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Für eine geschätzte Milliarde Dollar kauft das Unternehmen mit Sitz in Schindellegi SZ die Firma Apex in Schanghai – und nimmt damit nicht ganz freiwillig höhere Risiken in Kauf.
Kühne + Nagel ist ein Schwergewicht in der globalen Logistikbranche. Doch die Abstände zwischen den grössten Anbietern sind in diesem hochkompetitiven Markt über Jahrzehnte relativ klein geblieben. Nun sorgt Kühne + Nagel mit einem Grosszukauf in China für neue Wettbewerbsverhältnisse.
Das Unternehmen aus Hamburg mit Sitz in der Schweiz beteiligt sich zu rund 85 Prozent am Logistikkonzern Apex in Schanghai. Kühne + Nagel gewinnt damit 2,1 Milliarden Franken oder rund zehn Prozent mehr Umsatz. Apex zählt rund 1600 Mitarbeiter. Die Firma wickelt ein jährliches Transportvolumen von rund 750'000 Tonnen in der Luft und von 190'000 Containern auf See ab. Durch den Zukauf erringt Kühne + Nagel als weltgrösster Seefrachtanbieter auch in der Luftfracht die Position des Weltmarktführers.
Kühne + Nagel selbst spricht von der grössten Akquisition in der über 130-jährigen Firmengeschichte. Ein Preis wird jedoch nicht genannt. In Finanzmarktkreisen ist indessen von über 1 Milliarde Dollar die Rede. Verkäuferin ist die südkoreanische Investmentfirma MBK Partners, die 2015 mit einer Eigenkapitalspritze von 85 Millionen Dollar bei dem 2001 gegründeten Unternehmen eingestiegen war. Bereits im Dezember hatte es geheissen, MBK suche den Ausstieg und strebt mindestens das Zehnfache der ursprünglichen Investitionssumme an.
Mit der kostspieligen Übernahme markiert K+N eine Strategieänderung, die Präsident Jörg Wolle schon vor längerer Zeit angedeutet hatte. Bislang hatte Kühne + Nagel primär auf Wachstum aus eigener Kraft gesetzt und mit Übernahmen punktuelle Verstärkungen vorgenommen. Der Zukauf markiert nun offensichtlich den Beginn einer neuen Phase. Wolle, der während langer Jahre die Zürcher Handelsgesellschaft DKSH geleitet hatte, spricht von einem «wichtigen Meilenstein» in der Strategie, um das Asiengeschäft auszubauen.
Tatsächlich ist das Geschäft von Kühne + Nagel in dieser stark wachsenden Region noch immer auf den Import von verarbeiteten Waren aus China nach Europa und Amerika ausgerichtet. Im Handel innerhalb Asiens, der mit dem zunehmenden Wohlstand schnell an Bedeutung gewinnt, war der Logistiker bislang klar untervertreten. Auch auf der transpazifischen Route zwischen China und den USA kommt die Firma nun einen grossen Schritt voran.
Die Akquisition birgt jedoch nicht nur Chancen. Rund 15 Prozent der Aktien bleiben im Besitz des Unternehmensgründers, Verwaltungsratspräsident und Chefs Tony Song und seiner Manager. Dies hat zwar den Vorteil, dass die Schlüsselpersonen in der noch jungen Firma vorerst an Bord bleiben und den Erfolg der Übernahme im eigenen finanziellen Interesse vorantreiben.
Der Nachteil ist aber, dass Kühne + Nagel ihren Neubesitz nur sehr bedingt in die eigenen Strukturen integrieren kann. Apex bleibt als eigenständige Firma mit einer eigenen Organisation und eigener Marke bestehen. Kostensynergien, die immer ein wesentlicher Treiber von Zukäufen darstellen, fallen mit der Verbindung nur in geringem Umfang an.
Kühne + Nagel dürfte die Akquisition nicht zuletzt auch mit Blick auf die Konkurrenz wagen. Vor zwei Jahren hatte die dänische DSV für 4,6 Milliarden Franken den Basler Logistikkonzern Panalpina erworben und den Abstand zu Kühne + Nagel mit einem Schlag deutlich verringert. An der Börse kommt die aggressive Wachstumsstrategie der Dänen weit besser an als der Ansatz von Kühne + Nagel. Die DSV-Aktien haben sich in den vergangenen zwei Jahren im Wert doppelt so gut entwickelt wie die Titel von Kühne + Nagel. DSV wird an der Börse mit umgerechnet 39 Milliarden Franken bewertet, die grössere Kühne + Nagel lediglich mit 26 Milliarden Franken.