EBM
EBM investiert auch in Dreckschleuder

In einer Sowohl-als-auch-Strategie setzt die EBM auf alle verfügbaren Formen der Stromerzeugung. Ihr Engagement für ein Norddeutsches Kohlekraftwerk stösst am Standort aber auf Kritik.

Drucken
Uneinig

Uneinig

bz Basellandschaftliche Zeitung

Daniel Haller

Eigentlich will die Elektra Birseck (EBM) mitteilen, dass sie sich im norddeutschen Brunsbüttel mit 20 Millionen Franken an einem Kohlekraftwerk beteiligt. Sie beginnt das Communiqué aber mit dem Hinweis darauf, dass sie vor kurzem 70 Millionen Franken in erneuerbare Energie investiert habe. Das deutet auf Unbehagen bei den Verfassern hin - zu Recht: Ein modernes Kohlekraftwerk ohne Kraft-Wärmekopplung erreicht einen Wirkungsgrad von 46 Prozent.

«Jedes zweite Schiff bringt somit aus Übersee Kohle, nur damit hier das in die Elbe eingeleitete Kühlwasser geheizt wird», erläutert Arne Firjahn, Sprecher der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe aus Brunsbüttel (BGKU).

Knackpunkt Treibhausgas-Emission

«Ein Kohlekraftwerk ohne Kraft-Wärme-Koppelung, wie es in Brunsbüttel geplant ist, erzeugt fast viermal so viel CO2 wie ein gleich grosses Gaskraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung», betont Arne Firjahn, Sprecher der Kraftwerks-Gegner. Von den 10 Millionen Tonnen CO2, welche beiden geplanten Kraftwerks-Blöcke in Brunsbüttel ausstossen würden, entfielen auf den EBM-Anteil 167 000 Tonnen pro Jahr. «Soviel Kohlendioxid kann die EBM mit allen denkbaren lokalen Initiativen gar nicht einsparen, wie durch eine Kraftwerksbeteiligung bei Südweststrom zusätzlich erzeugt werden.» Dazu komme ein wirtschaftliches Risiko: CO2-Zertifikate müssten ab 2013 gemäss EU-Kommission ersteigert werden, was für Betreiber von Kohlekraftwerken das Risiko enthalte, dass der Preis deutlich steige.

Dieses Risiko habe man angeschaut, betont dagegen EBM-CEO Hans Büttiker. Sobald der Emissions-Preis für eine Tonne CO2 40 Franken übersteige, werde man eine Anlage bauen, um das CO2 zu verflüssigen und in die Erde zu pumpen. Und eine Kraft-Wärme-Koppelung sei in Brunsbüttel nicht möglich, da dafür das Kraftwerk in einer Stadt mit Abnehmern stehen müsste. In Brunsbüttel könne man dagegen die Kohle direkt vom Schiff ins Kraftwerk verfrachten, und auch das Kühlwasser könne direkt ins Meer geleitet werden. (dh)

EBM wehrt sich gegen Kritik

«Das ist bei Kohlekraftwerken immer so», wehrt Hans Büttiker, CEO der EBM, die Kritik ab. Die BGKU sei eine nur kleine, grüne Gruppierung, die Brunsbütteler Stadtbehörden würden hingegen hinter dem Projekt stehen.

Die EBM setze zwecks Versorgungssicherheit auf Risikoverteilung: «Wir beziehen in der Schweiz Strom aus Wasser- und Atomkraft, aus Südeuropa aus Wind- und Solaranlagen, aus Frankreich aus Gas-, und nun aus Deutschland aus Kohlekraft.»

Die EBM habe vom einen der zwei in Brunsbüttel geplanten 900-Megawatt-Blöcke einen Anteil von 30 Megawatt gezeichnet. «Deutschland produziert aktuell 44 Prozent seines Strombedarfs mit Kohle», erklärt Büttiker. «Zumindest der erste Block des Kraftwerks wird so oder so gebaut, ob sich nun die EBM mit 30 ‹Megawättli› beteiligt oder nicht. Wir sind nur ein Mitfahrer.»

Die deutsche Südweststrom habe die Beteiligungen ausgeschrieben, rund 50 Investoren hätten zugegriffen. Die Beteiligung der EBM zähle zum Mittelfeld, und die EBM werde knapp einen Zehntel ihres Stroms aus Brunsbüttel beziehen: Bei einer jährlichen Betriebsdauer von 5000 Stunden erzeugen die von der EBM finanzierten 30 Megawatt Kapazität 150 Gigawattstunden.

Grossinvestor ausgestiegen

Dagegen betont Firjahn im Namen der Kraftwerksgegner, dass der spanische Energiekonzern Iberdrola, der sich ursprünglich mit 51 Prozent am Steinkohlekraftwerk beteiligen wollte, ausgestiegen sei - «wegen wachsender Zweifel an der Wirtschaftlichkeit», aber auch aus Klimaschutzgründen: Nach dem Beitritt zu «Caring for Climate», einer von der UNO unterstützten Organisation, habe der vormalige Brunsbüttel-Mehrheitsaktionär in ein Gas-Kombi-Kraftwerk ebenfalls in Deutschland investiert.

Kleininvestoren abgesprungen

Firjahn verweist weiter darauf, dass auch Investoren mit einer kleinen Beteiligung, wie die Stadtwerke von drei deutschen Gemeinden, die Gruyère Energie AG sowie der Gemeinderat der Stadt Konstanz, sich für einen Ausstieg aus dem Projekt entscheiden hätten.

Dabei habe in Konstanz eine wichtige Rolle gespielt, dass die Kohle vorwiegend aus Kolumbien kommen solle, wo für den Kohle-Abbau Indianer vertrieben werden und teilweise Kinder zwölf Stunden am Tag arbeiten müssten.

«Stimmt nicht», kontert Büttiker. «Die Kohleverträge sind noch nicht unterschrieben, und derzeit kommt auf dem Weltmarkt die Kohle vor allem aus Afrika.» Dass sich Investoren zurückgezogen haben, führt er auf den Druck zurück, den die BGKU auf Verwaltungs- und Stadträte ausüben würden.

Widerstand auch im Baselbiet

«Es ist eine Katastrophe und absolut verantwortungslos gegenüber kommenden Generationen, wenn weiterhin in solch dreckige Technologien investiert wird», äussert sich Philipp Schoch, Parteipräsident der Grünen Baselland, spontan zum EBM-Engagement in Brunsbüttel. «Wir werden in National- und Landrat versuchen, für solche Investitionen den Spielraum einzuschränken, indem wir ein Gesetz einbringen, das den Bezug von Strom, der nicht CO2-kompensiert ist, verbietet.»