ALTERSVORSORGE: Pensionskasse oder freiwillige dritte Säule?

Wer fürs Alter spart, sollte sich im Klaren sein, wie er den Ruhestand angehen will. Zwei Experten geben Tipps für verschiedene Lebensplanungen.

Rainer Rickenbach
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Die Finanzierung des Ruhestandes soll gut organisiert und frühzeitig angegangen werden. (Bild: Keystone)

Die Finanzierung des Ruhestandes soll gut organisiert und frühzeitig angegangen werden. (Bild: Keystone)

Maximal 6739 Franken können Angestellte dieses Jahr an den Einkommenssteuern vorbei fürs Alter sparen. Zugriff auf das gesparte Geld in der «dritten Säule A» haben sie fünf Jahre vor dem gesetzlichen Rentenalter: Die Frauen mit 59, die Männer mit 60.

Gemäss der schweizerischen Sozialversicherungsstatistik hatten Frau und Herr Schweizer Ende 2012 knapp 84 Milliarden Franken bei Pensionskassen und anderen staatlich anerkannten Vorsorgevehikeln angelegt. Davon entfallen rund 3,28 Milliarden auf die freiwillige Säule 3a bei Banken und Versicherungen. Im ersten Teil unseres Service-Zweiteilers (Ausgabe vom 3. April) erklärten unsere beiden Vorsorgeexperten, welche Vorsorgeprodukte für eine Frau kurz vor der Pensionierung, für einen Mann im mittleren Alter und einen Familienvater (57 Jahre alt) mit familiären Verpflichtungen am besten taugen. Und ob für sie eine dritte Säule bei einer Bank oder bei einer Versicherung mehr Sinn macht.

Strategie je nach Ausgangslage

Heute drehen sich die Fragen darum, was die Beispielpersonen vorkehren können, damit sie ihre 3a-Ersparnisse vor oder bei der Pensionierung möglichst steuergünstig beziehen können.

Ebenfalls ein Dauerbrenner: Wann macht es Sinn, sich bei der Pensionskasse einzukaufen, statt auf das Konto der freiwilligen dritten Säule einzuzahlen? Auch hier gilt: Die Tipps sind nur so gut, wie sie zur individuellen Situation kurz vor oder bei Renteneintritt passen. Wer zum Beispiel vermögend ist und aus seinen Investitionen gute Renditen erzielt, kann zwar mit der dritten Säule Einkommenssteuern sparen, zur Finanzierung von Pensenreduktionen in den letzten fünf Arbeitsjahren dürften sie für ihn indes eine geringe Rolle spielen. Ganz anders verhält es sich bei Angestellten, die knapp rechnen müssen und für die sich eine geringe Rente abzeichnet. Ein Gespräch mit einer Fachperson lohnt sich auf jeden Fall.

Frau, alleinstehend, angestellt, 60 Jahre alt

Sie will bis 64 voll durcharbeiten. Das Monatseinkommen beträgt 7500 Franken brutto. Die Frau hat bis dann auf der dritten Säule 120 000 Franken angespart. Sie versteht die Säule 3a als Sackgeld und will nach ihrer Pensionierungen ein paar lange Reisen damit finanzieren.

Worauf sollen Sie schon früh achten, damit Sie später bei der Auszahlung die 3a-Vorsorgegelder steuergünstig fahren?
Tim Zemp: Es ist unbedingt darauf zu achten, dass das Säule-3a-Kapital auf mehrere Guthaben verteilt ist. So kann ein Bezug über mehrere Jahre verteilt erfolgen, was zu einer wesentlich tieferen Steuerbelastung führt.

Ruth Stadelmann: Ich empfehle, dass die Einzahlung Säule 3a auf ein neues Vorsorgekonto erfolgt. Die Vorsorgekonti können dann in unterschiedlichen Kalenderjahren bezogen werden. Damit reduziert sich die Sondersteuer bei der Auszahlung.

Wären die 6739 Franken pro Jahr nicht besser mit einem Einkauf bei der Pensionskasse angelegt?
Tim Zemp: Entscheidend ist, dass das Geld nach der Pensionierung für Reisen zur Verfügung stehen soll. Wurden in den letzten 3 Jahren vor der Pensionierung Einkäufe in die Pensionskasse gemacht und wird dann ein Kapitalbetrag bezogen, müssen die gesparten Einkommenssteuern wieder zurückbezahlt werden. Bei der Säule 3a ist dies nicht der Fall. In dieser Situation ist also die Säule 3a der bessere Weg.

Ruth Stadelmann: Ein Einkauf in die Pensionskasse ist zu prüfen: Wie ist das Kapital in der 3. Säule angelegt? Wie hoch schätzt die Frau das Reisekapital? Kann aus der Pensionskasse Kapital bezogen werden? Die Risiken vorzeitiger Tod, Bonität der Pensionskasse usw. sind aber zu beachten. Ist ein BVG-Kapitalbezug geplant, müssen zwischen Einkauf und Kapitalbezug mindestens drei Jahre liegen.

