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Wirtschaft
Globalisierung sei Dank: Die Einnahmen des Weltfussballverbands haben sich seit 2003 fast vervierfacht. Satte 2096 Millionen flossen alleine im vergangenen Jahr in die Kasse. Interessant ist auch, wie der Verein sein Geld ausgibt.
Das Bild ist unvergessen: In der 122. Minute traf Blerim Dzemaili im vergangenen Sommer im Achtelfinal der Weltmeisterschaft gegen Argentinien nur den Pfosten. Dabei ging es um die Ehre, allenfalls weiterzukommen – und um viel Geld: Hätte die Nationalmannschaft in Brasilien den Viertelfinal erreicht, hätte der Schweizerische Fussballverband 5 Millionen Dollar mehr kassiert. So waren es immerhin 9. Ein Drittel ging an die Spieler.
Die 9 Millionen für die Schweizer sind ein Klacks. Insgesamt schüttete der Weltfussballverband 576 Millionen an die Teilnehmer der WM aus. Davon flossen 70 Millionen über die jeweiligen Landesverbände zurück an die Klubs, deren Kicker nach Brasilien reisten. Diese Unkosten kann die Fifa locker berappen. Der Weltfussballverband nahm allein im letzten Jahr 2,1 Milliarden Dollar ein. Elf Jahre zuvor, 2003, waren es erst 575 Millionen.
Eines müsse man dem Präsidenten lassen, sagt der Antikorruptionsexperte Mark Pieth, der einst auch für die Fifa tätig war: «Sepp Blatter hat den Laden ökonomisch auf Vordermann gebracht. Vor seiner Zeit war es nie sicher, ob die Fifa die nächste WM finanziell übersteht.» Dies sieht auch Björn Johansson so.
Der Headhunter sagte gegenüber dem «Migros Magazin», Blatter habe die Fifa zur «Geldmaschine» gemacht. Ohne den 1998 zum Präsidenten gewählten Walliser wäre Sport heute nicht so global. Das bringt Einnahmen – sehr viel Einnahmen. Ein Beispiel: Der in der Schweiz domizilierte Sportvermarkter Infront verkauft für die Fifa die TV-Rechte in 26 asiatischen Ländern. Die Einnahmen in dieser Region seien im Vergleich zur Periode von 1999 bis 2006 in den Jahren 2007 bis 2014 um 650 Prozent angestiegen.
Auch deswegen sitzt die Fifa auf einem prallvollen Honigtopf. Seit 2003 stiegen die Reserven von 76 Millionen auf 1,5 Milliarden Dollar. Nötig sind sie gemäss Blatter, damit die Fifa finanziell überlebt, falls eine WM nicht stattfinden sollte. Das sind die Milchkühe des Verbands. Gemäss Finanzbericht 2014 beliefen sich die Erträge des Wettbewerbs in Brasilien auf 4,8 Milliarden Dollar. Davon stammten 2,4 Milliarden aus dem Verkauf der TV-Übertragungsrechte. Dazu kamen 1,6 Milliarden für die Marketingrechte der Sponsoren.
Selbst die Fifa-Chefs wissen, dass dies nicht wegen ihres unternehmerischen Könnens passiert ist. Weltweit wollen eben immer mehr Fans Fussball schauen, insbesondere während der WM-Spiele. Das füllt die Kassen. Rund 5 Milliarden Franken nahm die Fifa zwischen 2011 und 2014 ein. In der Periode von 1999 bis zur WM in Korea und Japan von 2002 beliefen sich die Einnahmen noch auf 2,7 Milliarden.
Mehr Geld als Wahlversprechen
Das viele Geld bringt der Führung Macht. So erhält jeder Landesverband jährlich eine Viertelmillion. Blatters Konkurrenten für das Präsidentenamt versprachen denn auch im Vorfeld des morgen beginnenden Fifa-Kongresses, diese Summe nach einer allfälligen Wahl zu erhöhen. «Substantiell», sagte dazu Blatters Herausforderer, der Jordanier Prinz Ali bin al-Hussein. Neben dieser Grundpauschale gibt es eine ganze Reihe von Förderprogrammen, in die ab 2011 jährlich rund 260 Millionen Dollar geflossen sind. Wegen des Finanzerfolgs seit 2011 kam gemäss Finanzbericht für jeden Landesverband eine Sonderzahlung von einer Million dazu. Sie konnte für die «Fussballentwicklung vor Ort» oder die Teilnahme an den Fifa-Wettbewerben eingesetzt werden.
Deal für Chinas WM-Traum
Der wirtschaftliche Erfolg hat auch seine Schattenseiten. Korruptionsvorwürfe begleiten die Fifa seit Jahren. Zum einen wegen möglicher Schmiergeldzahlungen bei der Vergabe der WM, zum anderen bei der Abtretung von Medien-, Vermarktungs- und Sponsoringrechten. Berühmt-berüchtigt war dafür beispielsweise die von Adidas-Miteigentümer Horst Dassler gegründete ISL.
Die in der Schweiz domizilierte Marketingfirma erwarb mit der deutschen Kirch-Gruppe für 2,8 Milliarden Franken, die weltweiten Fernsehrechte für die WM in Korea und Japan und in Deutschland von 2006. Später kam aus, dass die ISL mehrere Fifa-Funktionäre geschmiert hatte. Das Unternehmen ging 2000 unter, ebenso wie kurz danach die Kirch-Gruppe. 2002 kauften die Jacobs Holding, der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus und der Ex-Fussballer Günter Netzer die Sportvermarktung aus der Konkursmasse der Kirch-Gruppe heraus.
Ihr Chef ist seit 2005 Philippe Blatter, ein Neffe des Fifa-Präsidenten. Über die Alleinherrschaft bei der Vermarktung der TV-Rechte verfügt die Infront seit 2005 nicht mehr. Die Fifa vermarktet sie in Europa selbst. Aber die Infront war in Brasilien für die Übertragung aller WM-Spiele zuständig. Die zumindest partielle Zusammenarbeit mit der Fifa ist noch verlockend genug: Im März übernahm der chinesische Tycoon Wang Jianlin die Firma für mehr als eine Milliarde Franken. Die Infront soll dabei helfen, dass irgendwann mal eine WM in China stattfindet. Das lohnt sich sicher für die Fifa und vielleicht auf für Infront.