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Die Firma Green baut in Lupfig ein neues Datencenter für 70 Mio. Franken und höchste Ansprüche. Die Gerüchte, dass Google hier seine Informationen speichern möchte, wurde von VR-Präsident Franz Grüter weder bestätigt noch dementiert. Aber er gab einen Hinweis.
Dass das neue Datencenter in Lupfig ausgerechnet «Zürich West 3» heisst, ist den internationalen Kunden geschuldet, die mit «Lupfig 3» wohl wenig anfangen könnten. Die kleine Aargauer Gemeinde kann, zumindest in dieser Hinsicht, aber mit einer Grossstadt mithalten.
Als Green sein erstes grosses Datencenter bauen wollte, war die Standortfrage zentral. Nicht nur eine stabile Stromversorgung und Glasfaseranbindung waren ausschlaggebend, sondern auch Erdbebensicherheit, Hochwasserschutz oder die Nähe zu den Wirtschaftszentren. Lupfig hat sich als ideal herauskristallisiert.
Am Freitag feierte Green zusammen mit Behördenvertretern, Belegschaft und Kunden die Grundsteinlegung zum dritten Datencenter, einem 70 Millionen Franken teuren, komplexen Bau. Die Gerüchte, dass Google hier seine Informationen speichern möchte, wurde von VR-Präsident Franz Grüter weder bestätigt noch dementiert.
Er sagte: «Wir dürfen die Namen unserer Kunden in den meisten Fällen nicht bekannt geben, ich kann aber bestätigen, dass wir einen ‹Hyperscale› dazuzählen dürfen, und wir in Zukunft auch noch weitere nach Lupfig holen möchten.» Hyperscale bezeichnet einen weltweit tätigen Anbieter von grossen Online-Speichern (auch Cloud genannt). Dazu zählen nebst Google auch Microsoft oder Amazon. Mit einiger Sicherheit sind die Gerüchte also wahr.
Die Schweiz ist im Cloud-Geschäft ganz vorne mit dabei – hier lagern rund ein Viertel der Daten Europas. «Zu vergleichen ist das Datennetz mit Schienen», erklärt Grüter. «Wir haben hier in Lupfig einen der grössten Bahnhöfe mit Anschlüssen an alle wichtigen Netze.» Welche Herausforderungen der Bau und Betrieb eines solchen «Bahnhofs» stellt, wird beim Rundgang durch die bestehenden Gebäude klar.
Ein Handvenen-Scanner identifiziert die Mitarbeiter, ein Fingerabdruck wäre zu unsicher, weil der mit einem abgetrennten Daumen ausgetrickst werden könnte. Durch Schleusen wird sichergestellt, dass Personen nur einzeln Zutritt erhalten, Sicherheitspersonal ist auf der ganzen Führung mit dabei. Aufnahmen dürfen keine gemacht werden.
«Verfügbarkeit und Sicherheit sind die wichtigsten Faktoren, deshalb ist die Schweiz für die die Datenspeicherung so attraktiv», sagt Grüter. «Keine Streiks, keine Stromunterbrüche.» Im Notfall sorgen 15 Generatoren mit insgesamt 45 000 PS dafür, dass die Server sieben Tage laufen, bis die Reserven von 500 000 Liter Treibstoff zur Neige gehen.
Weil sie rund 30 Sekunden brauchen, bis sie Strom liefern, stehen in weiteren Räumen 9000 Akkus, die den Betrieb für 20 Minuten überbrücken können. Und der Strombedarf ist nicht gerade gering: Er ist etwa so hoch wie der von Spreitenbach. Und das, obwohl der Betrieb sehr energieeffizient arbeitet, etwa bei der Kühlung: Anstatt den ganzen Serverraum zu kühlen, wird die Luft durch die einzelnen Geräte geleitet. «Sie werden quasi zwangsbeatmet», erklärt Grüter.
All das zeigt, warum die Datencenter nicht nur bei internationalen Riesenfirmen sondern auch bei KMU gefragt sind: Es rentiert für viele Unternehmen nicht, eine eigene Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben. Der Trend zeigt, dass die Dienste von Green auch in Zukunft gefragt sind. Die Investitionen in solche Systeme werden laut Prognosen pro Jahr zwischen 20 und 35 Prozent wachsen.
In den letzten zehn Jahren wurde in der Schweiz weit über eine Milliarde Franken in Rechenzentren investiert. «Auch unser Wachstum ist noch nicht zu Ende. Wir rechnen damit, dass in drei bis fünf Jahren der nächste Ausbauschritt erfolgt»
Darüber freut sich auch die Politik, denn dank Green haben sich ausländische Unternehmen in der Region angesiedelt, 300 Arbeitsplätze wurden geschaffen.
Die Botschaft der Aargauer Behörden überbrachte Regierungsrat Urs Hofmann. Der Volkswirtschaftsdirektor verwirrte die Gäste allerdings, indem er lediglich Zahlen von sich gab. «Das heisst ‹herzlichen Glückwunsch› in ASCII-Code», erklärte Hofmann.
Dieser sei zwar veraltet, trotzdem gebe es Parallelen zum hochmodernen Datencenter: «Nur wenige verstehen es, viele nutzen es.» Die meisten Menschen tun dies täglich, auch wenn sie es nicht wissen: Beim Verschicken von E-Mails, beim Fernsehen, bei der Google-Suche.
Roland Bodenmann, Vizeammann von Lupfig, überbrachte sichtlich stolz die Glückwünsche der Gemeinde: «Hier ist der beste Standort für einen Cloud-Dienst – Lupfig ist sozusagen der Himmel auf Erden.»