PC-Hersteller wie HP und Dell haben den Trendwechsel verpasst und stellen sich um. Als Folge davon werden die klassischen PC- und Notebook-Geräte den Tablets immer ähnlicher.
«Endlich haben wir die Freiheit, die ganz grossen Schritte zu machen», frohlockte Firmengründer Michael Dell Mitte Dezember an der Kundenmesse seines gleichnamigen Computerherstellers in den USA. «Unser Ziel ist es, Computer und Software für Firmenkunden als fixfertige Lösungen anzubieten.» Dell will darüber hinaus Start-ups fördern, seine Marktanteile ausbauen, mehr Verkaufspersonal einstellen – und mehr PCs und Tablet-Computer verkaufen.
Industrieanalysten sind skeptisch, ob Dell mit diesen Rezepten nach dem 25 Milliarden Dollar teuren Rückzug von der Börse die Trendwende schafft. Denn laut Ranjit Atwal, Analyst beim Marktforschungsinstitut Gartner, war 2013 das Jahr, in dem im Computergeschäft ein fundamentaler Wandel stattfand: Tablets und Smartphones, die von Dell und HP, den dominierenden Firmen im PC-Geschäft, als Anhängsel der PCs und Notebooks angesehen wurden, geben jetzt nicht nur technologisch die Richtung vor.
Viel wichtiger: Ihre intuitive Bedienerführung macht sie für viele neue Kundensegmente zum ersten wirklich alltagstauglichen Gerät für den Zugang ins Internet und zu allen damit verbundenen Anwendungen wie Facebook, E-Mail, Online-Fernsehen und Skype. Und weil immer mehr Anwendungen über das Cloud-Computing im Internet laufen, werden Rechenleistung und die installierten Programme auf PCs immer unwichtiger. Die teure Rechenleistung von PCs und Notebooks ist nicht mehr gefragt.
PCs gleichen sich Tablets an
Das zeigt sich laut Gartner in den Absatzzahlen. Im zu Ende gehenden Jahr verkauften die Hersteller noch rund 280 Millionen PCs und Notebooks. Das ist ein Viertel weniger als vor zwei Jahren. Umgekehrt dürften bereits 2015 laut Gartner mehr Tablet-Computer als PCs verkauft werden.
Viele Hersteller tun sich mit diesem Wandel bei Technologien und Kunden sehr schwer. HP und Dell verzeichnen seit drei Jahren kontinuierliche Rückgänge im PC- und Notebook-Geschäft. HP verunsicherte Kunden und Angestellte zusätzlich durch einen strategischen Zickzackkurs: Mal sollte der PC-Bereich ausgegliedert werden, jetzt ist es wieder ein Kerngeschäft. Dell legt zukünftig seinen Schwerpunkt bei integrierten Lösungen für Unternehmenskunden, auch wenn es weiterhin einige Consumer-Geräte geben soll.
Bei den taiwanesischen Herstellern Acer und Asus, die bei günstigen Klein-Notebooks führend waren, brachte das Aufkommen der Tablet-Computer Umsatzeinbrüche zwischen 20 und 30 Prozent pro Quartal. Bei Acer versucht inzwischen der 69-jährige Gründer Stan Shih das Unternehmen zu retten, nachdem in kurzer Folge zwei Firmenchefs wegen katastrophaler Zahlen gehen mussten.
Es gibt aber auch Firmen, die verblüffend gut durch die Krise im PC- und Notebook-Geschäft kommen. Neben Apple und Samsung ist das vor allem der chinesische Konzern Lenovo. In diesem Jahr hat man HP als Marktführer erstmals überholt. Lenovo experimentiert viel mit neuen Geräteformen zwischen Fernseh-Formaten und Mischungen zwischen Smartphones und Tablet-PCs. Zwar erwies sich bisher längst nicht alles als erfolgreich – aber die Chinesen können sich Fehlschläge leichter leisten als ihre angeschlagenen direkten Konkurrenten.
Laut den Gartner-Analysten bringt der rasche Wandel auch neue Chancen. So führt die Verkleinerung der Smartphone-Bildschirme zu einer grösseren Nachfrage nach Notebooks mit Bildschirmen mit Diagonalen von 13 und mehr Zoll.
Und auch bei den PCs bleibt die Entwicklung nicht stehen. Bei vielen Firmen bilden sie weiterhin das gängige Gerät am Arbeitsplatz. Die nächsten PCs werden laut Dell wieder «leichter» und «dünner» sein: Die Rechenleistung beziehen sie aus dem Internet. Sie sind damit nur noch wenig mehr als Anzeigegeräte für Texte und Bilder. Genau wie die Tablet-Computer.