Ein Luzerner Start-up will die Versorgungskette in der Nahrungsmittelindustrie transparenter machen. Dies mittel Blockchain-Technologie. Daran arbeiten auch die grosse Firmen der Branche. Sie wollen damit den Handel vereinfachen.
Nichts heikler als der Handel mit Essen. Leicht verderbliche Waren zum einen, die Einhaltung von Terminen und Vereinbarungen zum anderen: Business mit Nahrungsmittel stellt die entsprechenden Akteure vor spezielle Herausforderungen. Abgesehen davon, dass verdorbene Kartoffeln, Milch oder Äpfel nur aus ökologisch-ethischen Überlegungen verwerflich sind, stellt sich aus ökonomisch-nüchterner Sicht die Frage nach der Verantwortung, beziehungsweise wer dafür garantiert, dass Nahrungsmittel in vereinbarter Menge und Qualität von A nach B kommen?
Gregory Arzumanian ist Gründer und CEO der Foodcoin Group AG. Er sagt, dass gerade die heute global gehandelten Rohstoffe oder Fertigprodukte der Lebensmittelindustrie einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt sind. Entsprechend ist notwendig, die Effizienz und Effektivität der ganzen Supply Chain zu erhöhen. Blockchain Technologie ermöglicht die Optimierung der Planung, die Reduktion der Lagebestände und der administrativen Kosten. Zudem erlaubt sie die direkte Kommunikation mit dem Endkunden, was eine Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb erlaubt.
«Der Wettbewerbsdruck macht die Branche auch anfälliger für Tricksereien». Deswegen hat sich Arzumanians die Transparenz der Supply Chain, also der Lieferkette vom Acker des Bauern über internationale Logistikorganisationen und Detailhändler bis hin zum Teller des Konsumenten zur Aufgabe gemacht. Klassischerweise würden sich Produzenten, Händler und Retailer durch Verträge absichern. Das am Technopark Luzern in Root angesiedelte Startup Foodcoin, von Switzerland Global Enterprise zur Gründung in der Schweiz motiviert, will die ganze Lieferkette auf die Blockchain bringen. Dank der Blockchain können Parameter wie Qualität, Menge oder Preis für sämtliche Akteure entlang der Wertschöpfungsklette transparent machen. «Unser System ist so aufgebaut, dass jeder Teilnehmer auch dafür sorgt, dass die gemeinsam definierten Regeln auch eingehalten werden».
Einen Schritt weiter ist man in den USA, wo sich die relevanten Player des Lebensmitteleinzelhandels die Köpfe für entsprechende Projekte zusammenstrecken. Unter der Federführung des Weltgrössten Retailers Walmart arbeiten Firmen wie Nestlé, Unilever oder der Fleischverarbeiter Tyson Foods am Projekt «Food Trust». Die digitale Infrastruktur kommt von IBM. Wie bei Foodcoin, so ist auch das erklärte Ziel von Food Trust die digitale Rückverfolgung von Lebensmittel. Gemäss Walmart-Manager Frank Yiannas nimmt beispielsweise die vollständige Rückverfolgung von Mangostückchen auf dem analogen Weg rund sieben Arbeitstage in Anspruch. Mittels Blockchain daure dies 2,2 Sekunden.
Mittels Blockchain lässt sich demnach jedes Lebensmittel einfach und zuverlässig zurückverfolgen. Dass die Technologie aber auch den Zwischenhandel vereinfacht bewies die Firma Louis Dreyfus Anfang Jahr. Der französische Global Player bei Agrarrohstoffen hat im Januar 2018 die erste vollständige Agrarrohstofftransaktion mit einer Blockchain-Plattform abgeschlossen. Konkret wurde das System anhand einer Sojalieferung von den Vereinigten Staaten nach China getestet.
Gemäss Louis Dreyfus sei dabei die komplette Komplexität der Operation, einschliesslich einer grösseren Anzahl von Teilnehmern abgebildet worden. «Zum ersten Mal im Bereich der Agrarrohstoffe umfasste dieser Handel ein komplettes Set von digitalisierten Dokumenten und automatische Datenanpassung, so dass doppelte Aufgaben und manuelle Kontrollen vermieden wurden», schrieb Louis Dreyfus in einer entsprechenden Medienmitteilung. Die Zeit für die Verarbeitung von Dokumenten und Daten sei um das Fünffache reduziert worden. Zu den weiteren Vorteilen gehörten die Möglichkeit, den Fortschritt des Vorgangs in Echtzeit zu verfolgen, Datenüberprüfung, verringertes Betrugsrisiko und ein kürzerer Bargeldkreislauf. «Eines ist klar: Die digitale Revolution verändert den Rohstoffsektor», bilanzierte Gonzalo Ramirez Martiarena, CEO der Louis Dreyfus Company nach dem Testlauf.