatte er einen Schiedsrichter bedroht. In jenem Jahr 2014 leistete er sich auch einen weiteren üblen Ausrutscher, am Hamburger Rothenbaum beleidigte er seinen Gegner Filip Krajinovic als «Scheiss-Zigeuner».

Fognini mit Ex-Spielerin verheiratet und Vater

Manche im Tourbetrieb hatten gehofft, Fognini könne durch seine Heirat mit der Ex-Profispielerin und US-Open-Siegerin Flavia Pennetta und als frischgebackener Vater zu etwas mehr Seelenfrieden finden. Aber Fognini kann nicht aus seiner Haut heraus, er ist ein Unruhestifter durch und durch, eigentlich bräuchte er psychologische Hilfe, eine Lebensberatung. Im Tennis bleibt nichts anderes übrig, als Fognini die ganze Härte des Regelwerks spüren zu lassen – und nicht weiter falsch verstandene Toleranz zu üben. Das Grand-Slam-Komitee, das ihn vorerst nur für dieses Turnier hier in New York sperrte, setze seine Untersuchung fort, erwäge auch weitere Massnahmen, hiess es. Fognini könnte für einen sogenannten «Major offence», also ein schwer wiegendes Delikt, unter anderem mit einer Geldstrafe von bis zu 250000 Dollar belegt werden. Aber wirklich wehtun würde dem Skandaldarsteller nur eine anhaltende Sperre, eine längere Zwangspause vom Tennis. Und die Androhung noch härterer Sanktionen bei Wiederholungsfällen.