Die Nidwaldnerin feierte diesen Monat ihre grössten Karriereerfolge. Lohnt sich ein Weltcupsieg für die 26-Jährige auch finanziell?
Im Juli gewann Alessandra Keller ihren zweiten Weltcupsieg im Shorttrack in Andorra und feierte weitere Podestplätze in dieser Disziplin und im Cross-Country. Ihr bislang bestes Karriereresultat in der Elite gelang der 26-Jährigen vor Zehntausend Fans beim Heimweltcup in Lenzerheide. Die Nidwaldnerin hat an Bekanntheit gewonnen, doch haben sich die Erfolge auch finanziell gelohnt?
Die meisten von uns gehen einer Arbeit nach und werden nach Anzahl der Stunden bezahlt. Ein Mountainbikeprofi bekommt ein monatliches Lohnfixum, ausgestellt von seinem Team. Ausserdem gibt es ein Prämiensystem, welches bei Topplatzierungen ausgezahlt wird, Preisgelder bei den Rennen und die Möglichkeit Partnerschaften mit weiteren Sponsoren einzugehen. Keller sagt:
«Der Weltcupsieg macht mich als Athletin wertvoller.»
Gute Resultate haben vor allem einen langfristigen Nutzen: bei den nächsten Vertragsverhandlungen. Der Selbstvermarktung kommen auch die 6000 neugewonnenen Follower zu gute. Keller ist aber keine Influencerin. Sie hat keine Produktplatzierungen und hat daher von Beiträgen keine Einnahmen.
Keller fährt für das Thömus-Bike-Team und ist zufrieden. Sie schätzt es, dass auch während der Pandemie ihr Lohn ausgezahlt wurde. Als Schweizer Team ist auch das Gehalt entsprechend hoch. Ein Vorteil im Mountainbikesport sei ausserdem der geringe Gendergap in der Bezahlung im Vergleich zu anderen Sportarten, so Keller. Für einen Cross-Country-Sieg bekommt die Athletin den gleichen Betrag wie ein Athlet.
Seit dieser Saison hat Keller eine Partnerschaft mit den Bergbahnen der Klewenalp-Stockhütte. Ihr Bild ist gross am Liftmast zu sehen und es gibt Autogrammstunden, Beratung und einen Bike-Day. Der Spitzensport hat sich geändert, längst gehört es neben dem Training und Wettkampf dazu, Fotos zu posten und präsent zu sein. «Manche Leute denken, ich hätte viel Freizeit: Ein bisschen Training, ein paar Wettkämpfe», sagt Keller,
«aber der Spitzensport ist ein vielseitiger Beruf geworden.»
Selbstvermarktung sei nun mal Teil des Jobs, deswegen findet Keller auch während der Saison dafür Zeit. Sie nimmt ihren Job ernst und will professionell sein, sei es beim Coaching, beim Verhandeln oder auf dem Bike beim Wettkampf. «Gerade die Abwechslung macht es spannend», sagt sie.
Natürlich ist es für die Ennetbürgerin praktisch, wenn der Sponsortag auf dem Hausberg stattfindet. Vergangene Woche konnte sie so ein kleines Training mit dem Fantreffen verbinden. Beim Coaching auf dem Pumptrack liess sie sich von der Leidenschaft der Kinder begeistern. Sie könne sich vorstellen, später im Mountainbikesport mit Kindern zu arbeiten: «Es ist eine schöne Perspektive, aber während ich Profi bin, ist ein regelmässiges Coaching zeitlich nicht möglich.»
Ein Preisgeld hat Keller für den Weltcupsieg im Shorttrack nicht bekommen, dieses gibts nur beim olympischen Cross-Country. Trotzdem ist Keller motiviert für ihre nächsten Weltcupeinsätze in Übersee. Sie ist zuversichtlich, bei den Rennen in den USA wieder vorne mitzufahren. Ihr Ziel ist das blau-weisse Trikot. Keller will in der Disziplinenwertung die Leaderposition übernehmen, die sie sich momentan mit einer Konkurrentin teilt. Wenn nicht dieses Wochenende, dann nächstes in Kanada, auf einer von Kellers Lieblingsstrecken:
«Geld kann Ansporn für etwas sein, aber beim Mountainbiken haben wir andere Gründe.»