Das Jungunternehmen EVG-Zentrum hat ein Tool entwickelt, mit dem der Eigenverbrauch von privatem Solarstrom einfacher abgerechnet werden kann.
In den letzten Wochen strahlte die Sonne oftmals unerbittlich auf die Erdoberfläche – so auch in der Zentralschweiz. Wie eine kürzlich veröffentlichte Analyse zeigt, wird allerdings nur ein Bruchteil des Energiepotenzials der Sonne genutzt; im Kanton Luzern sind es nicht einmal ganz 5 Prozent. Schweizweit ist der Schnitt mit rund 3 Prozent sogar noch tiefer.
Dies stört Cyrill Burch. Er ist Gründer und Leiter des Horwer Solarenergie-Start-ups EVG-Zentrum. Ihm und seinen Geschäftskollegen geht es aber nicht nur darum, dass die Sonne als Energiequelle zu wenig genutzt wird. In ihren Augen wird sie auch falsch genutzt. Worum geht es genau?
In den meisten Fällen wird privat erzeugter Solarstrom vollständig ins Netz eingespeist. Doch seit dem 1. Januar 2018, als das neue Energiegesetz in Kraft getreten ist, ist es einfacher, lokal produzierten Strom im eigenen Haus respektive Gebäude zu verbrauchen; die Abkürzung «EVG» steht für «Eigenverbrauchsgemeinschaft». Mit dem neuen Gesetz ist nun auch ein Zusammenschluss von mehreren Wohnungen oder sogar Parzellen zur gemeinsamen Nutzung des selbst produzierten Solarstroms möglich. Dies ermöglicht eine gesteigerte Eigenverbrauchsquote, was die Rentabilität der Anlage steigert. Aber auch bei optimiertem Eigenverbrauch wird ein Teil des Solarstroms ans öffentliche Netz abgegeben.
Um den Eigenverbrauch, beispielsweise einer Überbauung, zu organisieren, ist eben vorgesehen, dass eine EVG gegründet wird. Diese erhält dann vom Energieversorger eine einzige Rechnung. Wie diese Rechnung weitergegeben wird und wie teuer der Solarstrom schlussendlich ist, wird EVG- intern geregelt. Das töne alles gut, sagt Cyrill Burch, doch: «Die Berechnung und Verwaltung des Eigenverbrauchs ist bisher ziemlich kompliziert. Darum werden nach wie vor nur wenige EVGs gegründet.» Er habe dies während seines Ingenieur-Studiums an der Hochschule Luzern realisiert, als er sich für das Thema zu interessieren begann.
Aus diesem Grund hat Burch begonnen, an der HSLU Gleichgesinnte zu suchen. Das Ziel: Eine Software zu entwickeln, mit der die Abrechnung des selbstproduzierten Solarstroms anhand von einigen wenigen Klicks erstellt und an alle Parteien verschickt werden kann.
Mit der Software namens Zevvy (www.zevvy.ch) sei dies gelungen. «Wir haben nun eine Lösung, mit der auch kleinere Projekte abgedeckt werden können, das war bisher ein Problem, denn für diese sind die heutigen umfassenden Abrechnungssysteme zu teuer», sagt Burch. Kleinere Projekte heisst: Überbauungen mit zehn oder zwanzig Wohnungen. Aktuell ist Zevvy als Betaversion gratis nutzbar, 170 Nutzer zählen Burch und seine Mitstreiter heute. Ab Ende Jahr wird das Tool 1 Franken pro Monat kosten, wie Burch verrät. «Unser Ziel ist es, Ende Jahr 12 zahlende Kunden zu haben.» Als Prototyp für das Projekt habe eine Familie in Horw ihr kleines Mehrfamilienhaus zur Verfügung gestellt. «Die Familie hat uns Tür und Tor geöffnet, sie liessen uns alles machen. Ohne diese Familie wären wir nicht so weit gekommen», resümiert der Jungunternehmer.
Und jetzt soll sein Start-up, welches von Anfang an von der HSLU in der Form von günstigen Büroräumen und Beratung unterstützt wurde, richtig durchstarten: Letzte Woche erhielt Burchs Kollege Fabian Jacobs von der renommierten Gebert-Rüf-Stiftung Fördergelder im Wert von 150'000 Franken, um das Softwaretool weiterzuentwickeln. Jacobs ist der technische Projektleiter; das Geld wurde ihm zugesprochen, da er noch Student ist an der HSLU. Das EVG-Zentrum ist eine GmbH, die im Besitz der Gründer ist, von welchen die Mehrheit aktuelle oder ehemalige Studenten der Hochschule sind.
Das Geld bringe Freiheit und zusätzliche Motivation mit sich, der Fokus liege nun auf der einfachen Anwendbarkeit und darauf, «dass man es gerne nutzt», sagt Jacobs. «Denn, wenn ein solches Tool zu technisch daherkommt, schreckt das die Leute ab und sie nutzen es nicht.»