Das iPhone 5 kommt am 28. September

Evolution statt Revolution. Der Hersteller mit dem Apfel-Logo hat das iPhone 5 und neue iPods gezeigt. Nicht mehr – und nicht weniger.

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Henning Steier, London

Apples Marketingchef Phil Schiller hat heute in San Francisco wie erwartet das iPhone 5 vorgestellt. Es ist 7,6 Millimeter dick (18 Prozent dünner als das 4S) und wiegt 112 Gramm (20 Prozent weniger). Das Retina-Display hat einen 4-Zoll-Bilschirm, der mit 1136 x 640 Pixeln auflöst. Das 4S hat ein 3,5-Zoll-Display mit 960 x 640 Pixeln. Die Pixeldichte bleibt mit 326 ppi unverändert. Neu ist die Unterstützung des neuen Mobilfunkstandards Long Term Evolution (LTE), der zwar ungleich schnelleres Surfen ermöglicht, allerdings bisher noch ein Nischendasein fristet.

Im Inneren des neuen Apple-Smartphones werkelt der A6-Prozessor. Er ist 22 Prozent kleiner als der A5, soll aber doppelt so schnelle CPU- und GPU-Berechnungen bieten. Ob dem so ist, werden naturgemäss erst ausführliche Tests zeigen können. Das gilt auch für die versprochenen Akkulaufzeiten – beispielsweise 225 Standby- und 10 Stunden WLan-Zeit mit einer Akkuladung gab Schiller an. Folgendes hat sich auf den ersten Blick bei der 8-Megapixel-Kamera getan, die 25 Prozent kleiner sein soll: Die Aufnahmequalität bei schlechtem Licht soll verbessert und die Linse speziell gehärtet worden sein. Das Bildrauschen soll reduziert worden sein und die Auslösezeit soll 40 Prozent kürzer sein. Ausserdem hat Apple der Kamera einen neuen Panoramamodus spendiert. An der Gehäusefront sitzt nun eine FaceTime-HD-Kamera.

Neue iPods

350 Millionen iPods hat Apple bisher verkauft. Auch für seine Multimediaplayer hatte Apple Neuigkeiten im Gepäck: Der iPod nano hat nun neu ein 2,5-Zoll-Multitouch-Display, Radio und einen Home-Button. Er ist deutlich dünner und leichter als sein Vorgänger und unterstützt Bluetooth sowie Videowiedergabe – was viele Anwender vermissten. Bis zu 30 Stunden Musikwiedergabe verspricht der Hersteller. Die fünfte Generation des iPod touch ist 6,1 Millimeter dünn und wiegt 88 Gramm. Wie das iPhone 5 hat er ein 4-Zoll-Retina-Display, aber nur den A5-Chip des 4S. Neu ist ausserdem die 5-Megapixel-Kamera mit LED-Blitz und der Fähigkeit, 1080p-Videos aufzunehmen. Siri und AirPlay Mirroring werden ebenfalls unterstützt. Nach 40 Stunden Musikhören oder 8 Stunden Videoschauen soll der Player wieder an die Buchse müssen. Apple hat den iPod touch loop integriert: Ein dicker Metallstift lässt sich aus dem Gehäuse ziehen, um daran ein Halteband zu befestigen. Erstmals kommt der Player nicht nur in Schwarz und Weiss, sondern auch in Blau, Gelb und Rot zum Kunden.

600 Millionen Kopfhörer hat Apple bisher aufgeliefert, die aber bisher von unterdurchschnittlicher Qualität waren. Dies sollen die neuen sogenannten EarPods ändern, für deren Entwicklung man sich drei Jahre Zeit gelassen hat.

Eine Technologie namens Wideband Audio soll die Sprachqualität verbessern – allerdings vorerst nicht in der Schweiz. Von den neu drei Mikrofonen profitieren hingegen auch Nutzer hierzulande. Wie bereits durchgesickert, wird ein neuer Dock Connector namens Lightning eingeführt, der 80 Prozent schmaler ist und sich beidseitig einstecken lässt. Für Besitzer alter Kabel wird es Adapter geben. Die Nahfunktechnik NFC, die ein Smartphone unter anderem zur Geldbörse macht, unterstützt das iPhone 5 nicht. Auch von war keine Rede. Bei den Preisen hat Apple nichts geändert. Am 28. September kommt das iPhone 5 in der Schweiz auf den Markt, bereits am 21. September in neun anderen Ländern.

Vielleicht sollte man anlässlich des neuen iPhones und den wie stets im Vorfeld von Apple-Medienkonferenzen geweckten Erwartungen an das Kano-Modell denken. Es wurde 1978 von Noriaki Kano, Professor an der Universität Tokio, vorgestellt und soll helfen, die Kundenwünsche zu erfassen.

