Im Streit um den Verkauf des Baustoffriesen sucht die Firmenführung den Dialog mit Investoren und der Käuferin Saint-Gobain. Dabei präsentiert sie einen überraschenden Vorschlag.
Das Sika-Management und die Verwaltungsräte, die sich gegen den Verkauf an den französischen Grosskonzern Saint-Gobain wehren, signalisierten gestern die Bereitschaft für eine einvernehmliche Lösung im Übernahmestreit. «Sika trifft Investoren» steht als Überschrift in einer Mitteilung, die der Baarer Baustoffkonzern den Medien schickte. Mit der Absicht, einen konstruktiven Dialog zu führen, werde Sika die Lage betreffend die geplante Transaktion zwischen der Familie Burkard und Saint-Gobain mit den Investoren diskutieren, heisst es. Auf Anfrage erklärt Sika-Sprecher Dominik Slappnig: «Wir reagieren auf Anfragen diverser Aktionäre und werden mit einer Anzahl Investoren Gespräche führen.» Zu einem ersten Investorentreffen sei es in London gekommen, weitere Gespräche würden folgen. Zu den grössten Sika-Aktionären gehören UBS, CS, Allianz, Blackrock sowie Oppenheimerfunds.
Auf der Sika-Website findet man die zwölf Seiten umfassende Powerpoint-Präsentation, mit der das Unternehmen ihre Vorbehalte gegen die Übernahme den Investoren erläutert. Darin halten Verwaltungsratspräsident Paul Hälg und CEO Jan Jenisch am Widerstand gegen die geplante Struktur fest. Die Übernahme durch Saint-Gobain beraube die Publikumsaktionäre mit ihrem Kapitalanteil von 84 Prozent eines adäquaten Gegenwerts für die Verschiebung der Kontrollmehrheit. Zudem müssten sie ihre substanziellen Verluste – zumindest teilweise – wieder auswetzen können. Auf allen Ebenen gebe es Interessenkonflikte, heisst es in der Präsentation weiter. Die Komplexität des Ganzen werde das Wachstum von Sika beeinträchtigen.
Die Sika-Führung zeigt sich trotz der Kritik aber offen für einen Dialog und präsentiert Lösungen, um «die offensichtlichen Mängel der Transaktion zu beseitigen» und den «signifikanten Wertverlust der vergangenen Woche rückgängig zu machen».
Das Mörtelgeschäft von Saint-Gobain – Jahresumsatz 2,3 Milliarden Euro – soll in die Sika-Gruppe integriert werden. So würden sich die beiden Unternehmen nicht konkurrieren und Sika könne sich uneingeschränkt entwickeln. Christian Arnold, Analyst bei der Bank Vontobel, sieht den Vorschlag als mögliche Lösung im Konflikt zwischen Saint-Gobain und der Sika-Führung, die für den Fall einer Übernahme mit dem Rücktritt drohte. «Eine Integration des Mörtelgeschäfts unter dem Dach von Sika könnte das Management zum Bleiben bewegen», glaubt er.
Zudem könnten die beiden Unternehmen künftig Synergien nutzen. Ein solcher Schritt würde aber auch Veränderungen in der Struktur der gesamten Transaktion mit sich bringen. Sika würde wohl die Übernahme mit eigenen Aktien finanzieren und müsste eine Kapitalerhöhung durchführen. Saint-Gobain könnte mit dem Erlös aus dem Verkauf ihre Sika-Beteiligung aufstocken. «Ob dies Saint-Gobain unterstützt, ist allerdings äusserst fraglich», sagt Arnold.
Für Marc Possa, der mit dem Sara-Select-Fonds bei Sika investiert ist, macht der Vorschlag aus einem weiteren Grund Sinn: «Dadurch wären die Voraussetzungen gegeben, die Einheitsaktie einzuführen und die krasse Ungleichbehandlung der Aktionäre zu beenden.» Nach der neusten Entwicklung im Übernahmekrimi liegt der Ball nun bei Saint-Gobain, heisst es bei der Zürcher Kantonalbank. Bisher schienen die Franzosen gegenüber den Publikumsaktionären von Sika kaum zu Konzessionen bereit. Eine Stellungnahme gab es gestern nicht.
Anleger schöpfen durch die Aktion der Sika-Führung Hoffnung. Die Aktie legte gestern 2,9 Prozent zu. Seit Bekanntgabe des Aktienverkaufs der Erbenfamilie Burkard an Saint-Gobain am 8. Dezember verlor der Titel gut 20 Prozent. Die Saint-Gobain-Aktien gaben 10 Prozent nach.
Ernst Meier