Sergio Ermotti bezeichnet das Ergebnis der UBS angesichts der schwierigen Umstände als solid. Sorgen sollte sich der CEO aber um das schwächelnde Vermögensverwaltungsgeschäft machen.
Daniel Zulauf
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«Solid» – den schwierigen Umständen entsprechend. So qualifizierte UBS-Chef Sergio Ermotti gestern in Zürich vor Medienvertretern die Leistung der grössten Schweizer Bank im vergangenen Jahr. Der Konzern erwirtschaftete einen Gewinn von 3,3 Milliarden Franken – nur halb so viel wie im Vorjahr.
Damals hatte die Anrechnung der hohen Verluste aus früheren Jahren dem Unternehmen allerdings noch Steuergutschriften beschert. Zudem sind die von der UBS als «ausserordentlich» bewerteten Erträge (Verkäufe von Aktiven und anderes) im Jahresvergleich um 207 Millionen Franken zurückgegangen, während die Restrukturierungsaufwendungen um 230 Millionen Franken gestiegen sind. Und schliesslich war das erste Quartal 2015 auch überdurchschnittlich ertragreich, weil die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank der UBS hohe Einnahmen im Devisengeschäft beschert hatte. In diesem Kontext will auch Ermotti seine relative Zufriedenheit verstanden wissen. Doch zurücklehnen kann sich der CEO noch lange nicht. Die Eigenkapitalrendite von 6,1 Prozent liegt weit unter dem Zielwert, und Erträge blieben im Berichtsjahr rückläufig.
Sorgen bereiten müsste Ermotti die auffallend gedämpfte Entwicklung in der Wealth Management Division, die sich um die Verwaltung der Vermögen der gut betuchten Klientel ausserhalb der Schweiz und Amerikas kümmert (siehe Grafik). Wealth Management ist das wichtigste Standbein im UBS-Geschäftsmodell. Die Division hat 2016 mit fast 2 Milliarden Franken einmal mehr den höchsten Beitrag zum Vorsteuergewinn des Konzerns geliefert. Grundlage für den Erfolg der Division ist die Masse der verwalteten Vermögen, und diese ist im letzten Quartal des Jahres um 4,1 Milliarden Franken geschrumpft.
Gegenwind hat die UBS vor allem in den Schwellenländern. Die Bank zeigt sich im dortigen schwierigen Umfeld nicht unverletzlich. In den Märkten dieser Länder, die in ihrem wirtschaftlichen Aufstieg nicht zuletzt als Folge des Einbruchs der Rohstoffpreise teilweise stark zurückgeworfen wurden, verlor die UBS 2016 Kundengelder in der Höhe von 6,2 Milliarden Franken. Ein Grund dafür sei der automatische Informationsaustausch in Steuersachen (AIA), der in vielen Ländern, darunter Argentinien und zahlreiche klassische Offshore-Jurisdiktionen, im Januar in Kraft getreten ist. Der durch die Regulierung unversteuerter Vermögenswerte in Gang gekommene Kundengeldabfluss dürfte auch noch im kommenden Jahr andauern. Ab Januar 2018 gilt der AIA auch in Ländern wie Brasilien, China oder Israel, die alle wichtige Märkte für die UBS sind.
Der Vermögensabfluss ist umso belastender, als es der UBS offensichtlich nicht gelingt, diesen durch die Akquisition von neuen Kundengeldern aufzufangen oder zu übertreffen. Die angesprochenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in diesen Ländern dürften die Vermögensbildung auch in der für die UBS besonders relevanten reichen Unternehmerschicht behindern. Allein in Mexiko und Russland ist die Anzahl der Millionäre um jeweils 15000 geschrumpft, wie dem aktuellen «Global Wealth Report» der Credit Suisse zu entnehmen ist. Seit einigen Jahren legt die UBS im Wealth Management einen besonderen Fokus auf Länder, die just in dieser Zeit mit grösseren Schwierigkeiten kämpfen (Mexiko, Brasilien, Türkei, Russland, Israel, Saudi-Arabien).
Die Entwicklung in den Schwellenländern zeigt nur eine Seite des Vermögensverwaltungsgeschäftes der UBS. So erzielte die Bank in den USA ein Spitzenergebnis. Mit einem bereinigten Vorsteuergewinn von 1,25 Milliarden Dollar, was einem Anstieg um 43 Prozent entspricht, verzeichnete sie einen neuen Rekord. Verantwortlich seien tiefe Rückstellungen für Rechtsfälle und ein höherer Erfolg aus dem Zinsengeschäft. Ermotti ergänzte, die Kunden in den USA seien jüngst deutlich zuversichtlicher geworden und viel zuversichtlicher als im Rest der Welt. Für die UBS eine gute Nachricht, denn zuversichtliche Kunden machen mehr Geschäfte, was den Banken hilft. Auch in Europa hat sich das Geschäftsumfeld in der Vermögensverwaltung jüngst verbessert, nachdem Kunden ihre offenen Steuerrechnungen weitgehend beglichen haben. Insgesamt haben die verwalteten Privatkundenvermögen der UBS 2016 deshalb um 40,6 Milliarden Franken zugenommen.
Auch im Schweizer Geschäft mit Privat- und Firmenkunden hat sich die Bank 2016 beträchtlich gesteigert (+7 Prozent auf 1,8 Milliarden Franken). Gemessen am Vorsteuergewinn von 1,8 Milliarden Franken liegt die Division nur noch 200 Millionen Franken hinter dem Flaggschiff Wealth Management zurück. Eine Verschärfung des früher angekündigten Sparprogramms hat Ermotti gestern nicht bekannt gegeben. Die Bank will bis Ende des Jahres weiterhin 2,1 Milliarden Franken einsparen und hat davon schon 1,6 Milliarden Franken umgesetzt. Ermotti betonte indessen, es gehe hier um Nettoersparnisse. Unter Ausklammerung der «sehr beträchtlichen» Investition in die Automatisierung und andere Bereiche, welche die Bank zukunftstauglich machen sollen, seien die Einsparungen noch deutlich grösser. Den Aktionären winkt erwartungsgemäss eine Dividende von 60 Rappen pro Titel. Die Aktie ging gestern aber um 4,5 Prozent tiefer aus dem Handel