Die SIX Swiss Exchange und die Derivatebörse Scoach haben die Handhabe bei Leerverkäufen ausgedehnt. Bisher stützte man sich lediglich auf eine Mitteilung ohne gesetzliche Grundlage.
Die SIX Swiss Exchange und die Derivatebörse Scoach haben die Handhabe bei Leerverkäufen ausgedehnt.
Neu sind Leerverkäufe erlaubt, wenn der Verkäufer in der Lage ist, den Verkauf innert der dafür gesetzten Frist abzuwickeln und die Titel fristgerecht zu liefern. Die Regularien treten am 11. November in Kraft, wie die SIX Group am Donnerstag mitteilte.
Leerverkäufer, die ihre Aktien oder Bonds gar nicht besitzen (Naked Short Seller), sind mit der Finanzkrise zu Tode reguliert worden. Aber wie sieht es mit den Käufern von Assets aus, die ihre Güter ebenfalls nicht besitzen und (oft) mit (zu) viel Fremdkapital arbeiten? Diese Naked Long Buyer findet man laut «Economist» oft am Immobilienmarkt, wo sie die gleichen Sünden begehen wie die Short Seller. Sie würden die Immobilienpreise explodieren und sich im Notfall vom Staat retten lassen. Denn ihre Gegenspieler, die auf tiefere Preise spekulierende Short Seller, gibt es nicht mehr. (nik)
Damit gibt sich die Schweizer Börse bei diesem Thema eine rechtliche Grundlage.
«Man hatte sich 2008 mit einem Buebetrickli beholfen», heisst es aus Börsenkreisen, «denn es gab damals eigentlich gar keine rechtliche Grundlagen und wir sind nicht sicher, ob die damals verfügte Einschränkung den Gang durch alle Gerichtsinstanzen überstanden hätte.»
Keine Änderung der Praxis
Die neue Regulierung setzt laut Alain Bichsel, Sprecher der SIX Group, lediglich die bestehende Praxis auf ein rechtliches Fundament. Gedeckte Leerverkäufe – auch mit ausgeliehenen Aktien – waren und sind auch jetzt nicht betroffen.
Während der Finanzkrise waren lediglich die ungedeckten Leerverkäufe, im Bankenjargon «Naked Short Selling» genannt, kritisiert und vielerorts verboten worden.
Denn der Verkäufer brauchte die Sicherheiten in Form von Aktien oder Obligationen, die er verkaufte, nicht zu besitzen, weil er damit rechnete, sich bis zum Lieferzeitpunkt billiger mit diesen Papieren eindecken zu können.
Die neue Regelung bei der Schweizer Börse verlangt vom Verkäufer nur eine rechtzeitige Lieferung. Ob und wie sich der Leerverkäufer mit Aktien oder Obligationen eindeckt, bleibt ihm überlassen.
Bei Verstössen gegen die Lieferpflicht drohen laut Bichsel aufsichtsrechtliche Schritte.
Die Schweizer Börse prüft auch nicht, ob und wie sich der Leerverkäufer aus der Affäre zieht und ob beispielsweise bei einer bestimmten Aktie die Leerverkäufer mit ihren Deckungskäufen den Markt leer fegen.
Das passierte im Mai 2010 mit der deutschen Volkswagen-Aktie: Innert Tagen vervielfachte sich der Kurs, etliche ungedeckte Leerverkäufer, unter anderem der Volkswagen-Aufkäufer Porsche, kamen in Schwierigkeiten. Weil ungedeckte Leerverkäufe auch den Verkäufer in Schwierigkeiten bringen können, sind diese auch für Banken wie UBS und CS verboten.
Bankaktien und Staatsanleihen
Leerverkäufe auf Bankaktien wurden nach der Lehman-Pleite meist verboten. Gestützt wurden die Verbote mit dem empirisch wenig gestützten Verdacht, die Leerverkäufe hätten bei den geprügelten Bankaktien die Abwärtsbewegung verstärkt und das Eigenkapital gefährlich dezimiert.
Die Restriktionen hatten und haben laut den meisten Ökonomen indes kaum einen Effekt auf die Preise der Aktien gehabt, denn die Kurse waren vor allem aufgrund der Angst um weitere Bankpleiten gefallen. Das Verbot habe laut Forschern dem Markt sogar Liquidität entzogen und die Preisfindung erschwert.
Seit einem Jahr sind auch ungedeckte Leerverkäufe von Kreditderivaten (CDS) auf europäische Staatsanleihen verboten. Eine Wirkung auf die Staatsanleihenpreise liess sich nicht nachweisen. Laut den Berechnungen von JP Morgan ist lediglich das Marktvolumen dieser CDS um ein Viertel zurückgegangen.