Airlines probieren Biotreibstoffe aus. Durchgesetzt haben sich diese allerdings noch lange nicht. Die Kosten sind höher, die Infrastruktur ist noch nicht vorhanden. Zudem ist Biosprit gerade auch aus ökologischer Sicht eine fragwürdige Lösung.
Im September landete ein United-Airlines-Flug aus San Francisco kommend in Zürich. Die Boeing 787 hatte 60500 Liter Biotreibstoff getankt, einen Anteil von 30 Prozent an der gesamten Tankfüllung. Auch die niederländische Fluggesellschaft KLM ist bio unterwegs, allerdings nur auf der Kurzstrecke: Seit Mai fliegt man täglich mit 5 Prozent Biokerosinanteil von Amsterdam ins schwedische Växjö. Im Jahr 2016 betankte auch die Lufthansa Group inklusive der Tochter Swiss ihre Flugzeuge am Flughafen Oslo mit einem 5-Prozent-Anteil Biotreibstoff. «Das Biokerosin wurde hier erstmals über das Flughafen-Hydrantensystem verfügbar gemacht», erklärt Swiss-Mediensprecherin Karin Müller. In dem Jahr seien insgesamt rund 5000 Flüge der Airlines Lufthansa Group mit Biotreibstoffbeimischung gestartet.
Hat das herkömmliche, auf Erdöl basierende Kerosin also langsam ausgedient? Wird es abgelöst durch Treibstoff, der aus Palmöl, Algen, Rüben oder Restholz gewonnen wird? Björn Maul vom Zürcher Büro des Beratungsunternehmens Oliver Wyman beurteilt die Lage so: «Ein kompletter Umstieg auf Biotreibstoff findet vorerst nicht statt. Die grossen Mengen, die dafür benötigt würden, könnte die Industrie auch gar nicht liefern.» Um Marketingaktionen handle es sich aber auch nicht.
Einige Fluggesellschaften wollten den Einsatz von Biotreibstoff aus strategischen Gründen forcieren. United etwa plant, bis zum Jahr 2050 seine eigenen Treibhausgasemissionen um 50 Prozent zu reduzieren. Man investierte nach eigenen Angaben 30 Millionen US-Dollar in den Biotreibstoffproduzenten Fulcrum BioEnergy und sicherte diesem zu, 3,8 Milliarden Liter abzunehmen.
Andere Airlines, so Maul, warten dagegen ab. Dass die stetig wachsende Luftfahrtbranche ökologischer werden muss, steht fest. 2016 stiegen die CO2-Emissionen im europäischen Wirtschaftsraum auf 61 Millionen Tonnen, 7,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anstieg wird sich fortsetzen. Momentan ist der Flugverkehr für geschätzt 5 Prozent des Klimawandels verantwortlich. Nicht nur wegen der CO2-Emissionen, sondern auch wegen der klimaerwärmend wirkenden Kondensstreifen, die sich durch den Ausstoss von Russpartikeln bilden. Biotreibstoff könnte diesen Effekt zumindest abschwächen: Laut Studie stossen Flugzeuge bei 50 Prozent Biotreibstoffanteil 50 bis 70 Prozent weniger Russpartikel aus als bei reiner Kerosinfüllung. Das würde gut zu den Verpflichtungen der Branche passen, die ab 2020 CO2-neutral wachsen soll.
Passagiere seien durchaus bereit, für Biotreibstoff mehr zu zahlen, stellt Unternehmensberater Björn Maul fest. Business-Kunden stärker als Last-Minute-Bucher. «Diese Bereitschaft sollte die Airline durch innovative Preismodelle abschöpfen.» Hinzu komme die Kommunikation mit den Unternehmen, deren Angestellte im Flugzeug reisen. Viele Firmen haben Nachhaltigkeitsziele definiert und publizieren Nachhaltigkeitsberichte. Um diese Ziele zu erreichen, sind sie laut Maul bereit, entsprechende Beiträge zu leisten. (alm)
So sieht es das Abkommen Corsia (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) vor, das die UN-Luftfahrtorganisation Icao im Jahr 2016 verabschiedete. Jedoch gibt es grundsätzliche Bedenken: Biotreibstoff benötigt riesige zusätzliche Ackerflächen und verdrängt die Nahrungsmittelproduktion. Die Nichtregierungsorganisation Biofuelwatch warnt vor der grossflächigen Nutzung von Biosprit für Flugzeuge. Der Umstieg würde auf Palmöl basieren, weil es das billigste Pflanzenöl ist. Und Palmöl bedeutet Regenwaldzerstörung.
Biosprit ist ökologisch schwierig; wie immer bei technischen Neuerungen geht es aber vor allem um die Kosten, denn die Tankfüllung macht etwa 30 Prozent der Flugkosten aus. Das Dilemma sieht Maul – wie beim Auto – im Preisunterschied zwischen dem alten Treibstoff und dem neuen. «Fossile Energien sind immer noch am billigsten. Die Folgekosten werden im Preis nicht berücksichtigt.» Bei alternativen Treibstoffen sei das anders. Hier preise man die Kosten für Forschung und Entwicklung ein.
Zwei Faktoren hemmen den Einsatz alternativer Kraftstoffe, sagt Swiss-Mediensprecherin Müller: die Verfügbarkeit und der Preis. «Alternative Treibstoffe kosten ein Vielfaches gegenüber konventionellem Kerosin. Zudem sind die synthetischen Treibstoffe nicht in ausreichenden Mengen verfügbar, es fehlt an stabilen Produktionsketten.» Lufthansa Group und damit auch Swiss hätten aber grosses Interesse am Thema Biosprit.
Was laut Maul für Biotreibstoffe spricht: Regulationen. Kalifornien gibt Unternehmen bestimmte Emissionsziele vor. Bei deren Nichteinhaltung drohen zusätzliche Kosten. Darin läge eine Motivation, auf klimafreundlichere Treibstoffe umzustellen. Wobei der Treibstoff nur einer von vielen Nachhaltigkeitsfaktoren ist, ergänzt Maul: «Wir haben in der Luftfahrt einen enormen technologischen Fortschritt. Die Triebwerke werden immer leistungsfähiger, die Flugzeuge immer leichter. Das alles bringt viel Treibstoffersparnis.»
Beim Ausbau von Biotreibstoff müsse die Versorgung in der logistischen Kette sichergestellt sein. Es braucht Systempartnerschaften mit den Flughäfen und den Mineralölkonzernen, die die Treibstoff-Farmen betreiben, sowie mit Lieferanten und Behörden. Biokerosin befände sich noch in einem frühen Stadium. Knackpunkt bei den Tests sei immer die Frage gewesen, ob der Flugbetrieb auch mit Biotreibstoff stabil und sicher bleibt. Mauls Fazit: «Ja, die Technik ist sicher. Das Produkt ist serienreif.»