Auf das iPhone bezogen: Das erste Apple-Handy steckte 2007 voller Begeisterungsmerkmale. Man denke beispielsweise an das intuitive Betriebssystem, den Touchscreen und das Scrollen. Dann folgten Apps und 2011 Siri. Doch das Staunen von 2007 dürfte Apple wohl vorerst nicht mehr im Publikum erzeugen können. Das war auch 2011 noch anders. Und heute? Viele sprechen über, aber kaum jemand mit Siri. Dies ergab zumindest eine nicht-repräsentative Umfrage unter 20 Journalistenkollegen aus acht Ländern in London – am Rande der Live-Übertragung von Apples Medienkonferenz. Der vor einem Jahr mit dem iPhone 4S lancierte Sprachassistent wurde von iOS-Chef Scott Forstall nur am Rande erwähnt. Man kann nun beispielsweise Sportergebnisse und Tabellen abfragen sowie mit der App OpenTable einen Tisch im Restaurant reservieren. Auch das Publizieren von Status Updates auf Facebook ist nun sprachgesteuert möglich. Einige dieser Erweiterungen der Funktionalität hatte Apple allerdings bereits im Sommer an seiner Entwicklerkonferenz WWDC gezeigt.

Foxconn wieder in der Kritik

Ein Journalist der «Shanghai Evening Post» hat sich nach eigenen Angaben unter anderem in die Produktion des iPhone 5 bei Foxconn eingeschlichen und darüber Tagebuch Zu lesen ist von der wiederholten Aufforderung, unbezahlte Überstunden zu leisten. Ausserdem sollen keine Pausen gestattet worden sein und Arbeiter, die dem Druck nicht standhielten, zehn Minuten in die Ecke gestellt worden sein. Der Journalist hatte nach eigenen Angaben bereits nach einer Schicht starke Rücken- und Armschmerzen. Auch die hygienische Zustände des Werks seien schlimm, schrieb der Autor. Foxconn ist nicht nur für Apple, sondern auch für Unternehmen wie HP und Dell tätig. Der Auftragsfertiger geriet bereits einige Male wegen seiner Arbeitsbedingungen .

Samsung als wichtigster Konkurrent

und kriseln seit geraumer Zeit, Samsung hat sich zum marktdominierenden Smartphone-Hersteller aufgeschwungen. Nicht zuletzt liefert sich Apple diverse mit dem Hersteller, der nun seinerseits ankündigte, auf ein zu drängen, weil es LTE-Patente verletzen soll. Ende Juli meldeten die Südkoreaner zehn Millionen ausgelieferte Exemplare des . 100 Tage nach dem Marktstart sind es nun 20 Millionen, wie das Unternehmen vergangene Woche . Ausgeliefert heisst nicht verkauft, doch die Zahlen sprechen trotzdem Bände.

Im Juli waren es noch 900'000, mittlerweile werden laut Googles Verwaltungsratspräsident 1,3 Millionen Android-Geräte täglich aktiviert. 70'000 davon sind Tablets. Weltweit sollen rund 480 Millionen Android-Geräte im Einsatz sein. , durch laxe Kontrollen im Play Store vergrösserte und langes Warten auf Updates – die aktuelle Version 4.1 läuft erst auf 1,2 Prozent der Android-Geräte – taten der Popularität des Betriebssystem folglich wohl keinen Abbruch. und Games bietet Google Play mittlerweile. 1,5 Milliarden Installationen verzeichnet man pro Monat, insgesamt 20 Milliarden. Apps werden in 132 Ländern verkauft, kostenlose sind in 190 Staaten verfügbar. Mehr als 50 Prozent des Umsatzes werden mit In-App-Käufen erzielt, wie Google Ende Juni an seiner Entwicklerkonferenz I/O bekanntgab.

Insgesamt 2012 weltweit 700 Millionen Smartphones abgesetzt werden. Android dürfte nach Einschätzung der meisten Analysten weiter zulegen, iOS leicht verlieren. Und Windows Phone? Nicht nur Nokia, sondern auch HTC, Acer und Samsung haben Geräte mit Windows Phone 8 angekündigt.

Irreführende Werbung

Die Zeit drängt für Microsoft und seinen Allianzpartner Nokia, Windows Phone aus der Bedeutungslosigkeit herauszuführen. Richten sollen es für die Finnen das . Letztgenanntes Flaggschiff machte aber erst einmal mit für seine Kameraqualitäten Schlagzeilen, die übertünchten, dass Nokia nun wohl die ersten konkurrenzfähigen Windows Phones gebaut hat. Die bisherigen Geräte wie das Lumia 800 erhalten nämlich kein Update auf Windows Phone 8.

Das Marktforschungsunternehmen Canalys hat errechnet, dass das Redmonder Betriebssystem im zweiten Quartal auf drei Prozent der Smartphones lief. Apples iOS kam auf 16, Googles Android auf 68 Prozent. Wenn die Analysten von Strategy Anlaytics richtig liegen und Nokia im abgelaufenen Quartal 10,2 Millionen Smartphones verkauft hat und davon vier Millionen Lumia-Geräte sind, dann sind nach wie vor mehr Smartphones mit Symbian, dem digitaltodgeweihten Betriebssystem, über die Ladentische gegangen. Samsung verkaufte in diesem Jahresabschnitt übrigens 50,5 Millionen Smartphones, Apple 26 Millionen. Das entspricht Markanteilen von 35 beziehungsweise 18 Prozent. Nokia kam auf sieben Prozent.