ARBEITSMARKT: Mehr Lohn, aber wie?

Vielen Angestellten fällt es schwer, mit dem Chef über das Gehalt zu reden. Dazu gibt es eigentlich keinen Grund. Fachleute sagen, wie man es richtig macht und was man unterlassen soll.

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Lohngespräche für das kommende Jahr gelten für die Chefetage und auch für die Mitarbeiter gleichermassen als unbequem. (Bild: Keystone/Martin Ruetschi)

Lohngespräche für das kommende Jahr gelten für die Chefetage und auch für die Mitarbeiter gleichermassen als unbequem. (Bild: Keystone/Martin Ruetschi)

RAINER Rickenbach

Wer mit zornigem Blick, breiter Brust und starken Worten im Kopf in das Lohngespräch geht, hat schon verloren. Auch unterwürfiges Verhalten am andern Ende der Befindlichkeitsskala ist für diesen Termin nicht Erfolg versprechend. «Die Arbeitnehmenden sollten in Lohngesprächen sich selbst treu bleiben und authentisch rüberkommen. Also nicht arrogant, aber durchaus selbstbewusst», rät Markus Theiler, Geschäftsführer der Personalberatungs­firma Jörg Lienert AG in Luzern. Unaufgeregt und klar sollen die Argumente vorgebracht werden, empfiehlt Verena Glanzmann, die an der Hochschule Luzern lehrt.

Gleiches mit Gleichem vergleichen

Dazu muss man die Argumente zuerst einmal richtig vorbereiten. Denn soll das Lohngespräch gelingen, ist die Vorbereitung die entscheidende Etappe auf dem Weg zum Erfolg. Die Mitarbeitenden müssen sich gemäss Theiler und Glanzmann vor dem Gesprächstermin im Klaren sein, wo sie lohnmässig stehen und wohin sie wollen. Sich selbst im Lohngefüge der Firma und der Branche zu positionieren, ist freilich in der Schweiz nicht ganz einfach. Hierzulande wird mit Lohnsummen diskret umgegangen, und selbst gute Kollegen werden schnell maulfaul, wenn sich das Gespräch um ihr Gehalt zu drehen droht.

«Branchenlöhne lassen sich über Branchenverbände erfragen. Weitere Hilfen sind die Gesamtarbeitsverträge und die verschiedenen Lohnrechner im Internet. Ich stellte zudem fest, dass der Austausch über Löhne bei den Jungen kein Tabu mehr ist», sagt Glanzmann. Wichtig dabei: Gleiches lässt sich nur mit Gleichem vergleichen. Verena Glanzmann: «Lohn-Nebenleistungen wie Parkplätze, Erfolgsbeteiligungen, Fitnesskarten oder Busabos sind ebenfalls lohnrelevant. Sie gehören bei Vergleichen berücksichtigt. Kommt hinzu, dass zahlreiche gut bezahlende Unternehmen für den Lohn auch längere Arbeitszeiten und Flexibilität erwarten.»

Sich selbst gut verkaufen

Wer im Lohngefälle seinen aktuellen Platz ausfindig gemacht hat und findet, er hätte mehr verdient, sollte sich mit Blick auf das Lohngespräch nicht zu sehr darauf stützen, was andere verdienen. «Vergleiche sind heikel, sie taugen mehr für die persönliche Standortbestimmung. Die Lohnverantwortlichen eines Betriebes interessiert vielmehr, was eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter für die Firma tut, welchen Mehrwert sie schaffen», sagt Markus Theiler.

Die Arbeitnehmenden müssen sich und ihre Stärken gut verkaufen. «Was kann nur er? Was bringt es der Firma? Wie hat er sich seit dem letzten Lohnentscheid weiterentwickelt, welche ­Kurse hat er besucht? Wer mehr Lohn will, muss seine Leistungen hervorheben, die das rechtfertigen», nennt er die entscheidenden Punkte, die Vorgesetzten hellhörig machen.

Ein No-Go in Lohngesprächen ist die persönliche finanzielle Lage. Sich damit für mehr Gehalt einzusetzen, gilt als Killerargument. «Überspitzt formuliert: Eine Jacht zu kaufen und danach beim Chef wegen des teuren Unterhalts mehr Lohn einzufordern, geht nicht. Damit disqualifiziert sich der Angestellte selbst», so Theiler. Glanzmann ergänzt: «Der Lohn honoriert im Idealfall, wie viel eine Angestellte dazu beträgt, die Firma vorwärtszubringen. Steigende Krankenkassenprämien oder Ausgaben für die Familie sind dafür kein Argument.»

Die Killerargumente der Chefs

Killerargumente sind auch den Lohnverantwortlichen nicht fremd. Etwa wenn sie die Angestellten wiederholt mit Lohnforderungen auf später vertrösten oder Jahr für Jahr mit dem wirtschaftlichen Umfeld hadern, um die Gesprächspartner abzuwimmeln.

«Es kommt durchaus vor, dass sich bei den Personalchefs und direkten Vorgesetzten eine Gesprächs-Unlust breitmacht, sobald es um Lohnforderungen geht. Ist dem so, hat das Personal gute Gründe, das zu thematisieren. Einen Anspruch auf mehr Lohn gibt es nicht. Doch ehrliche Antworten in einem Lohngespräch stehen den Mitarbeitenden zu», findet Glanzmann.

Variabler Lohnzustupf

Hat das Lohngespräch nichts gebracht, ist das kein Grund zur Resignation. «Die Schweizer Firmen haben zur Zeit Schwierigkeiten mit der Marge. Weniger Gewinn einfahren und höhere Löhne bezahlen, das geht auf Dauer nicht auf. Dafür sollte man Verständnis aufbringen», erklärt Theiler. Für zahlreiche Firmenleitungen stehen deshalb gewinnabhängige, variable Lohnzahlungen – etwa in Form eines Bonus – als Leistungsanreiz im Vordergrund. ­Andere Firmen versprechen sich von indirekten Vergütungen mehr als von direkten Lohnanpassungen. Glanzmann: «Vielleicht handelt es sich um eine bezahlte Weiterbildung oder um eine Verbesserung der Spesen. Sie haben letztlich auch eine Auswirkung auf das Einkommen und sind durchaus als Lohnbestandteil zu verstehen.»

Bild: Grafik: Oliver Marx

Bild: Grafik: Oliver Marx