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Ein Bergbahnhersteller, ein Pharma- und Medizinaltechnikunternehmen sowie ein Nischenplayer in der Baubranche erhalten Auszeichnungen von der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz. Sie hatten besondere Produktideen.
Die speziell gestylten Wagen der Stoosbahn entspringen nicht etwa den Ideen eines extravaganten Designers. Sie sind vielmehr den grossen Anforderungen geschuldet, die diese Bahn im Kanton Schwyz zu erfüllen hat. «Drei Eigenheiten auf dieser Bahnstrecke führten zu der zylinderhaften Form der neuen Standseilbahn», sagt Arno Inauen, CEO des Bergbahnherstellers Garaventa in Goldau.
Das Resultat kommt gut an: Die Passagierzahl der Stoosbahn hat sich seit der Eröffnung am 17. Dezember 2017 verdoppelt und in der renommierten «New York Times» schaffte es die Stoosbahn von Garaventa sogar unter die besten zehn der Rubrik «Where to go» (sinngemäss: Orte oder Attraktionen, die man gesehen haben muss). Nun erhält der Entwickler und Hersteller auch den Innovationspreis der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ). Sie vergab zudem Anerkennungspreise an zwei weitere Firmen aus der Region (siehe Box unten).
Warum also haben die Passagierkabinen der Standseilbahn von Schwyz-Schlattli auf den Stoos diese eigenartige Form? «Zum einen galt es, die Übergänge auf der Tal- und Bergstation horizontal zu gestalten. Damit sie behindertengerecht sind und sich der Güterverkehr ohne Niveauunterschiede abwickeln lässt», sagt Inauen. Der zweite Grund: Die Bahnstrecke ist extrem steil. Die maximale Steigung beträgt 110 Prozent, was 47 Grad gleichkommt. Inauen: «Keine andere Standseilbahn der Welt überwindet einen derart stark steilen Weg in die Höhe.» Als Drittes spielten die zwei Streckentunnels beim Planen und Entwickeln eine Rolle. Inauen: «Es war ein schlankes Profil der Bahn notwendig, damit nicht zu grosse Tunnels erstellt werden mussten.»
Horizontal (Übergänge an den Bahnstationen), steil (Bahnstrecke) und der Querschnitt (Tunnels) seien die Herausforderungen gewesen, mit denen die Ingenieure klarzukommen hatten. Hinzu kam, dass die Gondeln weitgehend aus durchsichtigem Material bestehen und drehbar sind, damit sich den Passagieren ein guter Blick auf das stattliche Bergpanorama bietet. 25 Garaventa-Angestellte arbeiteten in verschiedenen Phasen und Abteilungen zwei Jahre lang daran, die Standseilbahn zu planen, zu entwickeln und zu bauen. Eigentümer der Bahn ist die Stoos-Muotatal Tourismus GmbH. Sie setzt sich aus den Gemeinden Morschach, Muotathal und Illgau zusammen. Mit der Startphase und der Verdoppelung der Passagierzahl dürften sie zufrieden sein. Noch harzt es aber mit dem gastronomischen Angebot auf dem Stoos. Ein Teil der Wirte ist von der Besucherwelle, zu der auch immer mehr asiatische und amerikanische Reisegruppen gehören, im Rekordsommer überrollt worden.
Doch das ist nicht die Sorge von Garaventa. In Goldau arbeitet das Unternehmen, das mit dem österreichischen Bahnhersteller Doppelmayr liiert ist, bereits an den nächsten Projekten. Das Prominenteste bilden zweifellos die geplante neue Jungfraubahn im Berner Oberland. Garaventa beschäftigt in der Schweiz 394 Mitarbeitende und erzielt einen Jahresumsatz von 150 bis 200 Millionen Franken. Der Marktanteil von Garaventa-Doppelmayr am internationalen Bergbahnmarkt liegt bei hohen 60 Prozent. Trotz der globalen Tätigkeit freut sich Inauen über den Innovationspreis aus der Heimat. «Er macht uns natürlich stolz. Sehr stolz. Der Preis ist eine Auszeichnung für unsere Leute, die tagtäglich einen ausgezeichneten Job machen. Wir werden ihn bestimmt feiern.»
Einer der Anerkennungspreise der IHZ geht an die Siworks AG in Schindellegi. Sie hat das Sensoren-Überwachungssystem Orkanet entwickelt, das Wasserschäden auf Flachdächern und Dachterrassen frühzeitig erkennt. «Wir haben uns zum Ziel gesetzt, mit digitaler Technologie die Schadensumme durch einen frühzeitigen Alarm in Grenzen zu halten. Ganz nach dem Motto: Das Gebäude spricht mit dir», sagt Lukas Arnet, CEO von Siworks. Das System funktioniert ohne Internet oder Stromnetz, sondern über kabellose Datenübertragung. Sind Feuchtigkeitsschäden am Entstehen, werden E-Mails, SMS oder Sprachanrufe an den Gebäudebesitzer ausgelöst. Der Markt ist gross: 28 Prozent der Gebäudeschäden in der Schweiz entfallen auf Dachflächen. Das hat seine Ursache auch im Flachdachboom, fast drei von vier Neubauten verfügen über eines. Vor allem darum, weil diese Flächen Platz bieten für Fotovoltaik-, Solar-, Klima - und Lüftungsanlagen. Die Überwachungsanlage für ein durchschnittliches Einfamilienhaus kostet rund 2950 Franken, Datenübermittlung inklusive. Orkanet lässt sich auch bei Altbauten nachrüsten. Siworks ist ein junges Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden im Marktgebiet Deutschschweiz. (rr)
Für das Produkt Prontosan Acute Wound Gel erhielt B. Braun Medical aus Sempach einen Anerkennungspreis der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ). Beim ausgezeichneten Produkt handelt es sich um ein Gel für Wunden der hartnäckigen Art. «In Wunden, die über mehrere Monate nicht heilen, haben sich oft resistente Keime angesiedelt. Sie sind mit herkömmlichen Produkten nicht wegzubringen und machen zum Teil chirurgische Eingriffe notwendig», sagt Yves Ottiger, Leiter Global Marketing und Vertrieb bei B. Braun Medical Schweiz. Mit dem neuen Gel gelinge es oft, schwierig zu behandelnde Wunden zu heilen und den Einsatz eines Skalpells abzuwenden. Wunder könne zwar auch das neue Wundgel nicht vollbringen. «Ich lernte aber viele Patienten kennen, deren Langzeitwunden erst durch den Einsatz des Gels komplett verheilten», sagt Ottiger. Von der Idee bis zur Zulassung des Produktes verstrichen drei Jahre. Ottiger: «Die ganze Entwicklung von der Formulierung über die Labortests bis zur Verpackung wurde in Sempach durchgezogen.» Rund eine halbe Million Franken hat das Unternehmen dafür investiert. In dieser Summe sind auch klinische Studien inbegriffen, nicht aber die Vermarktung. Bei B. Braun Medical handelt es sich um einen weltweit tätigen deutschen Pharma- und Medizintechnik-Konzern in Familienbesitz. In der Schweiz beschäftigt er in Sempach, Escholzmatt und Crissier rund 1000 Mitarbeitende. Das Gel wird ausschliesslich in der Schweiz hergestellt und gelangt über die Schwestergesellschaften in den internationalen Handel. «Unsere Erwartungen wurden mehr als nur übertroffen. Dieses Jahr verkauften wir das Wundgel bereits in mehr als 50 Ländern, auf allen Kontinenten», sagt Ottiger. (rr)