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Bereits seit Längerem graben kleine und mittlere Brauereien den Grossen der Branche das Wasser ab. Jüngstes Beispiel: am Blue Balls Festival in Luzern wird diesen Sommer statt Heineken, Chopfab ausgeschenkt. Die wahren Gründe dafür bleiben unklar.
Das Blue Balls in Luzern ist eines der grössten Festivals der Schweiz. Jeweils über 100'000 Besucher finden sich rund ums Seebecken ein und nehmen an insgesamt 120 Konzerten und Events teil. Darüber hinaus wird viel gegessen und noch mehr getrunken.
Die grünen Sonnenschirme beim Musikpavillon am Nationalquai zählen dabei seit Jahren zum festen Inventar des Festivals. Der Sponsor dahinter ist Heineken – der Mutterkonzern von Eichhof. Der niederländische Brauriese liefert das Bier samt Ausschank-Equipment für das Festival rund ums Luzerner Seebecken. Doch damit ist nun Schluss. Neu kommt das Festivalbier aus Winterthur, und zwar von Doppelleu Boxer. Die Brauerei sorgte in der Zentralschweiz in den vergangenen Jahren vor allem mit der Marke Chopfab für Furore. Und genau das Bier soll auch vom 19. bis 27. Juli in Luzern ausgeschenkt werden. Das Blue Balls Festival zu beliefern sei ein grosser Schritt, sagt Philip Bucher, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens aus Winterthur. In Luzern würden mehrere Sorten angeboten, damit eine Vielfalt gewährleistet sei.
Blue-Balls-Direktor Urs Leierer erklärt den Bier-Deal gegenüber «20 Minuten» so: «Heineken hatte Vorstellungen, die sich mit den unseren nicht mehr deckten.» Chopfab habe unter anderem folgende Awards gewonnen: Den Swiss Economic Award, acht Mal Gold am Swiss Beer Award 2017 und den World Beer Award 2018. Leierer zieht daraus folgenden Schluss: Chopfab ist das qualitativ beste Bier der Schweiz. Die Marke ist charakterstark, modern und cool.» Gegenüber unserer Zeitung wollte sich Festivaldirektor Leierer nicht mehr zum Thema Bier äussern.
Bei Heineken zeigte man sich ob des neuen Bierlieferanten überrascht. «Wir wollten am Blue Balls eigentlich stärker mit Eichhof präsent sein», sagt Bart de Keninck, Chef von Heineken Schweiz. Denn man sei von Seiten der Festivalbesucher stets dafür kritisiert worden, dass man nicht mit der Lokalmarke Eichhof, sondern eben mit Heineken am Blue Balls präsent war. Die Festivalleitung habe jedoch auf den Ausschank des weltweit bekannten Heineken bestanden, weil das Blue Balls damit seine internationale Ausstrahlung habe unterstreichen wollen. «Dass man nun mit Chopfab auf ein Bier aus Winterthur setzt, ist für uns schwer nachvollziehbar», so de Keninck.
Eichhof beziehungsweise Heineken scheint in jüngster Zeit zusehends Mühe zu haben, das Bier für Grossanlässe in der Region zu liefern. So hatte Eichhof auch das Nachsehen beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest 2019 in Zug oder beim Zentralschweizerischen Jodlerfest.
Rein für die Umsatzzahlen von Heineken Schweiz dürfte der Verlust dieser Aufträge wohl weniger ins Gewicht fallen. Die wichtigsten Absatzmärkte für Heineken Schweiz bleiben der Detailhandel und die Belieferung von Gastronomiebetrieben. Regionale Grossanlässe dienen lokalen Brauereien allerdings als Plattform, um ihr Marktgebiet zu markieren. Denn der Biermarkt bleibt weiter hart umkämpft.
Im Jahr 2008, als Heineken die Brauerei Eichhof übernahm, lag der Konsum pro Kopf und Jahr bei 58 Litern. Letztes Jahr waren es noch gut 54 Liter. Der gesamte Bierkonsum in der Schweiz belief sich im vergangenen Jahr auf 462 Millionen Liter. Davon entfallen rund 122 Millionen auf Importbier (26 Prozent). Die Zahl der steuerpflichtigen Bierbrauereien steigt allerdings weiter an und erreichte letztes Jahr einen neuen Rekordstand. Vor allem gegen diese werden sich die grossen Brauereien des Landes in Zukunft noch mehr behaupten müssen.