Korruption
Geldwäsche-Skandale zeigen massive Schwächen in der Aufsicht

Der Geldwäsche-Skandal, der die Danske Bank erschüttert, verunsichert auch die Aufsichtsbehörden.

Daniel Zulauf
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Die britischen Behörden ermitteln bei der dänischen Danske Bank im Geldwäschereiskandal. (Archivbild)

Die britischen Behörden ermitteln bei der dänischen Danske Bank im Geldwäschereiskandal. (Archivbild)

KEYSTONE/EPA/VALDA KALNINA

Die grosse Frage, die im Raum steht: Wie war es möglich, dass Geldbeträge aus obskuren Quellen in dreistelliger Milliardenhöhe während Jahren über eine Filiale der grössten dänischen Bank fliessen konnten? EU-Justizkommissarin Vêra Jourová sprach von einem «schockierenden» Vorgang und von einer «sehr unerfreulichen Lektion für die EU».

Es sei dringend zu prüfen, ob die Behörden der Bank die nötige Aufmerksamkeit gewidmet hätten, teilte sie der Europäischen Bankenaufsichtsstelle (EBA) vorige Woche in aller Eile mit. Dabei wird das Amt in London nicht umhinkommen, selber in den Spiegel zu blicken. Immerhin habe es den skandinavisch-baltischen Aufsichtsbehörden die mithin am besten funktionierende Kooperation in ganz Europa attestiert. Die betonten die in die Defensive geratenen dänischen Bankenaufseher am Montag in einer Stellungnahme trotzig.

Die Lücken im europäischen Aufsichtssystem sind in der Tat kein rein skandinavisches Phänomen. Für die Aufsicht über die lettische Grossbank ABLV war die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig. Auch sie machte keine gute Figur. Mit der Abwicklung der Bank, welche die EZB kurz nach Veröffentlichung einer scharfen Warnung durch die US-Anti-Geldwäschebehörde angeordnet hatte, konnten die europäischen Aufseher de facto nur noch nachvollziehen, was der Markt ohnehin schon selber an die Hand genommen hatte. Ein Geldhaus, das im Urteil der US-amerikanischen Obrigkeit so tief im Sumpf steckt wie ABLV, ist schlicht nicht überlebensfähig. Keine seriöse Bank würde mit einem solchen Institut noch Dollar-Geschäfte abwickeln und sich damit dem Risiko aussetzen, von der US-Justiz der Beihilfe zur Geldwäsche bezichtigt zu werden. Die Strafen für solche Vergehen sind zuletzt in schwindelerregende Höhen gestiegen. Allein in der Zeit von 2007 bis 2017 mussten Finanzhäuser für derlei Vergehen weltweit 25 Milliarden Dollar auf den Tisch legen.

Die Drohkulisse wirkt

Die finanzielle Abschreckung, welche die US-Justiz spätestens seit dem Lehman-Kollaps gezielt als Instrument zur Domestizierung fahrlässiger Banken einsetzt, macht inzwischen auch in Europa Schule. Die niederländische Grossbank ING willigte Anfang Monat in eine Zahlung von 775 Millionen Euro ein, um einen Strafprozess wegen Geldwäsche abzuwenden. Das Strafmass ist umso eindrücklicher, als der Anteil der illegitimen Gewinne lediglich 100 Millionen Euro beträgt.

«Die Strafen erreichen in Europa eine neue Dimension», sagt der Forensiker und Geldwäsche-Experte Florian Seiferlein vom deutschen Beratungsunternehmen Alix Partners. ING habe trotz mehrfacher Verwarnungen während nahezu zehn Jahren die Kontrollprozesse nicht verbessert, sodass grosse Summen an illegalem Geld «nahezu ungestört» durch die Bank hätten geschleust werden können, stellte die niederländische Staatsanwaltschaft fest.

Gleich wie im Fall Danske ist die Frage, weshalb sich die niederländischen Behörden so lange mit Verwarnungen begnügten. Eine mögliche Antwort wäre, dass die Bankaufseher ihren Fokus im Nachgang zur Lehman-Pleite viel zu lange auf die finanzielle Stabilität der Banken gerichtet hielten. Verständlich wäre dies in den Niederlanden, wo die Behörden nach der Übernahme der früheren internationalen Grossbank ABN Amro mit chaotischen Zuständen zu kämpfen hatten.

Die beiden Fälle lassen auch die Kontrollprozesse in einem wenig vorteilhaften Licht erscheinen. So befanden die niederländischen Strafbehörden, ING habe sich in ihrer Geldwäsche-Abwehr viel zu stark auf verdächtige Konti fokussiert und zu wenig auf dubiose Kunden mit verdächtigen Geldflüssen. So hätten sich diese mithilfe verschiedener Konti der Kontrolle entziehen können. Genau das scheint auch das Muster der kriminellen Kundschaft in der estnischen Filiale der Danske Bank gewesen zu sein. Sowohl in Dänemark wie auch in den Niederlanden war offenbar ein Skandal nötig, bis die Behörden diesen Mangel im Kontrollprozess zu erkennen begannen.

Böse Folgen für die Länder

Die naheliegendste Erklärung dafür ist, dass den Behörden das Risikobewusstsein für Durchlauftransaktionen fehlt, insbesondere für Gelder aus Ländern, in denen Korruption verbreitet ist. Dies ist in fast allen Weltregionen der Fall, insbesondere dort, wo westliche Banken Wachstumschancen wittern. Gemäss dem Korruptionsindex von «Transparancy International» beschränken sich die weitgehend korruptionsfreien Zonen auf Nordamerika, Australien und Nordeuropa, sowie auf einige wenige Länder in Südamerika (Chile), Asien (Japan) und Afrika (Botswana).

Gefährlich sind die Kontroll- und Aufsichtslücken nicht nur für die Banken, denen immer höhere Strafen drohen, sondern auch zunehmend für die Länder, in denen die fehlbaren Banken zu Hause sind. Symptomatisch ist dafür das Beispiel Dänemark, wo die Ratingagentur Standard & Poor’s nicht ausschliessen will, dass sich die zu erwartenden Strafen gegen die Danske Bank auch negativ auf die bis anhin makellose Bonitätsnote des Landes auswirken könnte.