Huawei im Visier der USA: Swisscom und Sunrise sehen kein Problem

Auf Geheiss der US-Regierung lässt Kanada die Finanzchefin des Technologieriesen Huawei verhaften. Vordergründig geht es um die Iran-Sanktionen, der wahre Grund könnte aber ein anderer sein. Schweizer Telekom-Anbieter halten weiter zur Firma.

Felix Lee, Federico Gagliano
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Ein Mann in einem Einkaufszentrum in Schanghai. (Bild: Aly Song/Reuters, 6. Dezember 2018)

Ein Mann in einem Einkaufszentrum in Schanghai. (Bild: Aly Song/Reuters, 6. Dezember 2018)

Fünf Tage lang konnte das chinesische Unternehmen Huawei die Verhaftung seiner Finanzchefin geheimhalten. Inzwischen hat die Firmenleitung des weltweit grössten Telekom-Ausrüsters bestätigt: Meng Wanzhou ist in Haft. Kanadische Polizisten hätten sie auf ihrem Rückflug nach China auf dem Flughafen von Vancouver festgenommen. Ein Fehlverhalten sei dem Unternehmen nicht bekannt. Die kanadischen Behörden hätten auch nur wenige Informationen vorgelegt. Die USA haben inzwischen ihre Auslieferung beantragt.

Meng wurde bereits am 1. Dezember verhaftet – am gleichen Tag, an dem sich der amerikanische und der chinesische Präsident in Buenos Aires (Argentinien) zu Handelsgesprächen trafen. Die Verhaftung erfolgte nach Angaben der kanadischen Zeitung «The Globe and Mail» auf Geheiss des US-Justizministeriums. Die USA werfen der 46-Jährigen vor, dass Huawei gegen Sanktionen verstossen hat, die die USA gegen den Iran verhängt hat. Als Finanzchefin trage sie die Verantwortung. Huawei antwortete in einem Statement, man habe nur wenige Informationen zu den Anschuldigungen bekommen, ein Fehlverhalten von Meng sei nicht bekannt. Huawei würde sich an alle geltenden Gesetze und Regulierungen halten.

China fordert umgehende Freilassung

Meng Wanzhou, Finanzchefin von Huawei. (Bild: EPA)

Meng Wanzhou, Finanzchefin von Huawei. (Bild: EPA)

Meng Wanzhou ist Tochter des Huawei-Patriarchen Ren Zhengfei. Huawei ist Chinas erfolgreichster Technologiekonzern. In Europa ist Chinas Vorzeigeunternehmen vor allem bekannt für seine Smartphones. Beim weltweiten Marktanteil hat Huawei zuletzt sogar Apple von Platz zwei verdrängt. Das Hauptgeschäft macht Huawei allerdings mit Netzwerktechnik. Ein Drittel der weltweiten Netzwerke stammen von dem chinesischen Unternehmen. Auch Schweizer Firmen arbeiten mit Huawei zusammen, allen voran Swisscom und Sunrise. US-Geheimdienste warnen, Huawei könne im Auftrag der chinesischen Regierung beim Netzwerkausbau auch Spionagetechnik eingebaut haben. Einen Beleg haben die Geheimdienste aber nie geliefert. Dennoch gibt es in den USA schon seit Jahren einen Bann gegen Huawei. Diesem Boykott haben sich inzwischen auch Australien und Neuseeland angeschlossen. Vergangene Woche kündigte der britische Provider BT an, keine Huawei-Komponenten mehr zu nutzen.

Auf die Verhaftung der ­Huawei-Topmanagerin reagierte die chinesische Regierung mit scharfer Kritik. Chinas Aussenamtssprecher Geng ­Shuang forderte ihre umgehende Freilassung. Einen direkten Zusammenhang zum andauernden Handelsstreit mit den USA stellte der Regierungssprecher bislang nicht her. Offenbar will China die gerade erst wieder aufgenommenen Verhandlungen mit den USA nicht gefährden. Einem Bericht des «Wall Street Journals» zufolge verlangt Washington auch von den Europäern, keine Technik mehr von Huawei zu nutzen. Länder wie Deutschland haben aber bereits abgewiegelt.

Konsequent sind zudem auch die USA nicht. Wegen Missachtung der Iran-Sanktionen und angeblichem Spionageverdacht hatte Washington im Sommer auch gegen den chinesischen Netzwerkausrüster ZTE einen Boykott verhängt. Trump hob diesen Bann wieder auf, nachdem Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ihn persönlich darum bat. ZTE kam mit einer Geldstrafe davon. In der Schweiz hat sich Huawei bereits vor zehn Jahren niedergelassen und beschäftigt inzwischen rund 350 Mitarbeiter. Als Bundesrätin Doris Leuthard im August den Konzernsitz in Shenzhen besuchte, kündigte Huawei-CEO Eric Xu an, dass Eröffnungen von Forschungs- und Entwicklungszentren in Zürich und Lausanne geplant seien – sowie viele neue Arbeitsplätze.

Sunrise und Swisscom haben keine Bedenken

Zusätzlich arbeitet Huawei mit Swisscom und Sunrise zusammen. Bedenken haben die Unternehmen nicht: Sunrise verweist auf Anfrage auf eine Mitteilung zur Partnerschaft von vor ein paar Wochen. Der Entscheid der australischen oder amerikanischen Regierung sei ein politischer Entscheid: «Wir sehen keine Auswirkungen auf unsere technischen Infrastrukturen und Dienste, und wir sehen auch keinen Anlass, dass Schweizer Behörden zu gleichen Einschätzungen kommen sollten.» Sunrise-Präsident Peter Kurer sagte unserer Zeitung im August zusätzlich, dass die Alternative zu chinesischen Systemen letztlich amerikanische wären: «Die Amerikaner sind diesbezüglich aggressiver», sagte Kurer, «und sie haben eine klare machtpolitische Agenda.»

Ähnlich sieht es die Swisscom, die von Huawei mit Komponenten beliefert wird: «Wir verfügen bisher über keine Informationen, die Sicherheitsbedenken gegenüber Huawei untermauern würden.» Erschüttert reagierten hingegen die Börsen in Asien: Besonders die Kurse von Technologieunternehmen verloren an Wert.