Schon lange geht nichts mehr auf der Güterverladestation Cargodrome in Wiler bei Utzenstorf. Im Herbst wird über Nachlass oder Konkurs entschieden. Der aktuelle Betreiber und der Bund hoffen noch immer, dass sich ein Käufer für den Terminal findet.
Von Andreas Toggweiler
Mit grossem Tamtam und Gästen aus der ganzen europäischen Logistikbranche wurde 2004 die Eröffnung der Güterverladestation Cargodrome in Wiler bei Utzenstorf gefeiert. Die Verladestation für Container, die 23 Millionen Franken kostete, galt als ein Symbol für das nationale Experiment «Güterverlagerung auf die Schiene». Fünf Jahre später kann gesagt werden: Cargodrome gescheitert - Experiment gescheitert. Weder die national propagierte Verlagerung der Güter auf die Schiene kommt vom Fleck und schon gar nicht das Cargodrome.
Die Betreiber der Güterverladestation befinden sich nämlich seit einigen Tagen in der «provisorischen Nachlassstundung». Kurt Stöckli von der provisorischen Sachwalterin Transliq erklärt: «Das heisst, wir müssen dem Nachlassrichter Zahlen liefern, die zeigen, ob überhaupt eine Nachlassstundung möglich ist.» Dieser Nachweis müsste bis am 6. Oktober erbracht werden. Sonst würde das Cargodrome bzw. die Betreiberin Wiler Terminal Logistik AG (WTL) wohl in den Konkurs geschickt. Laut Stöckli wird jetzt vorab geschaut, ob sich ein Käufer für die Anlage findet.
Ein weiterer Verkauf dürfte in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation nicht einfach sein. Als Crossrail, die Güterbahn des Regionalverkehrs Mittelland (RM), 2006 an die australische Private Equity-Gesellschaft Babcock & Brown verkauft wurde, diente das moderne Cargodrome noch als Zückerchen zu den übernommenen fünf Güterlokomotiven und Frachtcontainern. Der Verkauf wurde nötig, weil der RM mit der BLS fusionierte.
Die BLS hatte aber mit Railion, einer Tochterfirma der Deutschen Bahn, bereits einen Partner für den Güterverkehr, und eine Integration von Crossrail lehnten die Wettbewerbshüter ab. Die Australier erhofften sich aus dem kombinierten Verkehr sowohl in der Schweiz als auch aus der Schweiz heraus ein Geschäft. Die Strategie ging nicht auf. Die Firma verdient heute zwar Geld mit dem kombinierten Verkehr, aber das Cargodrome spielt dabei keine Rolle mehr, ist vielmehr ein Klotz am Bein.
«Das Geschäft von Crossrail läuft erstaunlich gut», sagt Geschäftsleitungsmitglied Hans-Peter Schurter. Mit inzwischen insgesamt 45 Lokomotiven (inklusive Diesel- und Rangierlokomotiven) ist Crossrail im Güterzugsgeschäft zwischen Deutschland und Italien aktiv.
«Mit einem Direktzug zwischen Aachen und Brindisi befahren wir den wohl längsten Zug ohne Lokwechsel im alpenquerenden Güterverkehr», sagt Schurter. Babcock & Brown hat sich zudem letztes Jahr noch die belgische Logistikfirma DLC an Bord geholt, die sich mit 25 Prozent an Crossrail beteiligt hat. Informationen über Umsätze und Tonnagen gebe Crossrail hingegen keine bekannt. Der Rückgang der Auslastung bewege sich im Durchschnitt der krisenbedingten Entwicklung in ganz Europa.
Doch wie weiter mit dem Cargodrome? Betreiberin WTL ist weiterhin zu 100 Prozent im Besitz von Crossrail. «Der Terminal ist weiterhin offen», erklärt Schurter. Nur, dass eben mangels Nachfrage kein Verkehr stattfindet und auch kein Personal mehr beschäftigt wird. Die Lagerkapazitäten seien vermietet. Sie werden von einer Tochterfirma der Landwirtschafts-Grossistin Steffen-Ris (Utzenstorf) benutzt.
Weil das Cargodrome massgeblich mit Geldern der Eidgenossenschaft gebaut wurde, ist diese berechtigt, Subventionen (8,8 Mio. Fr.) und zinslose Darlehen (5,9 Mio. Fr.) zurückzuforden, falls der Betrieb definitiv eingestellt wird. «Unser Ziel ist, dass im Terminal weiterhin Güter für den kombinierten Verkehr umgeschlagen werden», erklärt Gregor Saladin, Sprecher des Bundesamtes für Verkehr.
In diesem Sinne werde der Bund Hand reichen zu einem Verkauf. Saladin ruft in Erinnerung, dass nach der Eröffnung der abgewickelte Verkehr durchaus dem Business-Plan entsprochen habe. Anfang 2005 vermeldete das Cargodrome in der Tat eine Auslastung von 58 Prozent, was aber schon damals nicht den Erwartungen entsprach. «Unsere Spezialisten sind der Meinung, dass ein Betrieb der Anlage in Wiler nach wie vor möglich und nicht illusorisch ist», sagt Saladin.
Man rechne deshalb damit, dass ein neuer Betreiber gefunden werde. Von den Geldern des Bundes sei 2008 eine erste Rate von rund 200 000 Fr. zurückbezahlt worden, erklärt er weiter. Wegen der bevorstehenden Nachlassstundung seien aber weitere Zahlungen ausgeblieben.