Die Altdorfer Dätwyler Cabling Solutions hat im Sarganserland ein Rechenzentrum in einem Versuchsstollen gebaut. Solche Anlagen sollen künftig die Datenübertragung in Smart Cities beschleunigen.
Vor wenigen Tagen hat sich im Versuchsstollen Hagerbach in Flums eine Premiere zugetragen. Die Altdorfer Dätwyler Cabling Solutions, Amberg Engineering aus Regensdorf und der Sarganser Förderverein Scaut (Swiss Center of Applied Underground Technologies) haben den Prototypen eines unterirdischen Edge-Rechenzentrums vorgestellt. Dätwyler Cabling Solutions – eine eigenständige Schwesterfirma des Industriekonzerns Dätwyler mit über 300 Angestellten in Altdorf – hat das Rechenzentrum im Versuchsstollen aufgebaut, inklusive der für den Rechenzentrumsbetrieb benötigten technischen Infrastruktur. Die Brandmelder stammen von der Siemens-Fabrik in Zug.
Was ist neuartig daran? Wie Dätwyler-Sprecher Dieter Rieken erklärt, dürfte es sich dabei um das erste sogenannte Edge-Rechenzentrum in einem Berg handeln. Rechenzentren im Berg sind kein neues Phänomen, auch in der Schweiz nicht. Speziell an diesem Datacenter ist der Zusatz Edge: Damit sind in der Regel eher kleinere Rechenzentren gemeint, die nicht irgendwo zentral aufgebaut werden, sondern sehr nahe bei einem Netzwerk oder bei einem Kunden stehen.
Vorteil einer solchen Anlage ist die schnellere Datenübertragung, weil die Verbindung kürzer ist als bei weit entfernten zentralisierten Rechenzentren. Ein besonderer Vorteil von Edge-Rechenzentren im Berg ist, dass die Umgebung Schutz gegen Naturgewalten und dank des stabilen Klimas eine hohe Energieeffizienz bietet. «Die infolge neuer Technologien entstehenden Datenmengen werden zu einem grossen Teil dezentral und teilweise auch unterirdisch verarbeitet werden müssen», glaubt Johannes Müller, CEO von Dätwyler Cabling Solutions.
Experten glauben, dass Edge-Rechenzentren in Zukunft immer wichtiger werden, weil man in smarten Städten und für Anwendungen wie das Internet der Dinge darauf angewiesen ist, dass Daten blitzschnell übertragen werden. Man spricht hierbei im Fachjargon auch von schnellen Antwortzeiten. Solche sind zum Beispiel auch für selbstfahrende Autos nötig.
Weil es in Städten kaum Platz für Rechenzentren hat, spricht vieles dafür, die Server in bisher ungenutzte unterirdische Räume zu verlegen, also in Keller, Höhlen, Schächte oder Kavernen. So könnte zum Beispiel der kürzlich bei der Krienser Sonnenberg-Talstation nach langer Zeit wieder eröffnete Militärbunker ein Edge-Rechenzentrum beherbergen – statt als Käselager zu dienen.
Das Edge-Rechenzentrum im Ostschweizer Versuchsstollen befindet sich nicht in der Nähe einer Stadt; es gilt lediglich als Testobjekt. Die Anlage wird von den Firmen genutzt, die dort aktiv sind. Geplant ist, dass es spätestens Ende Jahr in Betrieb genommen wird.
Geht es nach den Projektverantwortlichen, sollen künftig aber weitere Edge-Rechenzentren im Berg in der Nähe von Städten gebaut werden. Das Konzept sieht vor, eine Vielzahl solcher Installationen im Untergrund zu platzieren. Dabei kann der federführende Verein Scaut auf Know-how aus der Bauwirtschaft zählen. Mitglieder des Vereins sind unter anderem der Baukonzern Implenia, die Baarer Bauchemiefirma Sika und Creabeton aus Rickenbach.