Rabattschlacht
Er sammelt die besten Black-Friday-Deals – und sagt: «Als Händler hätte ich den Rabatt-Tag nicht in die Schweiz geholt»

Julian Zrotz zeigt auf seiner Webseite die besten Black-Friday-Deals – und profitiert von dem Boom ungemein. Im Interview spricht er über den Kaufrausch, die Kritik an der Rabattschlacht – und er sagt, worauf man achten soll.

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50 Prozent Rabatt auf Dosenbach-Schuhe in Lausanne. Praktisch jeder Händler, Coiffeur oder Metzger macht beim Black Friday inzwischen mit.

50 Prozent Rabatt auf Dosenbach-Schuhe in Lausanne. Praktisch jeder Händler, Coiffeur oder Metzger macht beim Black Friday inzwischen mit.

Jean-Christophe Bott / KEYSTONE

In der laufenden Black Week konnten Schnäppchenjäger bereits von zahlreichen Rabatten profitieren. Am heutigen Black Friday und dem kommenden Cyber Monday werden die Preise weiter rutschen. Um die besten Deals nicht zu verpassen, besuchen zahlreiche Schweizer inzwischen die Webseite blackfridaydeals.ch. Dahinter steckt der 33-jährige Julian Zrotz. Er hat sie 2016 ins Leben gerufen und profitiert nun von dem Boom.

Sie sind sozusagen der Mister Black Friday. Grosse Bevölkerungsteile verbinden mit dem Aktionstag aber Negatives wie Überkonsum und Ausbeutung. Stehen Sie manchmal in der Schusslinie von Kritikern?

Julian Zrotz

Julian Zrotz

Pressedienst

Julian Zrotz: Nein. Der breiten Öffentlichkeit bin ich nicht bekannt. Und im persönlichen Umfeld erlebe ich eher das Gegenteil: Kurz vor dem Black Friday fragen mich meine Freunde jeweils nach den besten Aktionen.

Macht es Ihnen zu schaffen, dass der Black Friday so einen schlechten Ruf hat? Laut einer von Ihnen in Auftrag gegebenen Studie bei Demoscope will ihn jeder zweite Schweizer abschaffen.

Dieses Ergebnis hat mich nicht überrascht. Der Black Friday war vordergründig noch nie beliebt. Günstig einzukaufen ist in der Schweiz vergleichsweise unpopulär. Trotzdem machen die meisten dann trotzdem mit und suchen nach den besten Schnäppchen.

Und besuchen dafür Ihre Webseite. Wie kommt die Auswahl der unzähligen Deals dort zustande?

Entscheidend sind der angebotene Preisabschlag sowie die Bekanntheit und Grösse des Händlers. Ein kleiner, unbekannter Händler hat es schwer, auf unser Portal zu kommen, selbst wenn er Top-Rabatte anbietet. Die grossen Shops schicken uns ihre Angebote mittlerweile proaktiv. Da unsere Reichweite steigt, ist für sie Präsenz auf unserem Portal relativ wichtig. Letztes Jahr hatten wir im November 1,6 Millionen Besuche.

Und wie verdienen Sie damit Geld?

Kommt über die Plattform ein Deal zustande, erhalten wir eine Verkaufsprovision. Die Höhe kann stark variieren. Im Elektronikbereich, wo die Margen tief sind, erhalten wir zum Beispiel ab 1 Prozent. Im Modebereich erhalten wir bis zu 13 Prozent. Wir betreiben das Portal das Jahr hindurch zu zweit. Im Herbst helfen etwa 15 temporäre Mitarbeiter mit.

Fördern Sie mit Ihrem Portal nicht den Überkonsum?

Unser Portal zielt nicht darauf ab, Konsumentinnen und Konsumenten zum Kauf zu motivieren, sondern sie zu informieren. Wir bieten lediglich eine Übersicht der Angebote und verzichten beispielsweise auf Countdowns und Hinweise auf verfügbare Stückmengen. Diese suggerieren oft eine falsche Knappheit und verleiten Kunden zu unüberlegten Käufen. Würden wir Kunden unseriös informieren oder manipulieren, würden sie unsere Plattform das nächste Mal nicht mehr besuchen.

Der Black Friday ist in der Schweiz noch relativ jung – er wurde erst 2015 durch Manor in die Schweiz geholt. Wie ist die Idee für das Portal entstanden?

Auf die Idee bin ich auf meiner Weltreise vor vier Jahren gekommen. Ich hatte davor für Manor und Ochsner Sport gearbeitet und gesehen, wie gut Aktionen funktionieren und welchen Erfolg der Black Friday bei Manor gehabt hatte. Die Leute standen Schlange für 30 Prozent Rabatt. Es war klar, dass sich der Black Friday weiter verbreiten wird. Bieten viele Händler gleichzeitig Rabatte an, hat das auf Kunden eine unglaubliche Sogwirkung.

Wie viele Händler machen denn inzwischen beim Black Friday und Cyber Monday mit?

Ganz genau kann das niemand mehr sagen. Fast jeder Coiffeur oder Metzger bietet in dieser Zeit mittlerweile Rabatte an. Es gibt Schätzungen, dass 75 Prozent aller Händler mitmachen. Auf unserer Plattform zeigen wir Deals von rund 300 Händlern. 2016 waren es nicht einmal 20.

Die Sogwirkung ist unglaublich. Händler können sich dem Black Friday kaum entziehen. Gleichzeitig sabotieren sie damit ihr eigenes Weihnachtsgeschäft.

Die Kritik der Händler kann ich gut nachvollziehen. Als Händler hätte ich den Black Friday nicht in Schweiz geholt. Der Rabatttag ist zwar gut für den mengenmässigen Umsatz, aber schlecht für die Marge.

Trotzdem haben Sie mit Ihrem Geschäft keine Skrupel?

Ich schaue für die Konsumenten. Jeder Händler muss selbst entscheiden, wie er mit dem Black Friday umgeht. Und man muss auch sagen: Die Händler haben dazugelernt und bieten nicht mehr ganze Sortimente zu Spottpreisen an. Sie bestellen Waren eigens für den Black Friday weit im Voraus und planen genau, welche Rabatte sich für sie lohnen. Der Black Friday ist also auch für Händler attraktiver geworden.

Für Konsumenten definitiv auch. Wo gibt es dieses Jahr die besten Schnäppchen? Und worauf gilt es sonst zu achten?

Dieses Jahr macht es sicher Sinn, online einzukaufen. Erstens besteht so keine Gefahr, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Zweitens gibt es online meistens grössere Bestände. Im Laden könnte das gewünschte Produkt eher ausverkauft sein. Von Händler zu Händler kann es ausserdem Preisunterschiede geben – etwa bei Elektronikprodukten. Preise zu vergleichen ist online besser möglich. Ich empfehle ausserdem immer, eine Einkaufsliste zu machen und sich ein Budget zu setzen. Sonst läuft man Gefahr, in einen Kaufrausch zu verfallen.

Zur Person: Julian Zrotz (33) gründete und führt die Preis-Plattformen blackfridaydeals.ch, singlesdaydeals.ch und preispirat.ch. Zuvor war er in verschiedenen Positionen für Schweizer Detailhändler wie Manor und Ochsner Sport tätig. Er stammt aus Malters LU und wohnt heute in Mellingen AG. Am Black Friday habe er erst einmal etwas gekauft – er sei in dieser Zeit jeweils zu beschäftigt um zu shoppen.