Die Crypto Fund AG hat als erster Schweizer Fondsanbieter eine Bewilligung als Vermögensverwalter erhalten. Die Firma darf somit als erste digitale Vermögenswerte anbieten.
Selbst die weltweit grössten virtuellen Währungen wie Bitcoin, Ethereum oder Ripple führen im Vergleich zu Anlageprodukten in klassischen Landeswährungen nach wie vor ein Schattendasein. Zwar sorgten Bitcoin & Co. im vergangenen Jahr auch ausserhalb der kleinen Insiderszene für dicke Schlagzeilen, als sich die Kurse innerhalb von wenigen Monaten vervielfacht hatten. Doch auf die grosse Hysterie folgte die Ernüchterung. Mit der Normalisierung der Kurse ging auch der «Kryptohype» zu Ende. Ungeachtet davon wächst abseits der breiten Öffentlichkeit aber trotzdem eine neue Finanzindustrie heran, die in die Reviere der traditionellen Platzhirsche drängt.
Als Türsteherin zum etablierten Finanzmarkt agiert die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Sie kann kleine Nischenanbieter lizenzieren und ihnen so den Zutritt zu einem grösseren Universum verschaffen. Über eine solche Lizenz erhalten die Anbieter von Finanzprodukten nicht nur einen einfacheren Zugang zu neuen Kunden. Ebenso wirkt die Bewilligung auch als eine Art Gütesiegel für organisatorische Prozesse, für die die Finma mit ihrer Aufsichtstätigkeit einen minimalen Standard verlangt. Ein derartiges Gütesiegel hat nun erstmals auch ein Kryptounternehmen erhalten. Die in Zürich domizilierte Crypto Fund AG, eine Tochtergesellschaft der Zuger Crypto Finance AG, feiert die am Dienstag erteilte Finma-Zulassung als «grossen Meilenstein», als «Würdigung» und sogar als «Legitimation von Crypto Assets weltweit, in einem Land, das untrennbar mit Bank- und Finanzdienstleistungen verbunden ist».
Die grossen Töne sind mehr als Rhetorik. Crypto Fund verspricht sich von der Lizenz erhebliche Erleichterungen im Umgang mit Gegenparteien, wie COO (Betriebschef) Mathias Maurer auf Anfrage erklärt. Eine Finma-Lizenz erleichtere die Suche nach den für die Kontoadministration zuständigen Depotbanken, Vertriebspartnern und Investoren erheblich, sagt der Manager. Die Firma Crypto Fund hatte 2018 einen Anlagefonds für Investitionen in die grössten und liquidesten Kryptowährungen aufgelegt. Der Fonds basiert auf dem Index «Crypto Market Index 10», den die Schweizer Börsenbetreiberin Six im Auftrag der Gesellschaft entwickelt hat und laufend berechnet. Bislang konnte das Produkt nur an qualifizierte Investoren in der Schweiz vertrieben werden. Nun könne man auch auf den europäischen Markt mit lokal regulierten Vertriebspartnern zielen. Dort winken der Firma gute Chancen, denn auf den grössten Finanzplätzen Europas sind die Aufsichtsbehörden mit der Verteilung von Zulassungsbewilligungen an Kryptofirmen nach wie vor sehr zurückhaltend. Lizenzierte Konkurrenten gibt es allenfalls aus Liechtenstein oder Malta, aber nicht aus Frankfurt, London oder Paris.
Crypto Fund AG gab am Dienstag bekannt, den Basler Wirtschaftsprofessor Fabian Schär in den Verwaltungsrat zu holen. Dieser erforscht Anwendungen auf Basis der Blockchain-Technologie. Schär ist Direktor des Center for Innovative Finance CIF der Universität Basel. Sein Lehrstuhl wird durch das Asset Management der Credit Suisse gesponsert. Die Crypto-Finance-Gruppe, zu der neben der Crypto Fund noch zwei weitere Töchter gehören, wurde im Juni 2017 gegründet. Crypto Fund verkauft institutionellen Anlegern Fondsprodukte, die Zugang zu Kryptoanlagen bieten.
Dass Schweizer Kryptounternehmen im internationalen Geschäft einen Wettbewerbsvorsprung erhalten, entspricht ganz den politischen Zielen, wie sie Finanzminister Ueli Maurer schon vor mehr als zwei Jahren formuliert hatte und hartnäckig weiterverfolgt. Als guter Standort für Anbieter einer neuen, technologiegetriebenen Finanzbranche (Fintech) hat die Schweiz Weltruf erlangt. Nach dem Willen der Politik soll das Land diese Position weiter ausbauen. Dabei spielt auch die Finma mit. Ende 2015 schuf die Behörde eine zentrale Anlaufstelle für alle Anfragen von Unternehmen aus dem aufstrebenden Wirtschaftszweig. Neuartige Methoden in den Bereichen Kapitalbeschaffung und Zahlungsverkehr sowie der Umgang mit virtuellen Währungen und neuen Technologien verlangen nach spezifischen Regularien, die den Schutz der Einleger sicherstellen. Die Regularien sind im Fluss, und entsprechend gross ist die Rechtsunsicherheit der Fintech-Anbieter. 2016 nahm die Finma aus deren Kreis 270 Anfragen entgegen. Im Folgejahr waren es schon 453.
Dass die Verschmelzung der neuen mit der alten Finanzwelt nach wie vor Probleme schafft, zeigte sich kürzlich, als der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler warnte, Fintech-Firmen würden vermehrt ins Ausland abwandern, weil sie in der Schweiz wegen Geldwäschereivorschriften grösste Mühe hätten, ein herkömmliches Konto bei einer Bank zu eröffnen. Inzwischen hat die Bankiervereinigung zuhanden ihrer Mitglieder einen Leitfaden erstellt, damit sich der Kanal öffnet.
Doch der einfachste Weg zum Ziel ist das Finma-Plazet. Dieses wird 2019 auch für reine Technologieanbieter erschwinglich, wenn die Finma mit der Verteilung spezifischer Fintech-Bewilligungen beginnen kann. Die langfristig grösste Hürde für die neue Finanzindustrie bleibt indessen, wie in jedem Markt, die Nachfrage. Noch vor einem Jahr hatte Crypto Fund mit Investitionszusagen im Umfang von bis zu 100 Millionen Franken gerechnet. «Aufgrund der verzögerten Lancierung des Fonds und des schwierigen Marktumfeldes liegen wir nun unterhalb der Erwartungen von Sommer 2017», sagt Maurer.