Arbeiten in der Fremde: Profit und Tücken für Schweizer Unternehmen

Entsendungen von Arbeitnehmern ins Ausland sind eine komplizierte Angelegenheit. Mittlerweile schicken aber auch viele Schweizer KMU ihre Mitarbeiter ins Ausland. Zu beachten sind dabei neben den Vorschriften immer auch Sicherheitsaspekte.

Andreas Lorenz-Meyer
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Austausch von Know-how rund um den Globus: Schindler hat 150 Entsandte in 35 Ländern. (Bild: Schindler)

Austausch von Know-how rund um den Globus: Schindler hat 150 Entsandte in 35 Ländern. (Bild: Schindler)

Europa, USA, Singapur, Thailand, China, Vereinigte Arabische Emirate, Lateinamerika, Australien. Schweizer Unternehmen entsenden ihre Angestellten in Länder rund um den Globus. Sie arbeiten dort eine Zeit lang und kehren dann zurück. Beim Luzerner Lifthersteller Schindler dauern die Einsätze im Schnitt drei bis vier Jahre. Weltweit zählt man über 150 Entsandte in rund 35 Ländern. Jährlich gibt es 40 bis 50 Neustarter, gleich viele kehren zurück. Die Gründe für die Entsendung sind laut Schindler-Sprecher Florian Meier «hauptsächlich Wissenstransfer und die Schliessung von Wissenslücken, wenn es auf dem lokalen Markt an Leuten mit bestimmten Fähigkeiten fehlt». Manchmal geht es auch um Projekte oder individuelle Entwicklungsmöglichkeiten.

So sind gerade 35 junge Mitarbeiter im Ausland, um dort Berufserfahrungen für die nächsten Karriereschritte zu sammeln. Als globales Unternehmen will Schindler «Best Practices austauschen, die Diversität steigern und Talente weiterentwickeln». Die Mitarbeiter lernen dabei im Ausland andere Perspektiven kennen, die sie ins Beschäftigungsland zurückbringen. Das, so Meier, ist für das Unternehmen und die Mitarbeiter gleichermassen von Vorteil.

Entsandte sind deutlich teurer

Die Vorbereitung dauert bis zu sechs Monate. Vieles ist zu beachten: Einwanderung, Steuern, Sozialversicherung, Arbeitsrecht. Mitarbeiter und Familien sind während des Umzugs «bestens betreut». Schindler hilft bei Integration, Familienthemen und Sprachfragen. Dazu gehö­ren interkulturelles Training, Sprachunterricht. Ein spezialisiertes Team koordiniert alle Punkte. Um Sicherheitsfragen kümmern sich die lokalen Gesellschaften im Gastland.

Entsendungen von Schweizern ins Ausland nehmen bei kleineren und mittleren Schweizer Unternehmen mit innovativen Produkten und Dienstleistungen zu, beobachtet Gordana Muggler, Leiterin Global Mobility und HR Services beim Beratungsunternehmen BDO. Die KMU erkennen das Potenzial ausländischer Märkte und entschliessen sich zur Entsendung. Das kann ein Schweizer IT-Unternehmen sein, das spezielle Softwarelösungen anbietet. Oder ein Unternehmen aus der Baubranche. Langzeitentsendungen nehmen ab, kürzere Einsätze nehmen zu.

Entsendungen sind eine ziemlich teure Angelegenheit. Sie kosten Unternehmen im Durchschnitt 150 bis 200 Prozent mehr als eine vergleichbare lokale Anstellung.

Öfter pendeln Entsandte auch zwischen Schweiz und Gastland. «Vorteil einer solchen Lösung ist, dass die Familie in ihrem gewohnten Umfeld bleibt und die Kosten niedriger gehalten werden können.» Entsendungen sind eine ziemlich teure Angelegenheit. Sie kosten Unternehmen im Durchschnitt 150 bis 200 Prozent mehr als eine vergleichbare lokale Anstellung, so Muggler. Und zwar deshalb, weil der Arbeitgeber neben den üblichen Lohnkosten weitere Kosten übernimmt. Dazu zählen Wohnungskosten im Gastland und der Ausgleich höherer Steuern. Wenn die Familie mit umzieht, kommen Flug- und Schulkosten der Kinder dazu. Je nach Land sind auch Entsendeprämie und Härtezulagen angebracht. «Diese machen nicht selten 10 bis 30 Prozent des Gehaltes aus.»

Hohe Strafen bei falschen oder fehlenden Steuerangaben

Die Vielfalt der Entsendungsarten und die Zunahme der Kurzzeitentsendungen sind für die HR-Verantwortlichen in den Unternehmen eine Herausforderung. Denn die Arbeitgeber müssen alle Rechtsvorschriften kennen und die kritischen Punkte vor der Entsendung abklären, «damit der Mitarbeitende im Gastland keine Schwierigkeiten mit den Behörden bekommt». Erste Regel: Vor dem Auslandseinsatz liegt eine gültige Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung im Gastland vor. Zudem müssen die Entsendungsvereinbarungen den arbeitsrechtlichen Minimalanforderungen des Gastlandes in Bezug auf Lohn, Arbeitszeiten, Ferien entsprechen. Es muss klar sein, in welchem Land der Entsandte steuer- und sozialversicherungspflichtig wird. Muggler: «Falsche oder fehlende Steuerdeklarationen oder ein Aufenthalt in einem Land ohne gültige Arbeitsbewilligung oder ohne gültige Entsendebescheinigung können zu sehr hohen Strafen für das Unternehmen und den Mitarbeitenden führen. Sogar zur Ausweisung aus dem Land.»

Es komme immer wieder vor, dass Unternehmen, die wenig Erfahrung mit Entsendungen und den ganzen Rechtsvorschriften haben, nicht alle Aspekte berücksichtigen. «Um Schwierigkeiten zu vermeiden, empfehlen wir den Unternehmen, sich rechtzeitig um alle Punkte zu kümmern und sich, falls notwendig, an professionelle Beratungsfirmen zu wenden, die sich täglich mit diesen komplexen Themen beschäftigen.»

Sicherheit in den Ländern ist zu überprüfen

Die Beachtung der Vorschriften und die Vorbereitung auf eine andere Kultur sind das eine, das andere ist die Sicherheit. Es kann sein, dass es im Gastland viel gefährlicher ist als in der Schweiz. Dass der Entsandte zum Beispiel bestimmte Orte meiden sollte, und das nicht nur nachts. Gerade beim Thema Sicherheit sieht Muggler noch Handlungsbedarf. «Die wenigsten Unternehmen haben das Risikomanagement im Fokus.» Es genüge nicht, den Mitarbeitenden auf ein mögliches Risiko im Gastland aufmerksam zu machen. Stattdessen brauche es eine professionelle Risikoanalyse der Standorte bezüglich Sicherheit, Epidemien oder Terrorgefahren.