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Marc Walder

Ringier
Zensur? - Der «Blick» löschte kritischen Artikel

Zensiert das Medienhaus Ringier seine eigenen Journalisten? Die Online-Redaktion des «Blick» löschte einen Artikel, in dem das Institut für Jungunternehmer (IFJ) Kritik an den Steuererleichterungen für Start-ups übte, die der Zürcher Regierungsrat Anfang März verkündete. Im selben Text kommt auch Regierungsrat Ernst Stocker (SVP) zu Wort, der die Steuerpolitik des Kantons verteidigt. Heute ist zu diesem Thema jedoch nur noch ein zweiter, später erschienener Artikel unter dem Titel «Ein Schritt in die richtige Richtung» online abrufbar. Darin wirft Sunnie Groeneveld, Geschäftsführerin der Initiative «Digital Zurich 2025», die unter anderem Start-ups im digitalen Bereich fördert, ein positiveres Licht auf die kantonalen Steuererleichterungen. Weil Ringier-Chef Marc Walder auch im Steuerungskomitee von «Digital Zurich 2025» sitzt und Stocker einem Komitee angehört, dass die Initiative unterstützt, wurden nun Stimmen laut, die die Unabhängigkeit der «Blick»-Redaktion in Gefahr sehen. Auf die Löschung des kritischen Artikels zu den Steuererleichterungen hat erstmals die Online-Publikation «Tsüri.ch» in einem Bericht verwiesen. Sie zitiert zudem einen Tweet von Stefan Steiner, der als Sprecher des IFJ im ersten «Blick»-Artikel Kritik am Kanton geübt hatte. Darin schreibt er: «Macht Blick jetzt auf Zensur? Plötzlich sind kritische Artikel gegen den Kanton Zürich weg...» «Tsüri.ch» stellt in ihrem Artikel die Frage, ob der kritische Text entfernt worden sei, weil er die Bestrebungen des Ringier-Chefs in ein schlechtes Licht rückte. Und schliesst statt mit einer Antwort mit der Bemerkung: «Ein Schelm, wer die Unabhängigkeit der Redaktion in Gefahr sieht.» Die Medienstelle von Ringier erklärte gestern auf Anfrage, dass der zweite Artikel mit den Aussagen von Sunnie Groeneveld den ersten «ersetzt» habe. «Die Redaktion hat sich darauf entschieden, den vorangehenden Artikel zum Thema zu löschen», sagte Ringier-Sprecher Edi Estermann. Dieses Vorgehen sei «nicht unüblich».
Florian Niedermann