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Wirtschaft
Der Stromkonzern Axpo schreibt nach einem verlustreichen Jahr wieder Gewinn – und verschärft gleichzeitig die Kritik an Bundesbern.
Nach dem Milliardenverlust vergangenes Jahr schreibt der Stromkonzern Axpo fürs Geschäftsjahr 2016/17 einen Gewinn von 310 Millionen Franken. Die Lage hat sich für den Stromriesen etwas entspannt. Anders sieht es jedoch mit dem Verhältnis zu Bundesbern aus. Der Stromkonzern verschärft seinen Ton gegenüber der Regierung.
Das Bundesamt für Energie (BFE) versprühe bezüglich der Versorgungssicherheit in der Schweiz Zuversicht, während es heute oder morgen zum Blackout kommen könne, schreibt der Konzern in seinem Geschäftsbericht. Axpo-Chef Andrew Walos Botschaft nach Bern ist unmissverständlich: Die Energiestrategie 2050 sei ohne Ausbau der Wasserkraft nicht möglich. Die Versorgungssicherheit sei gerade im Winter alles andere als gegeben.
Für den Ausbau der Wasserkraft, die aktuell knapp 60 Prozent des Stroms in der Schweiz liefert, «stimmen die Rahmenbedingungen einfach nicht», so Walo. Die Ressource Wasser habe gemessen am Marktpreis 50 Prozent an Wert eingebüsst, während die Wasserzinsen für die Nutzung der Ressource für Stromproduzenten gestiegen sei. «Wir fordern klare, marktgerechte Rahmenbedingungen.» Eine Lösung der unhaltbaren Situation sei nicht in Sicht.
Der Optimismus, mit dem die Schweizer Politik heute mit dem Thema Versorgungssicherheit umgeht, sei erstaunlich. Der Konzernchef bezieht sich auf den jüngsten Bericht des BFE. Deckungsgleich mit diesem sagt BFE-Sprecherin Marianne Zünd: «Die Versorgungssicherheit ist auch unter extremen Szenarien in den nächsten rund 15 Jahren gewährleistet.» Warum Axpo nun Blackout-Szenarien an die Wand male, müsse der Konzern schon selber erklären. Geht es nach der Chefin des BFE, Bundesrätin Doris Leuthard, werde das Stromabkommen mit der EU die Versorgungssicherheit zentral stützen.
Doch eine baldige Einigung an dieser Front ist fraglich. «Ich hoffe, ein Stromabkommen mit Europa kommt noch vor meiner Pensionierung», sagt der Axpo-Chef dazu lakonisch. Ein Abkommen ist aus Sicht Brüssels allem voran an ein institutionelles Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU gebunden. Doch die Positionen sind nach wie vor verhärtet: Der Schweizer Strommarkt riskiere damit, von der EU diskriminiert zu werden, so Walo.
Auch die Strommarktöffnung rückt in die Ferne, sagt Walo. Mit dem jüngsten Parlamentsentscheid «zementiert die Regierung den halbgeöffneten Strommarkt», so Walo. Das Parlament entschied letzte Woche, die Wasserkraft mit weiteren Subventionen zu unterstützen. Damit müssen Elektrizitätswerke ihre Preisvorteile, die sie im Stromhandel erzielt haben, nicht mehr an ihre gebundenen Stromkunden weitergeben.
Das bedeutet, dass Privatkunden und das Gewerbe, die feste Preise über Marktniveau zahlen, künftig für den Ausbau erneuerbarer Energien mitzahlen. Stromkonzerne wie Axpo, die ihren Strom vorwiegend zu Marktkonditionen an Grosskunden verkaufen, haben das Nachsehen. Denn die Wasserkraft ist wegen der erodierten Strompreise noch immer unrentabel. Axpo schreibt in ihrem Wasserportfolio fürs Geschäftsjahr 2016/17 einen Verlust von 198 Millionen Franken.
Weit erfreulicher lief hingegen das Auslandgeschäft von Axpo. Der Konzern ist mit 14 000 Megawatt Leistung der führende Vermarkter für erneuerbare Energien in Europa. Der Konzern erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2016/17 dort einen operativen Gewinn von umgerechnet etwa 158 Millionen Franken. Das sind knapp 60 Prozent des totalen Ergebnisses vor Abzug von Zinsen und Steuern.
Axpo-Chef Walo rechnet mit einer steigenden Nachfrage, da im Zuge des Atomausstiegs in EU-Ländern immer mehr Akteure Strom aus alternativen Quellen beschaffen müssen. Auch im europäischen Retail-Geschäft hegt der Stromkonzern ambitionierte Wachstumspläne: Die aktuell etwa 190 000 Lieferpunkte für Strom und Gas im KMU-Segment will der Konzern bis 2021 auf 700 000 steigern.
Bis dahin sollen auch die Grosshandelspreise für Strom wieder steigen, so die Marktprognosen. «Dennoch sind wir operativ weiterhin gefordert», sagt der Axpo-Chef. Die positive Strompreisentwicklung ab 2020 sei keinesfalls längerfristig sichergestellt.