Verheirateter Familienvater mit Kindern, 57 Jahre alt

Die Jüngste hat mit dem Studium begonnen, die älteren verdienen ihren Lebensunterhalt selbst. Das Monatseinkommen der Eltern beträgt brutto 12 000 Franken. Der Vater hat bis jetzt 160 000 Franken in der Säule 3a angespart. Er braucht das Geld zum Beistand der Tochter, möchte aber ab 60 sein Arbeitspensum um 20 Prozent reduzieren. Den Lohnausfall finanziert er über 3a.

Worauf sollen Sie schon früh achten, damit Sie später bei der Auszahlung die 3a-Vorsorgegelder steuergünstig fahren?

Tim Zemp: Ein gestaffelter Bezug der Gelder ist aus steuerlichen Gründen ratsam. Deswegen ist schon bei den Einzahlungen darauf zu achten, dass mehrere Säule-3a-Guthaben aufgebaut werden. Es ist empfehlenswert, eine weitere Säule 3a abzuschliessen und neu nur noch da einzuzahlen.

Ruth Stadelmann: Für diesen Familienvater mit Alter 57 ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, eine Planung vorzunehmen. Einerseits hat er einen Liquiditätsplan über seine mutmasslichen Ausgaben der nächsten Jahre aufzustellen. Andererseits sind Einkommensquellen zu definieren, womit diese Ausgaben gedeckt werden. Dabei lässt sich sowohl das Kapital in der Säule 3a als auch jenes in der Pensionskasse in die Planung miteinbeziehen.

Wären die 6739 Franken pro Jahr nicht besser mit einem Einkauf bei der Pensionskasse angelegt?

Tim Zemp: Die Säule 3a eignet sich besser als Pensionskasseneinkäufe. Das Geld soll bald wieder zur Verfügung stehen, bei der Pensionskasse müssen jedoch mindestens 3 Jahre abgewartet werden. Je nach Pensionskasse kann trotz Pensenreduktion eventuell erst im Alter 65 Geld bezogen werden.

Ruth Stadelmann: Dies muss der Familienvater prüfen. Wie ist der Deckungsgrad der Pensionskasse? Wie regelt das Pensionskassenreglement eine Früh- oder Teilpensionierung? Lassen sich durch Übertragung von Kapitalien der Säule 3a auf die 2. Säule vorteilhafte Effekte erzielen? Es lohnt sich, diese Fragen genau abzuklären, die verschiedenen Varianten zu vergleichen und die für den Familienvater vorteilhafteste Variante umzusetzen.

Alleinstehender Mann, angestellt, 45 Jahre alt

Mit einem Monatseinkommen von momentan 6000 Franken brutto hat sich der Angestellte zum Ziel gesetzt, mit 60 in Rente zu gehen und in ein preisgünstiges Land mit viel Sonne und Strand auszuwandern. Die frühzeitige Pensionierung will er mit einer neuen dritten Säule und seinem Pensionskassengeld ermöglichen.

Worauf sollen Sie schon früh achten, damit Sie später bei der Auszahlung die 3a-Vorsorgegelder steuergünstig fahren?

Tim Zemp: Mehrere Guthaben machen auch hier Sinn. Es ist jedoch beim Bezug zu prüfen, ob zuerst die Abmeldung in der Schweiz gemacht und erst dann die Guthaben bezogen werden. In diesem Fall kommt nach heutiger Gesetzgebung die Quellensteuer zum Tragen, welche im Vergleich zur normalen Besteuerung von 3a-Bezügen unter Umständen zu einer tieferen Steuerbelastung führt.

Ruth Stadelmann: Von Zeit zu Zeit sind neue Vorsorgekonti zu eröffnen und mit den jährlichen Einlagen zu speisen. Im Hinblick auf den Auslandaufenthalt sind Bankstiftungen mit Sitz im Kanton Schwyz zu wählen. Dort kennt man momentan die günstigste Quellensteuer.

Wären die 6739 Franken pro Jahr nicht besser mit einem Einkauf bei der Pensionskasse angelegt?

Tim Zemp: Die Pensionskasse bietet in der Regel eine garantierte Verzinsung, welche vom Bundesrat definiert ist. Aktuell ist dieser Zins höher als der durchschnittliche Zins auf einem 3a-Konto. Bei der Säule 3a besteht jedoch die Möglichkeit der Anlage-Auswahl. Dadurch steigt die Renditeerwartung – aber auch das Risiko.

Ruth Stadelmann: Die Risiken vorzeitiger Tod und Bonität der Pensionskasse sind zu berücksichtigen. Da bis zum Erreichen des Pensionierungsalters noch ein beträchtlicher Zeitraum liegt, ist die Entwicklung der Gesetzgebung sowohl auf Vorsorgeseite (Säule 2 und 3a) als auch auf der Steuerseite aktiv mitzuverfolgen. Hier ist laufend mit Änderungen zu rechnen, welche dann neu zu berücksichtigen sind.

Tim Zemp ist Teamleiter beim VZ VermögensZentrum

Ruth Stadelmann ist Sozialversicherungsfachfrau bei Balmer-Etienne