Women's Super League
Zwei Tage nach dem 22. Geburtstag folgt der Abschied: Schweizer Frauenfussball verliert mit Malin Gut ein Supertalent

Nationalspielerin Malin Gut verkündet, dass sie mindestens ein Jahr Fussballpause macht. Sie hat keine Lust mehr auf das Profileben.

Raphael Gutzwiller
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Fussballerin Malin Gut ist zumindest vorerst keine Fussballerin mehr.

Fussballerin Malin Gut ist zumindest vorerst keine Fussballerin mehr.

Valentin Hehli (17.06.2022)

Irgendwie hatte man es befürchtet. Es war ruhig geworden um Malin Gut. Der Vertrag bei GC ausgelaufen, die Europameisterschaft hat ohne sie stattgefunden. Einen Wechsel ins Ausland schloss sie sowieso aus. Dann am frühen Mittwochmorgen die Nachricht via soziale Medien: «Ich habe mich entschieden, nächste Saison eine Pause vom Fussball zu machen.» Und weiter: «Jetzt bin ich bereit, meine Zeit anderen Dingen zu widmen, neue Erfahrungen zu machen, die nicht immer möglich waren als Fussballerin.» Vor zwei Tagen ist Gut 22 Jahre jung geworden.

Es ist der leise Abschied eines Supertalents im Schweizer Fussball. Malin Gut hätte noch einiges in ihrer Sportler-Karriere erreichen können, doch sie will nicht mehr. Schon mit 15 debütiert sie für den FC Zürich, sie ist im zentralen Mittelfeld gesetzt. Sie sieht Räume, die andere nicht sehen, hat ein wunderbares Spielverständnis. Mit 18 spielt sie dann für das Nationalteam. Später folgt der Wechsel zu GC, 2020 geht es nach abgeschlossener Matura weiter zu Arsenal auf die Insel. Der damalige Arsenal-Manager Joe Montemurro sagt nach der Verpflichtung: «Malin wird eine der Besten der Welt sein.»

Verletzung verändert Gut

In London spielt sie zunächst oft an der Seite der Nationalteamkolleginnen Lia Wälti und Noëlle Maritz, verliert gegen Ende Saison ihren Stammplatz aber. Und dann reisst sie sich im Mai 2021 im Training das Kreuzband im linken Knies. Die Zeit danach: Reha, Kraftraum, viel Arbeit. Im Winter folgt der Wechsel zurück in die Schweiz zu GC, um sich dort auskurieren zu lassen. Erst kurz vor der Europameisterschaft kann sie wieder ins Teamtraining einsteigen.

Malin Gut trifft am 22. September 2020 zum 1:0 gegen Belgien.

Malin Gut trifft am 22. September 2020 zum 1:0 gegen Belgien.

Peter Schneider / KEYSTONE

Es ist Mitte Juni, die Europameisterschaft steht vor der Tür, die Vorbereitung der Schweizer Nati auf das Turnier hat gestartet. Im Hotel in Pfäffikon spricht Malin Gut über die vergangene, schwierige Zeit. Sie ist nicht mehr das Küken in diesem Nationalteam, auch durch den Kreuzbandriss reifer geworden. «Erst wenn man eine so schwere Verletzung erlebt, weiss man, was das wirklich bedeutet», erzählt sie. Es geht um den langwierigen Prozess zurück in Richtung Topform.

Doch das Gespräch, es ist anders als es es normalerweise mit Sportlern ist nach schweren Verletzungen. Gewöhnlich strotzen die Athleten und Athletinnen voller Tatendrang, sie wollen sich möglichst rasch wieder einen Platz im Team erarbeiten. Zeigen, dass sie es noch können. Gut spricht stattdessen davon, dass sie sich keinen Druck mehr machen möchte. Und dann sagt sie, etwas, was sie in den letzten Monaten realisiert hat: «Das Profileben passt nicht zu mir!» Sie sei ein breit interessierter Mensch, der sich nicht nur auf den Sport fokussieren möchte.

«Ich bin dankbar, durfte ich das Profileben kennen lernen. Doch für mich ist es nicht das richtige.»

Bei GC hat sie in der Rückrunde kein Spiel absolvieren können, dennoch ist sie sportlich nah dran am EM-Kader. Nils Nielsen lobt sie einige Tage vor der Kaderbekanntgabe: «Malin ist auf ihrer Position eines der grössten Talente Europas.» Den Cut verpasst sie wegen fehlender Spielpraxis dennoch, sie darf nicht mit an die Europameisterschaft.

Als Fan an der EM

Malin Gut (rechts) ist an der EM als Fan dabei. Mit ihr dort sind die beiden ehemaligen GC-Spielerinnen Celina Tenini (links) und Fiona Hubler.

Malin Gut (rechts) ist an der EM als Fan dabei. Mit ihr dort sind die beiden ehemaligen GC-Spielerinnen Celina Tenini (links) und Fiona Hubler.

Daniela Porcelli/freshfocus

Doch Gut macht etwas, das viel über sie aussagt: Sie reist dennoch hin. Mit Freundinnen fährt sie durch Grossbritannien und ist in Sheffield dabei, als die Schweiz gegen Schweden und die Niederlande spielt. Sie sitzt nicht etwa in der Loge, sondern auf der Gegentribüne und trägt dabei ein Nati-Trikot und schwingt eine Schweizer Fahne. Malin Gut ist jetzt nur noch Fan. Für den Schweizer Frauenfussball ist das ein grosser Verlust.