Zughersteller
Kampfansage an den Riesen im Osten: Stadler Rail will Konkurrent China vor Ort angreifen

Mit dem imposanten Auftritt der Chinesen steigt der Konsolidierungsdruck in der Fahrzeugbau-Branche . Peter Spuhler sieht seine Stadler Rail aber gut aufgestellt, wie er anlässlich eines Auftritts vor dem Business Club Mittelland in Erlinsbach erklärte.

Peter Brühwiler
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«Grösse ist in unserer Branche kein strategischer Vorteil»: Peter Spuhler bei seinem Auftritt in Erlinsbach.

«Grösse ist in unserer Branche kein strategischer Vorteil»: Peter Spuhler bei seinem Auftritt in Erlinsbach.

Mario Heller

«Grossprojekt im Silicon Valley»: Eine solche Schlagzeile macht sich für ein Unternehmen aus dem thurgauischen Bussnang natürlich gut. Unterdessen hat sich der 550-Millionen-Auftrag, den die Stadler Rail im Sommer 2016 verkünden konnte, allerdings etwas verkompliziert.

Die für Anfang März in Aussicht gestellte Zusage der bundesstaatlichen Mittel für das kalifornische Bahnprojekt steht wegen der Amtsübernahme von Donald Trump, der eher als Freund der Strasse gilt, noch aus. Wie die «Nordwestschweiz» bereits vor einem Monat berichtete, rechnet Stadler mit der Finanzierungszusage bis Ende des zweiten Quartals 2017.

An dieser Einschätzung, erklärte Firmenpatron Peter Spuhler gestern anlässlich eines Auftritts vor dem Business Club Mittelland in Erlinsbach, habe sich in der Zwischenzeit nichts geändert.
Ebenfalls noch unklar ist, wie hoch der in den USA erbrachte Wertschöpfungsanteil sein muss.

Aktuell liegt die Hürde für Projekte, bei denen Bundesgelder eingesetzt werden, bei 60 Prozent. US-Präsident Trump hat aber bereits angedeutet, den Wert hinaufsetzen zu wollen. Druck, vermehrt vor Ort zu produzieren, kommt allerdings nicht nur aus den USA.

Bei zwei Metro-Projekten in Istanbul und Teheran etwa werde in der Ausschreibung eine Lokalisierung verlangt, so Spuhler. «Das ist dann immer ein Abwägen. Wenn wir nicht wollen, erhält ein anderer den Zuschlag, und wenn wir es machen, kannibalisieren wir unsere bestehenden Werke in Europa.»

Je weiter weg, desto wichtiger wird derweil eine Präsenz vor Ort. «Wir haben Ideen, wie wir die Chinesen rund um China herum angreifen können», erklärte der Ex-Grenadier-Kommandant in Erlinsbach etwas martialisch. «Aber dafür brauchen wir dort eine Basis.»

Die Chinesen sind ihrerseits zum Angriff übergegangen. Zwei Aufträge – den Flughafenexpress in Kuala Lumpur und einen kleineren in Mazedonien – haben sie Stadler Rail bereits weggeschnappt. Und in mehreren US-Städten hätten sie Metro-Aufträge gegen Bombardier mit Preisunterschieden von bis zu 30 Prozent gewonnen, so Spuhler.

Imposant ist der neue Gegner alleweil: Der 2015 aus einer Fusion hervorgegangene Zughersteller CRRC beschäftigt 180'000 Angestellte, Stadler Rail 7300. Mit dem Auftritt der Chinesen steigt in der Branche der Konsolidierungsdruck.

Stadler sei aber gut aufgestellt, ist Spuhler überzeugt. Anders als in der Automobilindustrie sei Grösse für Zughersteller kein strategischer Vorteil. «Wir sind im Projektgeschäft und müssen bei jedem Auftrag Anpassungskonstruktionen machen, der Skaleneffekt ist deshalb relativ klein.» Für viel wichtiger als Grösse erachtet er Flexibilität und Schnelligkeit.

Apropos Schnelligkeit: Am 18. Mai übergibt Stadler den SBB den ersten Hochgeschwindigkeitszug für die Nord-Süd-Achse, der darauf in den Zulassungsprozess geht. Es sei «eine Genugtuung, dass Bombardier den Doppelstöcker-Auftrag vier Jahre früher bekam und wir jetzt gleichauf sind», stichelte Spuhler gegen den Konkurrenten. Jetzt gilt es nur noch, das Rennen um den ersten fahrplanmässigen Einsatz zu gewinnen.