Die Frist für den Wechsel der Krankenversicherung läuft bald ab. Bis Ende Monat können Versicherte noch zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Nicht immer ist das sinnvoll.
Seit bereits zehn Jahren arbeitet die gebürtige Tessinerin Morena Hostettler Socha in der Luzerner Ombudsstelle für Krankenkassen. Seit August dieses Jahres ist die 51-jährige Rechtsanwältin neue Ombudsfrau und leitet das Büro mit sechs Angestellten. Hier werden jährlich im Durchschnitt 6000 Beschwerden bearbeitet, die Versicherte gegenüber Krankenkassen anbringen.
«Trotz dieser hohen Anzahl an Beschwerden ist die Servicequalität in der Schweizer Krankenversicherungsbranche sehr hoch», betont Hostettler Socha. Man dürfe immerhin nicht vergessen, dass in der Schweiz 8 Millionen Personen versichert sind (siehe Grafik). «Es gibt also immer viele Versicherte, die zufrieden sind», sagt sie.
Diejenigen, die es nicht sind, suchen manchmal verzweifelt Hilfe bei der Ombudsstelle. Oftmals sind diese strittigen Fälle ein Grund dafür, um anschliessend die Krankenkasse zu wechseln. «Wir machen uns dann ein Bild von dem Vorwurf, den die Versicherten den Krankenkassen machen. Je nachdem intervenieren wir oder erklären, warum die Krankenkassen im Recht sind», sagt Hostettler Socha.»
Die Ombudsfrau räumt ein, dass es bestimmte Krankenkassen gebe, mit denen die Ombudsstelle mehr zu tun habe als mit anderen. Dies sei ein Hinweis darauf, dass möglicherweise die Kommunikation zwischen Kunde und Krankenversicherung nicht funktioniert hat. «Wir fragen dann bei der Krankenkasse nach und versuchen, das Problem zu erörtern», sagt Hostettler Socha.
Oft haben die Versicherten Probleme bei einem Kassenwechsel. Manche sind zum Beispiel plötzlich doppelt versichert, weil sie ein Angebot bei einem Makler unterschrieben haben, dann kommt ein zweiter Makler mit einem noch besseren Angebot. Bei Versicherungsanträgen der obligatorischen Krankenversicherung gibt es jedoch kein Rücktrittsrecht. Bei Zusatzversicherungen ist der Antragsteller 14 Tage an seinen Antrag gebunden. Wenn er nach Ablauf dieser Frist keine Aufnahmebestätigung vom Versicherer erhalten hat, ist er berechtigt, bei einer neuen Versicherung zu unterschreiben.
Häufig ist der Makler gerade erst aus der Tür heraus, und schon bereut man die Unterschrift. «Ein Widerruf ist nur möglich, wenn er vor oder spätestens gleichzeitig mit der Beitrittserklärung beim Versicherer eintrifft», sagt Hostettler Socha. Dann gilt der Antrag als nicht gestellt. Doch das sei sehr selten der Fall, aus Erfahrung schicken viele Versicherte den Widerruf erst, wenn sie schon die Bestätigung erhalten haben. «Viele wissen nicht, dass sie sofort mit den Vertragspartnern Kontakt aufnehmen müssen», sagt Hostettler Socha.
Die Gründe für einen Wechsel der Krankenversicherung sind meist die Prämien, die jedes Jahr erhöht werden. Die Erhöhungen fielen für das Jahr 2014 eigentlich moderat aus, doch dies war individuell verschieden. «Bei manchen wurden die Tarife bis zu 15 Prozent teurer», erzählt Hostettler Socha. Doch wer sich darüber beschweren will, dem sagt die Ombudsfrau: «Ich bedauere, nichts für Sie tun zu können.»
Denn für die Prämiengenehmigung ist bei der obligatorischen Krankenversicherung das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zuständig und für die Prämien im Zusatzbereich die Finanzmarktaufsicht Finma. Beide Behörden führen ein jährliches Genehmigungsverfahren für die Tarife der Versicherer durch, in das die Ombudsstelle keinen Einblick hat. Ein weiteres Problem: «Krankenkassen sind mit ihren Leistungen sehr streng geworden», sagt Hostettler Socha. Sie stellen vermehrt die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Leistungen in Frage. Versicherte möchten dann von der Ombudsstelle wissen, weshalb eine Leistung nicht mehr bezahlt wird. «Hier ist die Schraube angezogen worden», sagt Hostettler Socha. Was heute zu einem Dauerthema wird, war früher anders. «Da waren die Kassen oft kulanter als heute», so Hostettler Socha.
Auf die Frage, warum Prämien der Krankenversicherung ständig weiter steigen, sagt Stefan Thurnherr vom VZ-Vermögenszentrum: «Die Krankenversicherungsprämien sind ein Abbild der Gesundheitskosten.» Und diese steigen und steigen. Im nächsten Jahr trifft es vor allem junge Personen. «Auf das Jahr 2014 haben in verschiedenen Prämienregionen vor allem die Grundversicherungsprämien für junge Erwachsenen teils stark aufgeschlagen. Hier wurden die quersubventionierten Jugendrabatte massiv reduziert», so Thurnherr.
Auch Familien mit Kindern und Jugendlichen im Haushalt machen die Prämienanstiege zu schaffen. «Ein grosses Thema ist die richtige Wahl der Franchise», sagt Thurnherr. Hier lockt für Erwachsene ein Sparpotenzial von rund 45 Prozent bei der maximalen Franchise von 2500 Franken. Aber es drohe bei Leistungsfällen naturgemäss ein hohes Selbstbehaltrisiko, das nicht jedes Familienbudget verträgt. «Bei hohen Prämienaufschlägen und systematisch alle 3 Jahre rate ich zu einem Prämienvergleich», sagt Thurnherr. Gerade in der Grundversicherung können bei einem Wechsel einige hundert Franken pro Jahr eingespart werden.
Die Sparmodelle in der Grundversicherung sind laut Thurnherr attraktiv. Höhere Franchisen lohnten sich bei Kindern und Jugendlichen bis Alter 18 nicht. Hier sollte die Franchise 0 gewählt werden. Für Erwachsene lohnt sich die höchste Franchise dann, wenn die Gesundheitskosten die Grenze von 1700 Franken pro Jahr nicht übersteigen. Wer chronisch krank ist und teure Medikamente einnehmen muss, der ist hingegen mit der tiefsten Franchise am besten bedient.