Konzernumbau
ABB verkauft das Aargauer Hydro-Geschäft nach Österreich

Der Verlegung des Ringmotorengeschäfts nach Spanien folgt der Verkauf des Wasserturbinen-Bereichs an den österreichischen Industriekonzern Andritz. Die Produktion in Kleindöttingen wird nach Kriens verlagert.

Matthias Niklowitz
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Bald abmontiert? Ein Firmenschild von ABB

Bald abmontiert? Ein Firmenschild von ABB

KEYSTONE

Gestern kamen bereits die neuen Chefs des österreichischen Industrieunternehmens Andritz. Sie besuchten die Räumlichkeiten des Hydropowergeschäfts von ABB in Kleindöttingen. Die zwei Dutzend Angestellten können an den Standort Kriens bei Luzern umziehen – oder sie müssen sich eine neue Stelle suchen, wie zwei mit den Vorgängen vertraute Personen berichten. ABB kommentierte den Verkauf der Sparte am Freitag nicht.

Das Hydropowergeschäft von ABB geht bis auf die Ursprünge von BBC, einem der beiden Vorgängerunternehmen, zurück. 2002 verkaufte ABB diesen Bereich inklusive der Ringmotorenproduktion an Alstom. 2010 erfolgte der Wiedereinstieg bei Hydro-Generatoren.

«Wir sind ein erfolgreicher Arbeitgeber mit interessanten Arbeitsstellen», hiess es noch 2012 in einer ABB-internen Präsentation. Bereits damals zeichnete sich die Energiewende ab – und jetzt zieht man die Konsequenzen.

Es ist nicht der einzige aktuelle Fall, bei dem sich ABB grob verkalkuliert hatte. Beim diese Woche angekündigten Abbau von Stellen im Bereich Mühlenantriebe und Ringmotoren sind Drehbuch, Protagonisten und Ausgang praktisch identisch wie im Fall des Hydropowergeschäftes.

Aufträge nach Spanien umgeleitet

«ABB übernimmt Ringmotorengeschäft von Alstom», hiess es am 30. Juli vergangenen Jahres in einer Mitteilung. Mit dem Zukauf hatte ABB offenbar Grosses vor: «Mit dieser Transaktion will ABB ihr Geschäft mit getriebelosen Mühlenantrieben ausbauen», schrieb das Unternehmen weiter. ABB hatte im Zuge des Verkaufs von Teilen des Unternehmens an Alstom auch das Ringmotorengeschäft abgegeben und lediglich die Minenausrüstung, zu der die getriebelosen Mühlenantriebe gehören, behalten.

Ein Dreivierteljahr später zeichnet sich ab, dass der Aufbau stattfindet. Allerdings nur in Spanien. «Wir hatten gleich nach diesem Kauf intern nachgefragt, was man damit vorhat, wir wurden aber nicht informiert», sagt ein leitender ABB-Angestellter, der nicht namentlich genannt werden will, gegenüber der «Nordwestschweiz».

«Wir hatten aber gar keine konkreten Antworten erhalten.» Die Informationspolitik sei «miserabel» gewesen, sagt auch eine zweite Person, die ebenfalls bei ABB arbeitet. Aufträge, die eigentlich für den Schweizer ABB-Standort gedacht gewesen seien, seien nach dem Kauf der Fabrik in Spanien dorthin umgeleitet worden.

«Da es sich um ein Konsultationsverfahren handelt, ist nach wie vor offen, ob die Produktionsstätten überhaupt geschlossen werden und wie viele Mitarbeitende effektiv davon betroffen sein könnten», heisst es in einer Stellungnahme von ABB.

«Gemeinsam mit dem Angestelltenrat haben wir uns von Beginn an bemüht, so offen wie möglich zu kommunizieren.» Angestellte hätten die Möglichkeit gehabt, sich auf Deutsch mit Vertretern des Angestelltenrats und der Personalabteilung auszutauschen.

Schliessung ist noch offen

Der Abbau trifft etliche Angestellte, die beim Aufbau dieses Geschäfts vom Konkurrenten Alstom abgeworben worden waren, so gestern ein ABB-Angestellter.

«Uns hatte man sichere Stellen in einem zukunftsträchtigen Geschäftsbereich zugesichert», sagt der ABB-Mann. Die Betriebsgewinnmargen lagen bei 15 bis 20 Prozent – das ist im Industriesektor beachtlich und rechtfertigt Investitionen. ABB wollte diese Zahlen auf Anfrage nicht kommentieren.

Ähnlich klang es auch beim Kauf in Spanien im vergangenen Jahr. «Für den Markt für getriebelose Mühlenantriebe werden Zuwächse erwartet, da die Nachfrage nach Mineralien im Zuge der Industrialisierung der Schwellenländer zunimmt», schrieb ABB noch im vergangenen Sommer.

«Mit der Übernahme führen wir die erstklassigen Ringmotoren von Alstom mit den elektrotechnischen Produkten von ABB für getriebelose Mühlenantriebe zusammen.»

Inzwischen hat sich auch das als Fehleinschätzung erwiesen. Bergbauunternehmen investieren deutlich weniger, weil der Nachfrageboom nach Rohstoffen aufgrund der Wachstumsschwäche in China vorbei ist.

«Zum damaligen Zeitpunkt war bedeutendes Wachstums- und Synergiepotenzial mit unserem bestehenden Portfolio zu erwarten», sagt die ABB-Sprecherin. «Dass die Entwicklungen am Markt anders ausfallen würden, war nicht abzusehen.»