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Wirtschaft
Weltweit gesehen nimmt die Frauenquote in Managementpositionen in den letzen Jahren ab. Warum ist aber der Frauenanteil in Schwellenländern höher als zum Beispiel in der Schweiz?
Schlechte Neuigkeiten zum heutigen Tag der Frau: Die ohnehin dünne Vertretung der Frauen in oberen Managementpositionen ist zuletzt noch kleiner geworden. Konkret ist der Frauenanteil von 24 Prozent im Jahr 2009 auf 20 Prozent in diesem Jahr gesunken.
Das geht aus der neuen Studie «International Business Report» der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsfirma Grand Thornton hervor. Sie liegt der az exklusiv vor. Die Experten von Grand Thornton haben für die Untersuchung 11000 Firmen in 39 Ländern befragt. Einbezogen wurden ausschliesslich Firmen in privatem Besitz, also nichtbörsenkotierte Unternehmen. In der Schweiz wurden 75 Firmen befragt, allesamt mittelgrosse Unternehmen mit 50 bis 500 Angestellten.
Und genau diese Schweizer Firmen schneiden im internationalen Vergleich schlecht ab. Während im internationalen Mittel der Frauenanteil in den obersten Managementpositionen bei den erwähnten 20 Prozent liegt, kommt die Schweiz bloss auf 12 Prozent. Nur in Deutschland, Indien, Japan und in den Vereinigten Arabischen Emiraten sind Chefinnen noch seltener als bei uns.
Beste Zeugnisse für weibliche Führungskräfte
Angesichts der Qualifikation der weiblichen Chefs kommentiert Jörg Fischer, Managing Partner bei Grant Thornton in der Schweiz, die tiefe Quote so: «Wir betreuen eine ganze Reihe von Firmen in Privatbesitz mit weiblichen Führungskräften und können sowohl hinsichtlich Fachkompetenz aber auch punkto Sozialkompetenz beste Zeugnisse ausstellen.» Fischer sieht es jedoch positiv: «In der Schweiz besteht für Frauen noch grosses Potenzial.»
Wie aber ist es zu erklären, dass Schweizer Firmen schlechter abschneiden als etwa Unternehmen in Thailand, Russland oder Brasilien? Wieso schlägt selbst der Macho-Staat Spanien die Schweiz um Längen? Für die Grant-Thornton-Experten gibt es zwei Erklärungsansätze:
Erstens: In den grundsätzlich gut abschneidenden Schwellenländern – in Thailand ist fast jeder zweite Chef eine Chefin – gibt es nach wie vor stärkere Familienstrukturen als in den Industriestaaten. Die Kinderbetreuung wird etwa von den Grosseltern übernommen, die oft im gleichen Haushalt leben. Zudem kosten in Asien Tagesmütter und Kindermädchen deutlich weniger als in Europa. Will heissen: Je einfacher eine Mutter ihre Kinder extern betreuen lassen kann, desto höher der Anteil der Chefinnen.
Zweitens: In den Schwellenländern wie China, Russland oder Brasilien sind Frauen und Männer bestens ausgebildet und die Wirtschaft boomt seit Jahren. «Das bringt auch Frauen viele Möglichkeiten, Karriere zu machen», kommentiert Neil Bird von Grant Thornton.
Weil es in vielen Firmen nach wie vor Sexismus gebe, glaubt Bird, dass Frauenquoten «der richtige Weg» seien. Quoten seien zwar nicht «die beste, aber wohl eine notwendige Lösung», um den Frauenanteil nicht nur punktuell zu erhöhen. Manchmal würden Gesellschaften Hilfe brauchen, damit sich etwas verändere.