Firmenübernahmen
Im Zweifel gegen Heimatschutz: Neuer Weko-Präsident packt heisses Eisen an

Der neue Präsident der Weko Andreas Heinemann ist gegen restriktive Übernahmekontrollen.

Daniel Zulauf
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Weko-Präsident Andreas Heinemann bei seinem ersten öffentlichen Auftritt.Anthony Anex/Keystone

Weko-Präsident Andreas Heinemann bei seinem ersten öffentlichen Auftritt.Anthony Anex/Keystone

KEYSTONE

Andreas Heinemann hält wenig von staatlichen Kontrollen ausländischer Firmenübernahmen in der Schweiz. Der 55-jährige Jurist und Ökonom ist seit Anfang Jahr Präsiden der schweizerischen Wettbewerbskommission (Weko). An der gestrigen Jahresmedienkonferenz gab der an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich lehrende Professor Einblick in seine Sicht auf ein politisch heisses Thema: «Ich persönlich denke, dass eine so wettbewerbsfähige Volkswirtschaft wie die Schweiz gut daran tut, keine restriktive staatliche Übernahmekontrolle einzuführen», sagte der oberste Wettbewerbshüter in Bern anlässlich seines ersten öffentlichen Auftritts in der neuen Funktion.

Die gleiche Position vertritt auch der Bundesrat. Auf eine Interpellation des Zürcher SVP-Nationalrates Hans-Ueli Vogt, der im vergangen Herbst die diversen staatlich gelenkten chinesischen Firmenkäufe in der Schweiz thematisierte, antwortete die Regierung: «Offenheit gegenüber Investitionen aus dem Ausland bedeutet für den Bundesrat, dass private Investoren grundsätzlich frei sein sollten, an wen sie ihre Anteile am betreffenden Unternehmen verkaufen.»

Vertrauen angeknackst

Doch spätestens seit den letztjährigen Enthüllungen der schweizerischen Übernahmekommission, welche die Vermutung nähren, dass sich auch hinter dem offiziell von privaten Aktionären kontrollierten chinesischen Touristik-, Logistik- und Finanzkonglomerat HNA der chinesische Staat verbirgt, ist das Vertrauen in die liberale Politik des Bundesrates angeknackst. Für die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran führt China einen «Wirtschaftskrieg um Schlüsseltechnologien». Sie will die Energieinfrastruktur dem Zugriff ausländischer Investoren entziehen und erntet dafür Zuspruch aus allen politischen Lagern. Mitte März fragte CVP-Ständerat Pirmin Bischof in einem Postulat, ob die Politik der «Schrankenlosigkeit» bei ausländischen Firmenkäufen in der Schweiz noch haltbar sei. Bischof verwies auf eine Ankündigung der EU-Kommission von Mitte März, staatlich geförderte Firmenkäufe aus China einer strengeren Kontrolle zu unterziehen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.

Offenkundig ist das Problem der drei einstigen Swissair-Firmen Gategroup, Swissport und SRTechnics, die alle im Besitz der HNA-Gruppe stehen und mindestens indirekt zur Infrastruktur des Zürcher Flughafens gehören. Investitionskontrollen für Infrastrukturbetreiber, die der «nationalen Sicherheit» dienen sind auch im Urteil Heinemanns legitim. Eine Grundforderung solcher Kontrollen sei die Transparenz über die Identität der ausländischen Investoren. Genau diese war und ist im Fall von HNA aber nicht gegeben, wie die Übernahmekommission lange nach dem Vollzug des Gategroup-Kaufs feststellen musste. Heinemann vertritt die Auffassung, dass sich eine allzu restriktive Kontrolle von Firmenübernahmen negativ auf ausländische Direktinvestitionen in der Schweiz auswirken könnte. Staatlich gesteuerte Direktinvestitionen aus China sind aber nach Meinung von SVP-Nationalrat Vogt nicht das, was die Schweizer Wirtschaft benötigt.

Kurswechsel bei Fusionskontrolle

Das Thema wird die Schweiz noch länger beschäftigen. Auch der Bundesrat könnte früher oder später auf die Idee eines Kurswechsels kommen. Einen solchen hat die Regierung inzwischen in Sachen Fusionskontrolle angestossen. Eine Vernehmlassungsvorlage für eine moderne Zusammenschlusskontrolle befindet sich derzeit im Departement von Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann in Arbeit. Bislang kann die Weko Fusionen nur verbieten, wenn sie zu einer «qualifizierten» Marktbeherrschung führen. In der EU ist die Interventionsschwelle dagegen weit geringer. Während die Weko in den vergangen 20 Jahren nur drei Fusionen verbieten konnte, hat beispielsweise die deutsche Kartellbehörde in der gleichen Zeit 80 Zusammenschlüsse untersagt.

Das Brot-und-Butter-Geschäft der Weko bleiben indessen Praktiken wie die Behinderung von Parallelimporten, Submissionsabreden von Bauunternehmen, Preisabsprachen und andere unzulässige Methoden zur Umgehung des Wettbewerbs. Mit den vom Bundesgericht bestätigten Verfügungen der Weko gegen den Zahnpasta-Hersteller Gaba und gegen den Autokonzern BMW, die beide Parallelimporte zu unterbinden versucht hatten, würden vergleichbare Verfahren in Zukunft vereinfacht und beschleunigt, stellte die Kommission befriedigt fest.

Mit Spannung erwartet werden die Verfügungen der Weko gegen das mutmassliche Devisenkartell der Banken. Ein Entscheid in dem Verfahren sollte bis Ende Jahr vorliegen, war am Rande der Medienkonferenz zu hören. Die Verhandlungen für eine einvernehmliche Lösung seien intensiv, was den Schluss auf sehr hohe Bussen zulässt.