Startseite
Wirtschaft
Jens Alder ist Präsident und Chef des Energiekonzerns Alpiq. Im Interview spricht er über endlich steigende Strompreise und über das umstrittene 70-Franken-Angebot seiner Grossaktionäre, die damit die Kleinanleger aus dem Unternehmen drängen wollen.
Mit der Schweizer Wasserkraft hat Alpiq im ersten Halbjahr einmal mehr Verluste eingefahren. Trotzdem setzen Sie verstärkt auf diesen Bereich. Warum?
Jens Alder: Das ist der Ursprung unseres Unternehmens. Wir wissen, dass die Schweizer Wasserkraft wieder profitabel wird, und zwar ab nächstem Jahr. Wir haben den Strom der Kraftwerke für die Jahre 2020 und 2021 schon verkauft, das wird profitabel. Die inländische Stromproduktion ist für die Schweiz existenziell wichtig.
Sie erwarten eine wirtschaftliche Renaissance der Schweizer Wasserkraft?
Die Strompreise sind heute viel höher als vor zweieinhalb Jahren, als wir den heute produzierten Strom verkauft haben. Die Preiskurve zeigt nach oben.
Warum?
Man sieht eine Verknappung beim Angebot, etwa durch die vielen Kraftwerke, die in Deutschland abgeschaltet werden. Wenn man sieben Atomkraftwerke, davon vier im süddeutschen Raum, bis Ende 2022 ausser Betrieb setzt, dann fehlt dieser Strom. Kohlekraftwerke werden auch noch abgeschaltet. Das soll zu einem Grossteil durch Windkraft- und Solaranlagen ersetzt werden. Bei einer Dunkelflaute fliesst allerdings gar nichts. Deshalb ist die Schweizer Wasserkraft wichtig.
Sie können davon auch ohne Stromabkommen mit der EU profitieren?
Ja, aber der Zugang zu den kurzfristigen EU-Märkten ist erschwert. Dies schränkt unsere Möglichkeiten ein, die Flexibilität unseres Kraftwerkparks optimal einzusetzen und benachteiligt uns gegenüber den europäischen Mitbewerbern. Zudem sind wir von der Diskussion über künftigen Regulierungsmassnahmen als Nicht-EU-Mitglied ausgeschlossen. Wir können nicht mal mitreden. Der Strommarkt wird aber immer ein reguliertes Geschäft bleiben, weil er volkswirtschaftlich wichtig ist. Aus Unternehmenssicht muss das Stromabkommen zustande kommen. Volkswirtschaftlich ist es sogar noch dramatischer. Wir sind ein Importland – ohne Staatsvertrag. Eine gewagte Strategie!
Sie sehen also Licht am Ende des Tunnels für die Wasserkraft und für die Alpiq. Davon haben Ihre Kleinaktionäre allerdings nichts, denn die sollen ihre Anteile auf Wunsch der drei Grossaktionäre für 70 Franken pro Aktie andienen – trotz teilweise herber Verluste, die sie mit der Aktie gemacht haben. Finden Sie das fair?
Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass der Preis höher oder tiefer sein sollte. Erstens haben EDF, der zweitgrösste Stromkonzern der Welt, und CSA, die grösste Anlagelösung im Bereich der Schweizer Energieinfrastruktur sich auf einen Preis von 70 Franken geeinigt. Zweitens war der Aktienpreis an der Börse in dieser Grössenordnung und drittens kam die Fairness Opinion zum Schluss, dass der Preis von 70 Franken aus finanzieller Sicht fair und angemessen ist.
Manche haben 400 Franken pro Aktie bezahlt.
In den letzten zehn Jahren sind alle Bewertungen im europäischen Stromsektor südwärts gegangen. Niemand konnte den heftigen Strompreisverfall vorhersagen. Hätten wir das gewusst, hätten wir uns anders aufgestellt.
Wenn der Verkauf abgewickelt ist, endet dann auch Ihr Doppelmandat als Präsident und CEO?
Das Doppelmandat hatte den Hintergrund, das Unternehmen nach dem Überlebenskampf zu stabilisieren. Grundsätzlich ist es sicherlich nicht das beste Governance-Modell und man sollte das nicht ewig halten. Der VR hat dieses Thema sorgfältig geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass das Doppelmandat für Alpiq derzeit die beste Lösung ist.