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Nach einer epischen Krise kann der Stromkonzern erstmals seit fünf Jahren wieder eine Gewinnausschüttung vornehmen.
Alpiq will seinen Aktionären erstmals seit Frühjahr 2015 wieder eine Dividende auszahlen. Formell obliegt der Entscheid über die Ausschüttung von 46 Millionen Franken beziehungsweise 1,4 Franken pro Aktie zwar der Generalversammlung. Doch diese besteht nach der im vergangenen Jahr abgeschlossenen Übernahme nur noch aus drei (juristischen) Personen: Der Westschweizer Stromwirtschaftsholding «EOS», der «Schweizerischen Kraftwerkbeteiligung» – einer von der Credit Suisse verwalteten Anlagegruppe für institutionelle Investoren, sowie dem «Konsortium Schweizer Minderheitsaktionäre», einem Verbund verschiedener regionaler Stromverteiler. Die drei Gruppen teilen sich paritätisch das Aktienkapital und ebenso kontrollieren sie den Verwaltungsrat.
Dieses «stabile Aktionariat», wie sich Präsident Jens Alder am Donnerstag in der Bilanzmedienkonferenz ausdrückte, erntet nun die Früchte einer langen und radikalen Restrukturierung, die den Konzern nach zuletzt drei Verlustjahren 2020 wieder in die schwarzen Zahlen zurückgebracht hat. Trotz eines Umsatzes, der unter anderem als Folge des Verkaufs von zwei tschechischen Kohlekraftwerken um knapp fünf Prozent auf 3,9 Milliarden gesunken ist, verbesserte sich das Ergebnis von einem Minus in Höhe von 268 Millionen Franken im Jahr 2019 auf ein Plus von 110 Millionen Franken
Profitiert hat Alpiq hauptsächlich vom Umstand, dass die jeweils mehrere Monate zum Voraus verkaufte Schweizer Stromproduktion heuer deutlich bessere Preise erzielte als im Vorjahr. Auch im Stromhandel machte Alpiq dank eines pandemiebedingt stark schwankenden Nachfrageverhaltens deutlich bessere Geschäfte als 2019.
Operativ, also ohne Sonderbelastungen wie zum Beispiel die Wertschwankungen im Stilllegungs- und Entsorgungsfonds für die Schweizer Atomkraftwerke oder die von der Strompreisentwicklung abhängigen Bewertungsschwankungen des Pumpspeicherkraftwerkes Nant de Drance, hatte Alpiq allerdings schon 2019 ein positives Ergebnis von 110 Millionen Franken ausgewiesen. Dieses hat sich im Berichtsjahr aber ebenfalls auf 262 Millionen Franken verbessert.
Mit der erhöhten Ertragskraft und vor allem durch den massiven Abbau der Bilanzschulden von einst mehr als vier Milliarden Franken auf noch rund 250 Millionen Franken hat Alpiq die Dividendenfähigkeit zurückerlangt. Gemessen am Eigenkapital des Konzerns von 3,7 Milliarden Franken ergibt die aktuelle Dividende allerdings immer noch eine sehr bescheidene Rendite von 1,2 Prozent.
Alpiq hoffte diese in den kommenden Jahren mit Hilfe einer neuen Wachstumsstrategie verbessern zu können. Geplant ist ein Ausbau des Handels- und Vertriebsgeschäft gepaart mit Optimierung im Kraftwerkportfolio. Als «Kerngeschäft» bezeichnet Alpiq die Erzeugung von Wasserkraft- und Kernenergie in der Schweiz sowie den Betrieb von Gaskraftwerken in Italien, Spanien und Ungarn wie auch Wind- und Photovoltaikanlagen in mehreren europäischen Ländern.
Die Umsetzung der Strategie obliegt ab kommender Woche der neuen Chefin Antje Kanngiesser, die Alder in dessen temporären Funktion als operativer Leiter ablöst. Die frühere BKW-Managerin wird sich sogleich um einen neuen Finanzchef bemühen müssen. Der bisherige Stelleninhaber Thomas Bucher hat nach fünf Jahren überraschend den Austritt angekündigt. Bucher war eine Schlüsselfigur in der grossen Restrukturierung und Alders wichtigster Mann. Möglicherweise wird nun auch Alder nach fünf Jahren Alpiq an eine Luftveränderung denken müssen. Er ist der einzige Verwaltungsrat, der nicht direkt einer der drei Aktionärsgruppen zugeordnet werden kann.