FINANZMARKT: Fall Ziegler als Test für Insiderstrafnorm

Vor drei Wochen zog die Finma 1,4 Millionen Franken ein, die Hans Ziegler mit Aktiendeals unrechtmässig erzielt hatte. Nun folgt die schwierige strafrechtliche Aufarbeitung.

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Hans Ziegler soll seinen Wissensvorsprung über Firmen, die er beriet, ausgenutzt haben, um an der Börse Geld zu vermehren. (Bild: Gian Ehrenzeller/Keystone (Zürich, 26. September 2014))

Hans Ziegler soll seinen Wissensvorsprung über Firmen, die er beriet, ausgenutzt haben, um an der Börse Geld zu vermehren. (Bild: Gian Ehrenzeller/Keystone (Zürich, 26. September 2014))

Es ist der bis anhin grösste Fall von Insiderhandel, den die Finanzmarktaufsicht des Bundes (Finma) vor rund drei Wochen aufdeckte. Ins Netz ging der Finma ein dicker Fisch: Hans Ziegler, Multiverwaltungsrat in zahlreichen Schweizer Industrieunternehmen, Feuerwehrmann, wenn es in einer Firma lichterloh brannte. Der «Sanierer der Nation» hat in der hiesigen Wirtschaft zahlreiche Spuren hinterlassen. Nicht immer waren seine Sanierungen erfolgreich, wie etwa beim Modeunternehmen Vögele oder bei der Liquidation des Erb-Imperiums. Seine Erfolgsbilanz sei «schwer zu lesen, schwerer vielleicht als die Bilanzen, die Ziegler sanierte», schrieb die «Finanz und Wirtschaft» in einem Porträt.

Und auch die Erfolge, die er verzeichnete, sind nun weggewischt. Die Finma nannte den Namen Ziegler zwar nicht; aufgrund der Vorgeschichte und der Fall­beschreibung ist der Sachverhalt aber klar. Schon im vergangenen Dezember hatte die Bundes­anwaltschaft bekanntgegeben, dass sie gegen Ziegler ermittelt. Gleichzeitig wurde die Finma aktiv. Als «gravierend» bezeichnet sie das Vergehen Zieglers. Der Manager hatte sein Insiderwissen offenbar systematisch zum Tätigen von privaten Börsengeschäften genutzt und dabei 1,4 Millionen Franken unrechtmässig erhandelt. Diesen Betrag zieht die Finma nun ein. Eine Busse oder gar eine Gefängnisstrafe kann die Finma nicht aussprechen, da sie eine Verwaltungsbehörde und kein Gericht ist.

Verfügung ist keine Verurteilung

Für die strafrechtliche Verfolgung ist seit 2013 die Bundesanwaltschaft zuständig. Dort hat die Finanzmarktaufsicht Hans Ziegler auch angezeigt. So klar der Sachverhalt aber erscheint, verurteilt ist Ziegler noch lange nicht. «Die Beweishürden bei ­Insiderdelikten sind sehr hoch», sagt Arno Thürig. Der Rechtsanwalt ist Experte in Sachen Wirtschaftsstrafrecht und Insider­delikte. Und er weiss, wovon er spricht. Erst vor kurzem hat er ­einen Mandanten vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona wegen Insiderhandels vertreten. Mit Erfolg: Das Verfahren endete Anfang Juni in Bellinzona mit einem Freispruch. Noch steht das schriftliche Urteil aus. Die Bundesanwaltschaft könnte den Fall jedoch noch vor Bundesgericht ziehen.

Dass Ziegler ebenfalls frei­gesprochen wird, ist wenig wahrscheinlich. Zu schwerwiegend scheinen seine Vergehen. «Hier wurde eine Vertrauensposition während mehrerer Jahre im grossen Stil missbraucht», sagte Finma-Chef Marc Branson gegenüber SRF.

Die Finma hat den Fall proaktiv in die Öffentlichkeit getragen – ein Zeichen, dass sie sich ihrer Sache sicher ist. Und dass sie verstärkt gegen Insiderhandel vorgehen will. Im Jahr 2017 hat die Finma bereits fünf Verfügungen in der Kategorie Marktaufsicht (Insiderhandel/Marktmanipulation) ausgesprochen.

Laut Arno Thürig steht die Bundesanwaltschaft aber dennoch vor einer Herkulesaufgabe. Der Fall Ziegler dürfte für die vor vier Jahren verschärfte Insiderstrafnorm zum ersten grossen Test werden. Dabei muss die Bundesanwaltschaft ein besonderes Problem lösen: Im Unterschied zur Finma kann sie wohl nicht auf die Kooperation und die Aussagen Zieglers hoffen. «Als Verwaltungsrat war Ziegler der Finma unterstellt. Das heisst, er hatte bei den Anhörungen Mitwirkungspflicht», erklärt Thürig. Hätte er die Aussage verweigert, hätte die Finma das negativ auslegen können. «Vor der Bundesanwaltschaft kann der Angeklagte jedoch von seinem Recht zu schweigen Gebrauch machen, ohne dass dies negative Konsequenzen hätte. Das Material der Finma kann die Bundesanwaltschaft deshalb nur eingeschränkt verwenden, ansonsten dies das Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten unterlaufen würde», sagt Arno Thürig.

Roman Schenkel