AUSZEICHNUNG: Krebs-Medikament räumt Preis ab

Ein im Kanton Luzern entwickeltes Medikament hat die Zulassung für die Schweiz erhalten. Und es hat eine dem Nobelpreis ebenbürtige Auszeichnung erhalten.

Roman Schenkel
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Bei der Werthenstein BioPharma GmbH in Schachen (Bild oben) wurde das Krebsmedikament Keytruda (Bild unten) entwickelt. (Bild Dominik Wunderli/PD)

Bei der Werthenstein BioPharma GmbH in Schachen (Bild oben) wurde das Krebsmedikament Keytruda (Bild unten) entwickelt. (Bild Dominik Wunderli/PD)

Roman Schenkel

Die Aktien des amerikanischen Pharmariesen Merck, in der Schweiz bekannt als MSD, sind diese Woche stark nach oben geschossen. Innert Wochenfrist haben sie an der Wall Street um knapp 6 Prozent zugelegt. Der Grund sind einerseits die guten Geschäftszahlen, die Merck diesen Dienstag vorgelegt hat. Der Konzern erwirtschaftete mit 1,8 Milliarden Dollar doppelt so viel Gewinn wie im Vorjahr. Andererseits ist die Merck-Aktie begehrt aufgrund des Optimismus, mit dem das Unternehmen in die Zukunft blickt.

Neuartiger Therapieansatz

Einen gewichtigen Anteil am Optimismus von MSD hat das im luzernischen Schachen entwickelte Krebsmedikament Keytruda. «Keytruda ist ganz klar einer der Hoffnungsträger, die wir in der Pipeline haben», sagt Angelika März, Sprecherin von MSD in Luzern. Keytruda gehört zu den immun-­onkologischen Medikamenten. Der Wirkstoff hat die Funktion eines Antikörpers. Er blockiert auf den Zellen des menschlichen Immunsystems Stellen, wo sonst die Krebszellen andocken und sich damit für das Immunsystem unsichtbar machen. Ein neuartiger Therapieansatz. Dieser bringt dem Unternehmen nicht nur Umsatz ein, sondern auch zünftig viel Ruhm. Gestern erhielt MSD für das Medikament den Prix Galien 2015. Der Preis gilt als dem Nobelpreis ebenbürtig und ist eine der höchsten Auszeichnungen in der Pharma- und Biomedizin-Branche.

Entwickelt und in einer ersten Phase produziert hat das Medikament die Werthenstein BioPharma GmbH in Schachen, eine Tochter von MSD. Sie hat Ende 2013 mit der kommerziellen Produktion des Wirkstoffes Pembrolizumab für den amerikanischen Markt begonnen. Dort wurde das Medikament unter der Bezeichnung Keytruda im vergangenen Jahr zur Behandlung von fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs (Melanom) zugelassen.

Seit Oktober bei uns zugelassen

Seit diesem Sommer ist das Medikament auch in der EU und seit dem 10. September in der Schweiz zur Behandlung des metastasierten Melanoms zugelassen. Anfang Oktober kam Keytruda zudem auf die Spezialitätenliste der kassenpflichtigen Medikamente. «Wir sind in der Schweiz sehr schnell auf diese Liste gekommen», erzählt März. Darauf ist ersichtlich, wie hoch die Kosten für ein Medikament sind. Diese sind enorm. In der Schweiz kostet Keytruda für eine Person mit einem Körpergewicht von 70 Kilogramm laut BAG 117 000 Franken pro Jahr. «Das tönt nach viel Geld, man muss aber die Kosten dem Mehrwert gegenüberstellen», betont März. Denn Keytruda wird bei Patienten eingesetzt, die auf die bisherigen Behandlungen nicht angesprochen haben. «Hier bietet Keytruda eine neue Option», so März.

Verlängertes Überleben

Hinzu komme der Behandlungsfortschritt: «Die Studienergebnisse von Keytruda im Vergleich zur Chemotherapie belegen eine signifikant bessere Ansprechrate und ein signifikant verlängertes Überleben», so die MSD-Sprecherin. Zudem habe das Medikament ein verträglicheres Nebenwirkungsprofil als eine Chemotherapie, sagt März.

Kein Wunder, blickt MSD mit Keytruda optimistisch nach vorne. Das jährliche Umsatzvolumen von immun-­onkologischen Medikamenten wird in den kommenden Jahren auf bis zu 29 Milliarden US-Dollar geschätzt. Allein Keytruda dürfte laut Analysten ein Potenzial von einigen Milliarden US-Dollar haben. Konkurrent Bristol-Myers Squibb hat bereits ein ähnliches Medikament auf dem Markt, andere Pharmafirmen wie Roche forschen mit Hochdruck an der Weiterentwicklung der neuen Medikamentengattung.

600 Angestellte im Kanton Luzern

Wer vermutet, der Standort in Schachen werde nun ausgebaut, liegt falsch. «Für eine langfristige Massenproduktion ist Schachen nicht vorgesehen, Keytruda wird deshalb in den USA und den Niederlanden hergestellt», sagt März. Am Standort in Schachen werde aber bereits an einem neuen immun-onkologischen Medikament geforscht. Der Kanton Luzern ist ein wichtiger Standort für MSD. In Luzern, Kriens und Schachen sind rund 600 Mitarbeitende angestellt.