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Das Bundesgericht hat entschieden, dass die UBS Zehntausende Kundendaten an Frankreich ausliefern muss. Der Schweizer Finanzplatz fürchtet sich vor den Folgen des Urteils des Bundesgerichts. Doch die Angst ist übertrieben, findet Andreas Möckli, Ressortleiter Wirtschaft.
Die Türen stehen weit offen. Will ein ausländischer Staat an Kundeninformationen von Schweizer Banken gelangen, ist dies nun noch einfacher als zuvor. Dafür hat das Bundesgericht mit seinem heutigen Urteil gesorgt. Die Richter haben entschieden, dass die UBS Zehntausende Kundendaten an Frankreich ausliefern muss. Es setzt die Hürden für die Amtshilfe für Staaten sehr tief an, die von der Schweiz Informationen über mögliche Steuersünder erhalten möchten. Schon zuvor ist das Bundesgericht ausländischen Staaten mit seinen Urteilen weit entgegen gekommen.
Wie das Urteil des höchsten Schweizer Gerichts genau zu interpretieren ist, wird erst die schriftliche Fassung zeigen. Immerhin lassen die mündlichen Äusserungen der Richter auf Folgendes schliessen: Es kann bereits genügen, wenn ein Bankkunde auf einer Liste auftaucht, die im Rahmen einer Strafuntersuchung im Ausland zustande gekommen ist. Banken und Finanzplatzkenner erwarten nun, dass andere Staaten die neue Praxis der Schweiz nutzen werden, um mit einem möglichst grossen Netz auf die Jagd nach Steuersündern zu gehen.
Dennoch erscheint die Befürchtung überzogen, wonach nun alle ausländische Kunden von Schweizer Banken unter dem Generalverdacht stehen würden, Steuern zu hinterziehen. Das Bundesgericht hat die besonderen Umstände des UBS-Falls gewürdigt. So besassen die betroffenen französischen Kunden ein Nummernkonto. Und das wurde tatsächlich in vielen Fällen dazu benutzt, Gelder vor dem Fiskus zu verstecken.
Ohnehin ist fraglich, inwieweit ausländische Staaten auf der Suche nach Steuersündern überhaupt noch im grossen Stil in der Schweiz fündig werden. Eine Grosszahl von Kunden hat mit den Steuerbehörden reinen Tisch gemacht. Schliesslich tauscht die Schweiz seit kurzem mit vielen Ländern automatisch Informationen über Bankkonten aus. Die Ankündigung allein hat den Druck auf Steuersünder nochmals erhöht, die Schwarzgelder gegenüber den eigenen Behörden offenzulegen.
Die Anwälte der UBS sagten nach dem Prozess, der Entscheid sei für die Kunden mit einem Schweizer Konto ein «fatales Signal». Inwieweit sich die Bank aber tatsächlich um das wohl der Kunden kümmert, ist fraglich. Ihr ging es im konkreten Fall vor allem darum, zu verhindern, dass die französische Steuerbehörde die Kundendaten an die dortigen Strafermittler weiterreicht. Denn genau das muss die Bank befürchten. Gegen die UBS läuft in Frankreich ein Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
Die offizielle Schweiz soll nun Frankreich nochmals klar machen, dass die Daten nicht im besagten Prozess verwendet werden, finden die Bundesrichter.
Ob dies mehr als ein frommer Wunsch bleibt, wird sich zeigen.